Michael Lüdicke: Bringt Kinowerbung für Bücher Cineasten in die Buchhandlung?

Freitags um fünf: Was bewegt jetzt die Branche? Michael Lemsters Frage der Woche an Michael Lüdicke, Vertriebsleiter des Berliner be.bra verlag, der es für seine neue Reihe Berliner Orte mit lokaler Kinowerbung versuchte.

Michael Lüdicke, geboren am Mittelrhein, hat über Stationen wie das Rheinland und Schwaben vor einigen Jahren in Berlin sein Zuhause gefunden. Seit mehreren Jahren im Vertrieb des Buchhandels tätig. Zunächst zu Hause im Versandhandel, konnte er zuletzt langjährige Erfahrung im Zwischenbuchhandel als Verlagsbetreuer bei KNV in Stuttgart sammeln.

Michael Lüdicke, Bewegtbild zur Werbung liegt im Trend – aber Reichweite ist dabei teurer als Produktion. Was ist Ihr Kalkül?

Michael Lüdicke

Michael Lüdicke: Wir haben uns vor der Produktion diverse Gedanken über die Vermarktung unserer neuen Reihe „Berliner Orte“ gemacht. Die ersten drei Titel „Meine Winsstraße“ von Knut Elstermann, „Geschichten aus der Müllerstraße“ von den Brauseboys und „Westend bis Köpenick“ von Kurt Tucholsky sind im September erschienen. Da sich die Reihe auch an junges Publikum richtet, sahen wir dies als passenden Anlass, einen neuen Weg einzuschlagen. Wir entschieden uns für eine auf unsere Printmedien abgestimmte Werbeaktion im Social-Media-Bereich. So ist die Idee für die Buchtrailer entstanden.

Haben Sie Budget für YouTube-Werbung?

Michael Lüdicke: Wir haben seit längerer Zeit bereits einen YouTube-Kanal, den wir für unsere Werbemaßnahmen nutzen, das Angebot der gezielten Werbung auf YouTube haben wir bis dato allerdings nicht wahrgenommen. Wir hatten das Glück, in Kontakt mit einer jungen, innovativen Produktionsfirma zu kommen, für die das Feld der Buchwerbetrailer ebenfalls Neuland war. Es war also eine Win-Win-Situation, aus der die Trailer für YouTube und andere Plattformen entstanden sind.

Welche Klickzahlen haben Sie sich vorgenommen?

Michael Lüdicke: Wir haben die Videos zusätzlich auf Litvideo und Facebook hochgeladen und Buchhandlungen im Raum Berlin-Brandenburg angeboten. Litvideo bespielt über 200 Online-Shops in Deutschland. Damit konnten wir den Buchhandel einbeziehen, und zusätzlich dem Endkunden weitere Informationen zu dem Buch liefern. So konnten wir unsere Klickzahlen extrem steigern.

Was bedeutet das in absoluten Zahlen?

Michael Lüdicke: Wir haben für die Einzeltitel und die gesamte Reihe jeweils einen Buchtrailer erstellt. Wenn wir alle Aufrufe summieren, kommen wir bereits in den vierstelligen Bereich. Das ist schon weitaus mehr, als wir erwartet haben.

Sieht es so aus, als ob Sie Ihr Ziel erreichen?

Michael Lüdicke:. Mit der Vielzahl der Online-Portale, die unsere Trailer verbreiten, sind wir sehr zufrieden.

Was ist dabei „rumgekommen“ – was konnten Sie messen?

Michael Lüdicke: Der Erfolg ist nicht immer an einer einzigen Maßnahme zu erkennen. Es finden zurzeit viele Veranstaltungen unserer Autoren statt, und die Presse berichtet über die Neuerscheinungen. Aber man kann ein deutliches Plus an Absätzen der beworbenen Titel erkennen.

Lassen sich YouTube-Videos auf Stadtteil-Ebene bewerben?

