… mit Helmut Benze zum Thema: Konstruktive Bearbeitung von Konflikten

Redaktionelle Vorbemerkung:
Unter den zahlreichen Leserfragen, die unser Autor telefonisch und vertraulich

Helmut Benze

beantwortet, werden sehr häufig Probleme im Umgang mit Konflikten angesprochen. Das überrascht nicht. Wenn Menschen längere Zeit zusammenarbeiten (vom engen Zusammenleben in Partnerschaft und Familie ganz zu schweigen), entstehen Konflikte auf der in Richtung Eskalation offenen Streitskala. Sie reicht von intrapersonalen Konflikten, über persönlichen Streit zwischen Kollegen bis zu den vielen Sach- und Zielkonflikten, die allzu oft in persönlichem Hickhack, in Intrigen oder gar Mobbing enden.

Dabei könnten Auseinandersetzungen über den besseren Weg zum gemeinsamen Erfolg höchst fruchtbar sein. Es gibt Gründe genug, sich immer wieder einmal zu fragen, ob man Konflikte rechtzeitig erkennt, sie als Aufgabe annimmt und konstruktiv bearbeitet. Die aus vielen Workshops und Coachings unseres Autors abgeleitete Gliederung dieses buchmarkt-online-Beitrags erleichtert unseren Lesern Einstieg und Zugriff.

Die Gliederung dieses Beitrags:

A

Konflikte sind Chancen:
Ein vorbildliches Beispiel für konsequente Verbesserung der Konfliktkompetenz (Mit Exkursen „Quadratur der Mitteilung“ / Transaktionsanalyse / Beziehungs- und Rollenkonflikte)

B

20 Schritte für den konstruktiven Umgang mit Konflikten: Ihr mentaler Trainingsparcours für den Ernstfall

C

Drei Leserfragen. Drei Antworten

D

Literaturtipps

E

Zwei Denkanstöße zum Abschluss

linie

A

Konflikte sind Chancen:
Ein vorbildliches Beispiele für konsequente Verbesserung der Konfliktkompetenz

Der richtige Umgang mit Konflikten ist eine der wichtigsten Führungskompetenzen. Wer führt, löst Konflikte aus. Wer Entscheidungen trifft, muss sehr oft Erwartungen Beteiligter oder Betroffener enttäuschen. Wer eindeutige Standpunkte einnimmt und dafür einsteht, polarisiert. Wer Werte vorlebt und von Mitarbeitern einfordert, findet nicht nur Zustimmung, sondern weckt Widerspruch. Nicht allein für effektive Führung ist Konfliktkompetenz wesentlich. Chefs müssen mit ihren Kräften haushalten. Verdrängte oder falsch angegangene Konflikte (wie z. B. Kompromisse um des lieben Friedens willen) sind oft Quelle von seelischem Verschleiß. Zunächst für die Chefs selbst. In der Folge nicht selten auch für die Mitarbeiter.

Bevor ich Ihnen ein Beispiel für konsequentes Konflikttraining von Einzelpersonen in Auszügen vorstelle, bitte ich Sie, möglichst spontan aufzuschreiben, welche Assoziationen das Stichwort Konflikt bei Ihnen auslöst. Bitte versuchen Sie dabei, sich an Kindheit und Jugend zu erinnern. Ihre Assoziationen können Ihnen Aufschluss darüber geben, welcher Konflikttyp Sie sind und welche Konflikt-„Drehbücher“ möglicherweise Ihr Verhaltensrepertoire bestimmen. Nach meinen Erfahrungen mit gestandenen Chefs, mit Inhabern, die ihre Buchhandlung selbst betreiben und mit jüngeren Vorgesetzten ist die Konfliktfähigkeit fast immer aufgrund der eher negativen Erfahrungen in Familie, Schule und Ausbildung unzureichend ausgebildet. Wie z. B. soll ein junger Mensch jemals erleben, welche Chancen Konflikte bergen und welche bewährten Einstellungen und Verfahren es gibt, um Konflikte zu klären und zu lösen, wenn in der Familie Konflikte verdrängt wurden, wenn es als Makel galt, unterschiedliche Auffassungen in offener Auseinandersetzung zu vertreten? Oder wie soll jemand faire und friedfertige Konflikttüchtigkeit entwickeln, wenn Eltern oder Lehrherren verbale Gewalt angewandt oder Konflikte nach Art von Feldzügen abgewickelt haben, bei denen es nur Sieger und Verlierer zu geben hatte?

