Der Text des Club-Positionspapiers zum Kompromissvorschlag

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P O S I T I O N S P A P I E R

Stellungnahme zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen (Bielefeld / Rheda-Wiedenbrück, 24. April 2002)]

Das am 20. März 2002 vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetz zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen ist ein innovatives, zukunftsorientiertes Gesetz, das Wettbewerb innerhalb des Marktes ermöglicht, dabei aber auch den Auftrag, die Verlags- und Buchbranche unter einen besonderen Schutz zu stellen, erfüllt.

Insbesondere die Neuformulierung des § 5 Abs. 5 in der vom Bundeskabinett verabschiedeten Form ist zu begrüßen. Die neue gesetzliche Regelung leistet einen Beitrag zu einem fairen und zukunftsorientierten Wettbewerb innerhalb der Buchbranche. Sie stellt eine zeitgemäße und den Erfordernissen der EU-Vorgaben entsprechende Regulierung dar, um das Kulturgut Buch und die Buchbranche zu sichern. Insbesondere vermeidet diese Fassung gegenüber früheren den Anschein, als wolle der Gesetzgeber das sogenannte Potsdamer Protokoll und damit ein gesetzwidriges Branchenkartell zum Gesetz erheben. In diesem Protokoll hatte die Branche, ihr notgedrungen folgend auch die Buchgemeinschaften, Regeln aufgestellt, zu welchen Bedingungen und insbesondere wann Buchgemeinschaften von den Verlagen Lizenzen erhalten (und wann die Verlage solche Lizenzen erteilen durften!) . Das war schon immer wettbewerbswidrig und durfte deshalb jetzt nicht Gesetz werden.

Der Regierungsentwurf ist insbesondere aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu begrüßen.

Im Detail trägt die derzeitige Formulierung des § 5 Absatz 5 aus den folgenden Gründen den marktwirtschaftlichen Regeln Rechnung:
 Die gesetzliche Regelung der Buchpreisbindung muss sich an gültigem Kartellrecht und den Vorgaben aus Brüssel orientieren. Eine Fortschreibung des Potsdamer Protokolls, das ohnehin durch verschiedene Marktteilnehmer in den vergangenen Jahren ausgehöhlt worden war (z.B. durch den „Weltbild-Reader“), würde diesem Anspruch nicht gerecht werden
 Es entstünde ein Unterschied zwischen Deutschland und Österreich, dessen Preisbindungsgesetz derartige Regelungen nicht kennt. Dieser Unterschied wiederum beeinflusste den Lizenzhandel zwischen den Mitgliedsstaaten. In jedem Fall liefe das auf eine Fragmentierung des europäischen Binnenmarktes hinaus, die in Brüssel sicherlich nicht akzeptiert werden würde. Hier drohen neue Konflikte mit der EU, welche auf Jahrzehnte Rechtsunsicherheit in die Verlagsbranche tragen würden.
 Die vom Buchhandel geforderte gegenteilige Regelung kann sich nicht auf eine bisherige Spruchpraxis des Bundeskartellamts berufen, weil es eine solche Spruchpraxis ebenso wenig gibt wie einschlägige Urteile. Der ursprüngliche Referentenentwurf übernahm lediglich die Kriterien, wie sie der deutsche Buchhandel im Potsdamer Protokoll formuliert hat (Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Heft 55 v. 11.7.1995, S. 4 ff.). Dabei handelt es sich um eine geduldete Kartellvereinbarung. Es wäre schwer nachzuvollziehen, wenn der Gesetzgeber eine Kartellvereinbarung zum legislativen Muster erheben würde.
 Nach der jetzt vorliegenden Fassung des Gesetzes würde der Wettbewerb darüber entscheiden, wie die Verlage ihre Rechte vermarkten, insbesondere, wem sie wann ein Lizenzfenster einräumen oder wann sie eine eigene Sonderausgabe veranstalten. Die Freiheit der Verlage, darüber selber zu entscheiden, wird nicht beschränkt. Im Gegenteil erhalten die Verlage nach der jetzt vorliegenden Fassung neue Flexibilität in der Vertragsgestaltung. Die massive Werbung, die die Buchgemeinschaften für ein bei ihnen zuerst oder zeitgleich erscheinendes Buch machen, ist nachweislich auch für den freien Verkauf und damit für den Sortimentsbuchhandel von Vorteil
 Die vom Buchhandel geäußerten Befürchtungen sind ohne jede Basis. Weder wird es Ausgaben gleicher Ausstattung zu unterschiedlichen Preise geben (Klarstellung ist möglich). Ebenso wenig bedrohen die zeitgleichen Ausgaben, um die es vor allem in der öffentlichen Diskussion geht, den Buchhandel oder gar die Preisbindung. Es gibt schon heute akzeptierte, zeitgleiche Ausgaben, die das Potsdamer Protokoll erlaubt, nämlich bei aktuellen Büchern über Sportevents oder anderen Ereignistiteln. Diese Ausgaben sollen auch bei anderen Titeln möglich sein – und auch da werden sie die Ausnahme bleiben und den Buchhandel nicht bedrohen. Denn die Buchgemeinschaften sind von den Verlagen abhängig, von denen sie die Lizenzen für die Titel einholen müssen. Die Verlage werden in der Regel das Buch zuerst als Sortimentsausgabe vertreiben, weil es wirtschaftlich sinnvoll ist. Deshalb kann es ohne Schaden für die Buchbranche oder die Buchpreisbindung dem Wettbewerb überlassen werden, ob und wann die Verlage den Buchgemeinschaften eine Lizenz geben.
 Die Buchgemeinschaften aber brauchen diese gelegentlichen zeitgleichen Ausgaben, weil sie gerade wegen der Lizenzpraxis der Verlage ein Aktualitätsproblem haben. Sie müssen wenigstens punktuell ihren mehreren Millionen Mitgliedern einen aktuellen Bestseller bieten können
 Die Buchgemeinschaften fördern Kultur und das Buch. Sie erreichen als erste manche bildungsfernen und einkommensschwachen Kreise. Ohne sie wären manche anspruchsvollen Ausgaben gar nicht möglich, weil das Risiko für den Verlag allein zu groß wäre. Deshalb sollte man sie in dieser Funktion unterstützen.
Branchenkompromiss unter Beibehaltung der Marktorientierung möglich

