Buch zu Walsers „Tod eines Kritikers“ – Affaire im Mai unangekündigt bei HoCa

Martin Walsers im Frühsommer 2002 erschienener Roman „Tod eines Kritikers“ provozierte den wohl größten Literaturskandal in der Bundesrepublik Deutschland. Der „Offene Brief“, mit dem Frank Schirrmacher Ende Mai 2002 kundtat, dass die von ihm herausgegebene „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen Vorabdruck entschieden ablehne, sorgte für Reaktionen, die sich rasch von ihrem Gegenstand entfernten und eine gesellschaftspolitische Debatte von großer Heftigkeit heraufbeschworen.

Martin Walser – so das Tremolo seiner Gegner – arbeite in seinem Roman mit antisemitischen Klischees und sei allein vom Hass auf seinen Widerpart Marcel Reich-Ranicki geleitet. Mit einem Mal wurde einer der bedeutendsten deutschen Erzähler des 20. Jahrhunderts zum „Freiwild“ (Ilse Aichinger) erklärt, und auf erschreckende Weise zeigte sich, wie man Literatur meinungsstark bewerten kann, ohne auf philologische Grunderkenntnisse Rücksicht zu nehmen.

Die renommierten Heidelberger Literaturwissenschaftler Dieter Borchmeyer und Helmuth Kiesel treten mit ihrem Sammelband Der Ernstfall (Erscheinungstermin Mitte Mai 2003) diesem Skandal entgegen. Sie und ihre Kollegen – darunter Philologen, Juristen und Psychiater – setzen nicht auf oberflächliche Lesarten und rasch reproduzierte Vorurteile, sondern bemühen sich darum, den vielen oberflächlichen Einschätzungen der letzten Monate das entgegenzusetzen, was jede Literatur verdient hat: genaue Lektüre, nachvollziehbares Interpretieren, abwägendes Urteil.

Dieter Borchmeyer / Helmuth Kiesel (Hrsg.)
Der Ernstfall. Martin Walsers Tod eines Kritikers (HoCa)

Mit Beiträgen von: Helmuth Kiesel, Dieter Borchmeyer, Horst-Jürgen Gerigk, Manfred Fuhrmann, Norbert Greiner, Hartmut Reinhardt, Silvio Vietta, Franz Loquai, Michaela Kopp-Marx, Leo Kreutzer, Wolfram Schmitt, Bernhard Losch, Hans Reiss und Huang Liaoyu.

Klappenbroschur, 12,5 x 20,5 cm, ca. 280 Seiten, ca. Euro 17,90

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