Das Beispiel ist trotz Komprimierung Zeile für Zeile authentisch, allerdings aus mehreren meiner Beratungen so kombiniert, dass die Diskretion gewahrt bleibt. Sie, liebe LeserInnen können nun auswählen, welche der Stationen Sie nachvollziehen und damit Ihre Konfliktkompetenz prüfen oder verbessern wollen. Sie werden nicht erwarten, dass ich hier alle Aspekte dieses Themas ausführen oder andeuten an. Kommunikation ist z. B. ein sehr wichtiges Thema, das sehr viel mit Konfliktgenese und –bearbeitung zu hat. Diesem Thema werden spätere Folge der Serie „Cheftreff“ gewidmet werden. Im Übrigen empfehle ich Ihnen unter D bewährte Literatur.

Zwei Erfahrungen auf die ich neben anderen Beobachtungen und Kenntnissen meine Beratung und Schulung gründe, schicke ich voraus. Bitte vergleichen Sie die folgenden Sätze mit Ihren Erfahrungen.

I
Die meisten Konflikte sind Sonderfälle missglückter Kommunikation. Sonderfälle nicht ausgereifter Kommunikationskompetenz sind auch die (allzu oft) unterbliebenen Selbstgespräche über die eigene Biographie und ihre prägende Wirkung auf die Konfliktfähigkeit.

II
In nahezu allen Entwicklungen und Ausbrüchen von Konflikten in Alltag und Beruf unterwerfen sich die Beteiligten sklavisch einem Gesetz, das besser nicht befolgt würde: Sturmfluten, die Deiche zerstören vergleichbar, unterspülen und überfluten Emotionen Analysen, Kenntnisse und Erfahrungen der Beteiligten.

Nun das Beispiel:
Wie Chefs aller Hierarchiestufen und angehende Vorgesetzte lernten und übten, ihre Konfliktfähigkeit zu verbessern.

Erster Schritt:
Konflikttagebuch über Kindheit, Jugend und Gegenwart.
– Wie wurde im Elternhaus mit Konflikten umgegangen?
– Welche Beispiele geglückter oder misslungener Konfliktbearbeitungen erinnere ich?
– Welche Rolle könnten diese Erinnerungen noch heute spielen?
– Welches Konfliktverhalten von Lehrern, Erziehern, Ausbildern oder jetzigen Chefs bietet ermutigende Beispiele?
– Welche Konfliktstile kenne ich aus Literatur (wenn möglich, hier auch über Bilderbücher nachdenken), Theater und Film? Welche sind mir als gute oder als abstoßende Beispiele präsent?
– Welche unbearbeiteten Konflikte aus der Vergangenheit (z. B. mit den Eltern) erlebe ich noch heute als Last oder Belastung?
– Welchem zu früh angenommen Konflikt-„Drehbuch“ folge ich noch heute?
– Ist mir dass im Alltag bewusst? Läuft es immer wieder fast zwanghaft ab?
– Wann habe ich damit begonnen, ein eigenes „Drehbuch“ zu schreiben und danach zu handeln?
– Welche Rolle in diesem Drehbuch bevorzuge ich?
(Beispiele: Opfer / Flüchtling / Verweigerer / Delegierer Motto: Dieses ist nicht mein Konflikt. / Zerstörerer Motto: Wer sich mit mir anlegt, wird – offen oder verdeckt – bestraft, erniedrigt, besiegt. / Schmoller Motto: Ich verstehe gar nicht, warum sich andere mit mir anlegen. / Kompromissler Motto: Bloß keinen Streit, lieber sofort Zugeständnisse machen. / Harmoniesüchtling Motto: Es gibt keine Konflikte, es gibt nur Missverständnisse und im übrigen unterschiedliche Menschen, die ich gelten lasse, zu denen ich freundlich bin, deren Zuwendung ich mir bewahre. / Konfliktkapitän Motto: Die Navigation durch gefährliche Gewässer oder Stürme bestimme ich. Ich bereite mich darauf vor, bleibe nicht im Hafen liegen, nur weil mit Gegenwind zu rechnen ist..

