Böhlau Verlag erkennt einstweilige Verfügung wegen Titelschutzverletzung zu „Berliner Mauerkunst“ an / Böhlau wirft Espresso vor, von dem Buch vor Drucklegung gewusst zu haben

Die Auslieferung des vom Berliner Senat ausgezeichneten Buches Berliner Mauerkunst sei gestoppt, schreibt der Böhlau-Verlag in einer Pressemitteilung. Das im Februar 2007 erschienene Buch über die Kunst auf der Berliner Mauer des Fotojournalisten Ralf Gründer erhält einen neuen Titel: Aus Berliner Mauerkunst werde Verboten: Berliner Mauerkunst.

So beschreibt Böhlau seine Sicht der Dinge: „Die Buchpräsentation und die Verleihung des Logos Berliner Mauer durch den Senat in Berlin waren gerade vorüber, als dem Böhlau Verlag eine einstweilige Verfügung wegen Titelschutzverletzung zugestellt wurde. Der Espresso Verlag, Berlin, hatte diese, der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung, über das Landgericht München erwirkt. Im Programm des Berliner Verlags (früher: Elefanten Press) erscheint seit 1990 das Buch Berliner Mauer Kunst von Heinz J. Kuzdas.

Böhlau stoppte die Auslieferung des Buches, das am Abend vorher der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz mit dem Logo „Berliner Mauer“ ausgezeichnet hatte. Diese Auszeichnung, die dem Verlag für das Mauerkunst-Buch als erstem Anbieter zugesprochen wurde, ist ein Gütesiegel, das für solche Angebote Dritter und privater Institutionen verliehen wird, die sich in besonderer Weise eignen, über die Geschichte, Hintergründe, Wirkungen und Opfer der Berliner Mauer zu informieren.

Um die Lieferbarkeit des Buches schnell wieder gewährleisten und der großen Nachfrage nachkommen zu können, erkennt der Böhlau Verlag die Titelschutzverletzung an und ändert den Titel des Buches. Es wird in Kürze wieder lieferbar sein.

Die Doppeldeutigkeit des neuen Titels ist laut Böhlau gewollt: Berliner Mauerkunst war zu DDR-Zeiten verboten, und jetzt soll ihre Dokumentation verhindert, zumindest aber erschwert werden. Wie sich die Künstler damals widersetzten, tun es jetzt der Verlag und sein Autor. Auch damals und heute beteiligte Künstler melden sich zu Wort. Peter Unsicker, Gründer der Wall-StreetGallery und in beiden Büchern mit Beiträgen vertreten, und Claudia Croon dazu:

„Die Berliner Mauer: Kunst gehört uns allen. Ihre Sammler, Photographen, Beschreiber und Kommentatoren sind als Bearbeiter allenfalls zeitliche Nutzer. Durch Verdienst am Buch-Verkauf können sie sogar von der Mauer profitieren. Fair. Nur sind sie wesentlich Transmitter, also Vermittler der Stimmen derjenigen, die ansonsten eben keine haben. Die Berliner Mauerkunst gehört uns allen. Sie war Forum und ist somit Dienende im Wandel.“

Weiter heißt es in der Pressemitteilung: „Bei Böhlau in Köln bleiben ein Unbehagen über das Vorgehen der Berliner Verlagskollegen und auch Zweifel an deren Glaubwürdigkeit. Erik Weihönig, Espresso Verlag (und laut Internet der Inhaber von Titanic), erklärt per Eidesstattlicher Versicherung: `Von der Existenz und dem Erscheinen des Werkes ,Berliner Mauerkunst‘ beim Böhlau Verlag habe ich erst am 26.3.2007 Kenntnis erlangt´ – d.h. 7 Wochen nach dem Erscheinungstermin, zu einem Zeitpunkt, an dem der Titel nicht mehr verändert werden konnte.

Der Autor, Ralf Gründer, jedoch bewirbt sein Buch seit Sommer 2006, es sollte zunächst im Eigenverlag erscheinen. Böhlau kommuniziert das Buch seit Januar 2007 über die verlagseigene Website und die Programmvorschau. Zahlreiche Medien (Fernsehen, Rundfunk, Print) berichten seit Februar ausgesprochen positiv über das Mauerkunst-Buch von Ralf Gründer. Auch der Hinweis auf die Präsentation in Berlin wurde breit kommuniziert.

Heinz J. Kuzdas, Autor des Espresso-Buches, kennt das neue Buch seines Kollegen Gründer bereits seit dem Sommer des letzten Jahres. Beide Autoren trafen sich im August 2006. Gründer dazu: `In meinem Beisein blätterte Herr Kuzdas meine Arbeitskopie vollständig durch. Der Titel und die unteren Kapitelbeschriftungen können ihm dabei nicht entgangen sein… Da durch die Preisgestaltung deutlich andere Kundenkreise angesprochen werden, sah Herr Kuzdas auch kein Problem mit dem Buch.´ Erst nachdem er die persönliche Einladung zur Präsentation von Ralf Gründer erhalten hat, äußert er sich per Mail: `Hätte ich gewußt, dass Du Dein Buch mit meinem Titel schmücken willst, dann wäre ich nicht in Begeisterung verfallen. Jedenfalls hat mein Verlag etwas dagegen!´

Ohne die Eidesstattliche Versicherung von Weihönig, erst Ende März von dem titelgleichen Buch erfahren zu haben, wäre die Verfügung des Landgerichts München nicht ergangen, eine Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung hätte nicht bestanden. Und ein Anruf bei Böhlau hätte die Arbeit des Gerichts und der Anwälte überflüssig gemacht.“

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