Akademie der Künste trauert um Jürgen Becker (1932–2024)

Jürgen Becker wünschte, sein literarisches Archiv der Akademie der Künste anzuvertrauen. Die Akademie trauert um ihr Mitglied:

Der Schriftsteller, Lyriker und Hörspielautor Jürgen Becker ist am 7. November 2024 im Alter von 92 Jahren in Köln gestorben. Er wuchs in den Kriegsjahren in Erfurt auf. 1947 zog die Familie nach Nordrhein-Westfalen und kehrte 1950 in seine Geburtsstadt Köln zurück. Dort machte Jürgen Becker das Abitur und nahm ein Studium der Germanistik auf. In den 1960er-Jahren arbeitete er beim WDR und anschließend als Lektor beim Rowohlt Verlag. Ab 1973 leitete er den Suhrkamp Theater Verlag und wurde 1974 Leiter der Hörspielabteilung beim Deutschlandfunk. In den 1960er-Jahren stieß er zur Gruppe 47. Mit seinem 1964 erschienenen experimentellen Prosaband Felder wurde er auf einen Schlag bekannt. Jürgen Beckers Werk wurde vielfach mit Preisen ausgezeichnet. U. a. erhielt er den Preis der Gruppe 47 (1967), den Peter-Huchel-Preis (1994), den Uwe-Johnson-Preis (2001), den Günter-Eich-Preis (2013) und den renommierten Georg-Büchner-Preis (2014).
Jürgen Becker war seit 1969 Mitglied der Sektion Literatur in der Akademie der Künste.

Michael Krüger, Mitglied der Akademie der Künste, erinnert sich:
„Vor vierzehn Tagen hat er sich verabschiedet: dies wird unser letztes Telefongespräch sein, sagte er mit dem charakteristischen Räuspern, das den lebenslangen Gauloises-Raucher verriet. Er wollte sich für die fünfzigjährige Freundschaft bedanken. Ich war stammelnd sprachlos, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass diese immer verlässliche Stimme – die Stimme des Menschen Jürgen Becker und die des Poeten – sich nicht mehr melden würde. Für ihn, den Kölner, der in Erfurt aufgewachsen ist, war immer Nachkriegszeit, und jedes seiner lakonischen Gedichte enthielt ein Echo des Davongekommenen: nicht hysterisch oder larmoyant, sondern in der ihm gemäßen Form: feststellend. Er hatte eine Fähigkeit entwickelt, die alltäglichen Wahrnehmungen mit der großen Geschichte zu verknüpfen wie kaum ein anderer: ohne Reim, ohne Pointe, ohne Pathos – und diesen Ton über 50 Jahre durchgehalten. Wenn man an ‚politische‘ Gedichte denkt, kommen den meisten nicht sofort die von Jürgen in den Sinn; für mich aber waren sie es. Als ich eine Woche nach diesem Abschiedsanruf mich noch einmal meldete, war sein Sohn am Apparat, der Fotograf Boris Becker: von ihm habe ich die für Jürgens Freunde beruhigende Nachricht erhalten, dass der Vater ohne Angst gestorben ist.“