Zweiter Schritt:
Konflikte erkennen, analysieren, verstehen, vergleichen und anpacken.
– Welche Konfliktarten sind mir bekannt, in welche wurde ich direkt oder indirekt einbezogen? Z. B.: Intrapersonale Konflikte in der Person selbst. Dieser Konflikte sollte man sich bewusst sein. Nicht zuletzt deswegen, weil sie zu Konflikten mit anderen Menschen führen können. / Konflikte mit anderen. Häufige Ursachen sind: Streit um Sachfragen oder Meinungsverschiedenheiten in Wertefragen wie z. B. Verhalten im Team, soziale oder emotionale Rücksichtnahme, Glaubens- oder Überzeugungsfragen. Oft werden Sach- und Werteprobleme miteinander verknüpft.

– Welche meiner persönlichen (emotionalen) Anteile an Konflikten sind mir bewusst?
– In welche Konflikte habe ich andere z. B . aus Vorteils- oder Machtstreben verwickelt?
– Welche – zunächst verdeckten – Konflikte z. B. aus Eifersucht oder Karrieredrang anderer habe ich erlebt?
– Wie habe ich bislang Konflikte analysiert? Wie habe ich nach den Ursachen und nach dem Stadium von Konflikten geforscht? Für eine wirkungsvolle Konfliktbearbeitung ist es wichtig, die vier Hauptstadien und deren Symptome erkennen zu können: Es beginnt fast immer mit einer Diskussion, in deren Verlauf man sich nicht einigt, immer heftiger argumentiert, dem Gegenüber immer weniger zuhört und andere Standpunkte immer hitziger nicht gelten lässt. Das nächste Stadium wird oft übergangslos erreicht, abwertende Gedanken oder Bemerkungen sind Zeichen der Emotionalisierung. Bereits in dieser Phase werden Konfliktgegner oft pauschal verurteilt. Diese Abwertung löst Abwehr aus, man beginnt, sich offen persönlich anzugreifen. Die Emotionalisierung führt zur Eskalation. Aus der Meinungsverschiedenheit und dem vielleicht zunächst sachlich ausgetragenen Konflikt ist richtiger Streit geworden. Typisch dafür ist die Häufung von Schuldzuweisungen. Da angeblich ausschließlich der andere schuld ist, treiben sich die Parteien in eine Verhärtung in der keine an Lösungen orientierte Kommunikation mehr stattfindet.

Welches Verständnis für mich belastende Konflikte vermag ich aufzubringen? Bringe ich die Bereitschaft auf, nach den Ursachen und damit auch nach meinen Anteilen zu forschen? Setze ich mir zum Ziel, diese Bereitschaft künftig aufzubringen? Wer diese Bereitschaft entwickeln will, kann das relativ einfach anhand von wenigen Fragen üben und praktizieren:

– Was kennzeichnet die aktuelle Konfliktsituation?
– Wie könnte es zu dieser Situation gekommen sein?
– Worauf ist der Konflikt zurückzuführen, welche Ursachen könnte der Konflikt haben?
– Warum ist der Konflikt jetzt ausgebrochen?