Michael Lüdicke: Wir lassen auf allen Veranstaltungen unserer Kiezbuchhandlungen die Buchtrailer laufen, und es wurden alle Buchhandlungen angesprochen, den Buchtrailer auf Ihre eigene Homepage zu stellen. Wir legen sehr großen Wert darauf, dass der Buchhandel mit in unsere Werbemaßnahmen einbezogen wird. So kamen bei der Buchpremiere der Brauseboys 80 Gäste zu dem Vergnügen, sich den Trailer anzuschauen, bei Knut Elstermann sogar 420! Aber auch die Presse nimmt den Trailer positiv auf und gerade kleinere Zeitschriften und Kiez-Blättchen greifen bei ihrer Pressearbeit gerne auf sie zurück.

Auch Kinowerbung haben Sie gebucht – wie war der Werbeplan?

Michael Lüdicke: Ursprünglich hatten wir keine Kinowerbung eingeplant, da die Kosten für einen kleinen Verlag wie unseren sehr hoch sind. Doch waren wir so überzeugt von unserem Ergebnis, dass wir letztendlich ein Gespräch mit der Yorck-Kinogruppe geführt haben, ein ebenfalls regionales Berliner Unternehmen. Sie hat viel Interesse und Sympathie für das Projekt aufgebracht und kam uns entgegen. So ist Knut Elstermann auf die Leinwand gekommen.

Was bedeutet die gleichzeitige Belegung von Internet und Kino technisch für die Produktion?

Michael Lüdicke: Die Trailer für das Internet sind in einem anderen Format, als es für die Kinos benötigt wird. Somit mussten wir für unser Vorhaben der Kinowerbung einen komplett neuen Trailer erstellen, der mit zusätzlichem Aufwand und Kosten verbunden war.

Welche Typen von Kinos haben Sie belegt?

Michael Lüdicke: Wir haben uns für Programmkinos der Yorck-Kinogruppe entschieden. Hier sahen wir das meiste Potential und den geringsten Streuverlust, da es sich bei den Zuschauern um ein sehr literaturaffines Publikum handelt. Durch die Auswahl diverser Kinos konnten wir dem Berliner Publikum den Trailer ganz gezielt vorführen.

Haben Sie den Buchhandel im Kiez einbezogen und an den Kosten beteiligt?

Michael Lüdicke: Der Buchhandel ist mit einbezogen, aber in diesem Fall haben wir die Kosten alleine getragen.

Die Kino-Kampagne ist gerade zuende gegangen. Gibt es schon Feedback aus dem Handel?

Michael Lüdicke: Es gibt immer wieder sehr gute Resonanz auf unsere Trailer, in persönlichen Gesprächen mit dem Buchhandel, aber auch bei Vorführung der Trailer vor einem größeren Publikum. Zusätzlich haben wir die Kampagne „Vorsicht Buch“ mit eingebunden, die wir auch in Zukunft in anderen Marketing-Aktionen nutzen werden.

Was haben Sie für Ihre nächste Kampagne gelernt?

Michael Lüdicke: Die Idee und Umsetzung der Buchtrailer und der Kampagne ist von Anfang an aus eigener Hand entstanden. Vom Drehbuch bis hin zum Bespielen der unterschiedlichen Plattformen, alle Schritte wurden von uns realisiert. Das hat uns Erfahrung gebracht, und wir konnten viel dazulernen. Ebenso haben wir neue Geschäftsfelder kennengelernt und für das nächste Mal die Möglichkeit, noch sicherer und versierter an das Thema heranzugehen.

Würden Sie dem Buchhandel empfehlen, seinerseits in Kinowerbung zu investieren – evtl. in Kooperation mit Verlagen?

Michael Lüdicke: Die meisten Buchhandlungen haben ein sehr geringes Budget, deshalb ist die Werbung auf dieser Ebene sicherlich nicht immer umsetzbar. Gibt es Kooperationen mit Verlagen, ist eine solche Kampagne leichter zu realisieren. Es wäre sicherlich für den Buchhandel erfolgreich, eine stärkere Medienpräsenz zu zeigen.

Mit seiner Firma alVoloConsult berät Michael Lemster Verlage, E-Commerce-Unternehmen, Buchhändler und Dienstleister bei Geschäftsentwicklung, Programm, Business- und Datenprozessen. Stammdaten und deren Qualitätssicherung sind sein Spezialgebiet. Daneben publiziert er in Fach- und Publikumsmedien.

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