Gesetzliche Mindestlöhne auch im Handel?

Wie der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) in seinem Newsletter berichtet, tagt heute eine Expertenrunde der Koalition zum Mindestlohn. Beraten werden die Entwürfe von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz zur Novellierung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes. Hierzu erklärte heute in Berlin der Vorsitzende des Gemeinsamen Sozialpolitischen Ausschusses des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels (HDE) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe (BAG), Friedrich Wilhelm Schlich:

„Der Einzelhandel lehnt gesetzliche Mindestlöhne ab. Die vom Bundesarbeitsminister geplante Novellierung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes ist ein gefährlicher Schritt hin zu einer Verstaatlichung der Lohnpolitik. Dabei handelt es sich um nichts anderes als staatliche Eingriffe in die Lohn- und Tarifpolitik. Der absolute Vorrang der Tarifautonomie muss jedoch erhalten bleiben. Das heißt auch, dass tarifliche Mindestlöhne nur dort eingeführt werden können, wo dies von einem gemeinsamen Willen der beiden Tarifvertragsparteien einer Branche getragen wird.

Das aus der Nachkriegszeit stammende und nie angewendete Gesetz über Mindestarbeitsbedingungen soll nach dem Willen des Bundesarbeitsministers zu einem staatlichen Mindestlohngesetz umfunktioniert werden: Es soll zum Zuge kommen, wenn in einer Branche für weniger als 50 Prozent der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber eine Tarifbindung besteht. Der strenge Tarifvorbehalt des alten Gesetzes soll aufgelöst werden. Dann könnte der Staat Mindestlöhne auch abweichend von geltenden Tarifvereinbarungen festlegen. Die Gefahr staatlicher Eingriffe in die Lohnfindung wäre damit auch für die Branchen groß, die traditionell über stark ausgebildete und funktionierende Tarifstrukturen verfügen.

Dass einem gesetzlichen Mindestlohn in allen Branchen Tür und Tor offen stehen, will der Bundesarbeitsminister durch die Novellierung des Entsendegesetzes erreichen. Es ist allerdings aus Sicht des Einzelhandels absolut inakzeptabel und mit dem Gedanken der Tarifautonomie unvereinbar, dass nach den bisherigen Regelungen des Entsendegesetzes Tarifverträge in einer Branche auch dann für allgemein verbindlich erklärt werden können, wenn nur die Gewerkschaft den Antrag stellt, also auch gegen den Willen der Arbeitgeberseite.

Wenn die Eckpunkte vom Juni 2007 jetzt in dieser Form Gesetz werden sollten, sind staatlichen Eingriffen in die Tarifpolitik Tür und Tor geöffnet. Dies hätte ähnliche Auswirkungen wie ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn.“

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