– Aus welchen vermiedenen oder bewältigten Konflikten kann ich lernen?
– Welche Gelegenheiten nutze ich in welcher Art und Weise, um einen von mir geahnten oder eindeutig wahrgenommenen Konflikt anzusprechen? Wie erreiche ich dabei, dass die andere Partei dafür gewonnen wird, sich mit mir und dem Streitgegenstand auseinander zusetzen? Was beachte ich, um den anderen nicht in die Enge zu treiben oder ihn sein Gesicht verlieren zu lassen? Was vermeide ich, um selbst eine vorteilhafte Position zu behaupten? Zu welchen Zugeständnissen bin ich in dieser Eröffnungsphase bereit? Zu welchem Entgegenkommen jedoch auf keinen Fall?
– Wie bereite ich mich auf ein Konfliktgespräch vor? Welche Informationen, welche Unterlagen brauche ich? Welche Informationen sollte mein Gegenüber vor der Aussprache haben, welche nicht?
– Welche Kernziele verfolge ich?
– Welche Eskalationsdynamiken bei mir und bei anderen kenne ich? Welche vermag ich zu kontrollieren?

Dritter Schritt:
Reflexion über das Zusammenspiel von Unternehmenskultur, Verhalten des Gegenüber sowie über die eigene Konfliktfähigkeit.

Im Stress des Alltags, zumal in der Überlastung einer Konfliktsituation und erst recht beim Überfall durch einen unerwartet ausbrechenden Konflikt wird sehr häufig ausgeblendet, welche Typen von Ichs aufeinanderprallen, und welche zusätzlichen Beeinflussungen des Konfliktverhaltens durch Unternehmenskultur, Gruppenklima und vor allem durch den Führungsstil einen regelrechten Blindflug mit Absturzgefahr auslösen können. Wer seine Konfliktkompetenz verbessern will und wer seine Führungsfähigkeit entwickeln muss, ist gut beraten, sich mit psychologischen Erkenntnissen zu beschäftigen, die unmittelbar mit Kommunikation zu tun haben. In unserem Zusammenhang ist es besonders wichtig, die „Quadratur der Mitteilung“ sowie Grundzüge der Transaktionsanalyse zu kennen. Im Rahmen des Coachings haben sich die Teilnehmer dazu folgende Fragen gestellt und mit meiner Hilfe in Lehrgespräch oder Erfahrungsaustausch beantwortet:

– Wodurch zeichnen sich Kommunikations- und Konflikt- oder Streitkultur meines Unternehmens, meines Teams aus? Welche Stärken dieser Kultursegmente kann ich verstärken, welche Defizite sollten bis wann behoben werden?
– Welche Konfliktherde würde ein externer „Krisenscout“ bei uns finden? Wie kann ich die Selbstkritische Wahrnehmung meine Führungsstils und der Kommunikationskultur meiner Teams durch den „Blick von außen“ verbessern? (Das muss nicht unbedingt durch Externe geleistet werden. Es bringt viel, wenn Sie sich konzentriert in die Rolle eines Externen hineinversetzen und sich darauf einlassen, dessen vermutliche Wahrnehmung zu protokollieren. Sehr hilfreich ist es in diesem Zusammenhang, wenn Sie sich vorstellten, einer Ihrer Gegner oder Feinde wäre der Externe.)
– Welche Folgerungen ziehe ich aus meinen Erkenntnissen aus den beiden vorangegangenen Schritten (Konflikttagebuch und Konflikte erkennen)
– Welche Zielvereinbarungen treffe ich mit mir selbst oder mit dem Coach oder einer anderen Vertrauensperson, um das was ich erkannt habe zu vertiefen und konsequent anzuwenden?
– Wie definiere ich erstrebenswerte Gemütszustände wie z. B. Gelassenheit, Zuversicht oder Selbstvertrauen so eindeutig, dass ich selbst kontrollieren kann, ob es mir (nicht nur) in Konfliktsituationen gelingt, mit starker innerer Haltung und angemessener Empathie zu agieren?
(Empathie, die Fähigkeit, sich auf andere Menschen einzustellen und auf deren Gefühle Rücksicht zu nehmen ist eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiches Zusammenleben mit anderen. Sie sollte auch in Konflikten aufgebracht werden, ohne dass dadurch die eigenen Interessen aus dem Blick geraten und ohne Schwächung der eigenen Durchsetzungsbereitschaft.)
– Wie sorge ich dafür, Kenntnisse über z. B. „Quadratur der Mitteilung“ und Interaktionsanalyse so zu vertiefen, dass ich sie sicher anwenden kann?