Die Argumente gegen die derzeitige Fassung des § 5 Abs. 5 sind deshalb bei genauer Analyse haltlos, weil sich an der kaskadierten Rechteverwertung der Buchinhalte durch die Verlage schon aus reinem wirtschaftlichen Interesse im Kern nichts ändern wird. Darüber hinaus würde ein Zurückfallen auf die im ursprünglichen Referentenentwurf des § 5 Abs. 5 gewählte kumulative Auslegung der Kriterien für Parallelausgaben die nun erreichte marktwirtschaftliche Tendenz des Gesetzes zunichte machen. Ein Zurück zu einer der früheren Fassungen ist daher für Buchgemeinschaften und ihre Mitglieder nicht akzeptabel. Es mehren sich auch die Stimmen aus Verlagen, die diese Einschätzung teilen – bisher jedoch nur hinter vorgehaltener Hand.

Sollten der Buchhandel und der Börsenverein auf ihren Positionen verharren, wird es zu keinem Konsens der Branchenteilnehmer kommen.

Unter der Voraussetzung, dass die Marktorientierung des Gesetzes beibehalten werden soll und ein Branchenkompromiss in dieser Sache gewünscht wird, schlagen die Buchgemeinschaften folgende Kompromisslinie vor:

1) Die Buchgemeinschaften werden auch unter dem neuen Gesetz an der Praxis der Ausstattungsunterschiede für Buchclubausgaben festhalten. Das kann im Gesetz auch durchaus klargestellt werden. Es könnte in § 5 Abs. 5 heißen, dass Mitgliedschaftsverpflichtung und Ausstattungsunterschied einen abweichenden Preis rechtfertigen.
2) Sollte auch dieser Kompromissvorschlag keine Zustimmung finden, so schlagen die Buchgemeinschaften die ersatzlose Streichung des § 5 Abs. 5 vor: Das entspricht der gesetzlichen Situation in Österreich, wo es keine Regelung entsprechend dem § 5 Abs. 5 gibt. Es würde außerdem den Zustand wiederherstellen, der für Parallelausgaben auch jetzt gilt: das GWB sagt dazu nichts, sondern überlässt die Frage der Rechtsprechung. Einen Grund für eine Änderung ist nicht erkennbar. Die Streichung würde den Forderungen und Bedenken aller Branchenteilnehmer entgegen kommen: jeder könnte seinen Standpunkt weiter vertreten. Die Umsetzung dieses Kompromissvorschlages für die ganze Branche würde nicht nur einer Erosion der Buchpreisbindung entgegenwirken, sondern auch den Fortbestand des langjährigen Branchenkonsens Fortbestand des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels sichern.
Fazit

1) Die Buchgemeinschaften wollen die Buchpreisbindung sichern.
2) Die Buchgemeinschaften begrüßen den Regierungsentwurf des § 5 Abs 5 BuchpreisbindungsG in der jetzigen Form, weil er den Erfordernissen des Marktes und den Anforderungen der EU entspricht und Wettbewerb ermöglicht.
Die Buchgemeinschaften sind unter Wahrung ihrer berechtigten Wettbewerbsinteressen zu Kompromisslösungen bereit, sollte ein notwendiger Konsens für die jetzige Formulierung des § 5 Abs. 5 nicht erreichbar sein

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