Exkurs:
„Quadratur der Mitteilung“
Transaktionsanalyse

Aus dem oben gesagten wurde die Bedeutung psychologischer Kenntnisse, vornehmlich zur Vermeidung oder zur konstruktiven Bearbeitung von Konflikten deutlich. Die bei weitem meisten Konflikte ließen sich vermeiden oder mindestens besser bearbeiten, würde jeder seine Kommunikation häufiger nach dem Kommunikationsmodell des Psychologen Friedemann Schulz von Thun ausrichten, das unter den Bezeichnungen „Vier Ebenen der Kommunikation“, „Quadrat der Nachricht“ oder „Quadratur der Mitteilung“ bekannt ist.

Nehmen wir als Beispiel den unverfänglichen Satz „Das Fenster ist geöffnet“, den Person A in einem Raum mit geöffnetem Fenster zu Person B sagt. Je nach Situation, Kontext, Befindlichkeit jeder der beiden Personen und je nach dem Klima zwischen diesen beiden Personen kann diese Mitteilung harmlos bleiben, oder eine Missstimmung auslösen. Bereits in einer zunächst friedlichen Stimmung kann unerwartet eintretende Missstimmung zu Spannungen führen. In einer bereits durch Konflikt aufgeladenen Atmosphäre jedoch kann dieser schlichte Satz eine Eskalation einleiten.

„Das Fenster ist geöffnet“ erreicht nämlich die vier Ohren von B:

– Mit dem „Sachohr“ vernimmt B den Sachverhalt geöffnetes Fenster.
– Das „Selbstoffenbarungsohr“ von B filtert jedoch heraus, was A über seine Empfindungen offenbart. Könnte es sein, dass ein geöffnetes Fenster A stört oder sogar gesundheitlich schädigt? Könnte es sein, dass A es gewohnt ist, wenn in seiner Gegenwart die Fenster geschlossen werden?
– Im „Beziehungsohr“ kommen Signale an, die etwas über die Beziehung aussagen die A zu B hat. Aussagen? A hat vielleicht nicht bewusst etwas über Beziehungen mitteilen wollen, bei B kommen jedoch Schwingungen an, die von B so entschlüsselt werden, als hätte A gesagt: „Pass mal auf B, hier bestimme ich, ob Fenster geöffnet oder geschlossen werden. Und ich bestimme auch, wer sie zu öffnen oder zu schließen hat. Ich bin enttäuscht darüber, dass Du das noch immer nicht begriffen hast.“
– Im „Appellohr“ von B schrillt Alarm: Was will A? Was soll ich tun oder lassen? Warum sagt A nicht direkt: “Würden Sie bitte das Fenster schließen?“

Wie viel weniger kompliziert wäre diese simple Mitteilung verlaufen, hätte A sich vorher überlegt:

– Worüber will ich B informieren? Die Sache.
– Was will ich über meine Befindlichkeit sagen oder verschweigen? Die Selbstoffenbarung.
– Was halte ich von B, wie stehen wir zueinander? Die Beziehung.
– Wozu will ich B veranlassen? Was soll B tun oder lassen? Der Appell.

Wie viel entspannter könnten beide zur Tagesordnung übergehen, hätte B zum Beispiel so reagiert: „Wünschen Sie, dass ich es schließe?“

Kurz: Um eine Mitteilungen so ankommen zu lassen, wie sie in der Sache gemeint sind, hat der Sender A die Verantwortung dafür, sich so auszudrücken, dass beim Empfänger B Missverständnisse möglichst ausgeschlossen sind. Die Konzentration auf den Sachaspekt schließt keinesfalls aus, eine Information über die Befindlichkeit einzuflechten: „Ich habe mich etwas erkältet, würden Sie bitte das Fenster schließen?“

Was hier stark vereinfacht dargestellt wurde, läuft im Geschäftsleben täglich vielfach ab. Freilich sind die Mitteilungen inhaltsreicher und auch der Kontext ist meistens eindeutig, so dass schnörkellos über die Sache geredet werden kann. Sobald jedoch unterschiedliche Wahrnehmungen und Interessen oder gegensätzliche Erwartungen im Spiel sind, ist es nützlich, Art und Weise sowie Wirkung einer Mitteilung abzuwägen bevor sie ausgesprochen wird. Das trägt entschieden dazu bei, Konflikte zu vermeiden. Im Konfliktfall gewährleistet diese Reflexion zwar nicht die Konfliktlösung, wohl aber die konstruktive Bearbeitung, deren Ergebnis eine für beide Seiten annehmbare Lösung sein kann.

Transaktionsanalyse

Diese von Eric Berne entwickelte Theorie hilft, effektiver und das bedeutet oft auch konfliktfreier zu kommunizieren. Berne definiert ein Aussagenpaar, bestehend aus einem Reiz und einer Reaktion
als Transaktion. Die Reaktion kann eine Gegenrede oder eine Gegenreaktion auf einen Reiz, eine Aussage oder nur auf nonverbale Signale sein. Meistens auf beides. Denn erst durch Mimik und Gesten des Absenders erhält der Sinn eines Satzes in der Wahrnehmung des Adressaten seine richtige oder falsche Bedeutung. Laut Berne trägt jeder Mensch drei verschiedene Ich in sich. Begegnen sich zwei Personen, treffen also zwei x drei Ich-Zustände aufeinander. Je nach Kombination dieser Zustände ergeben sich Transaktionen, die eine Verständigung begünstigen oder erheblich beeinträchtigen. Für eine möglichst konfliktarme und noch mehr für eine konfliktauflösende Kommunikation ist es entscheidend, eine fruchtbare Transaktion zu ermöglichen. Wer die drei Ich-Zustände kennt und damit umgehen kann, vermag eher, für die optimale Kombination zu sorgen. Das ist für Chefs besonders wichtig.

Das Eltern-Ich zeigt sich in zwei Ausformungen, dem kritischen und dem stützenden Ich.
Für das kritische Eltern-Ich sind u.a. folgende Aussagen bezeichnend: „Halt!“ „Nein“ oder „Nie!“ „Immer“ „Ganz falsch.“ Das Verhalten ist geprägt von Kontrolliertheit, Kritikbereitschaft, gesteigertem Ordnungssinn, Bereitschaft zu Befehl, Bestrafung oder Zurechtweisung, Beharren auf moralischen Grundsätzen ohne Wenn und Aber. Das kritische Eltern-Ich wird überwiegend als streng bis unnachsichtig erlebt.

Das stützende Eltern-Ich zeigt Fürsorge und Bedauern, es drückt sich in Gesten der Zuwendung, des Schutzes und der Bestärkung aus. Sein Verhalten ist geprägt von Anerkennung und Lob, Umsorgung, Verständnis und Verzeihen. Das stützende Eltern-Ich wird fast immer als einfühlend, verständnisvoll, geduldig und hilfsbereit erlebt.

Das Erwachsenen-Ich ist gekennzeichnet durch Vernunft, Sachlichkeit und kritische Selbstdistanz. Seine Sprache ist sachlich und klar, es stellt öffnende Fragen, seine Körperhaltung ist dem Gegenüber offen zugewandt, Emotionen werden bis in Mimik und Gestik hin kontrolliert. Das Erwachsenen-Ich sammelt Informationen, wertet sie aus, analysiert, nimmt die Umwelt möglichst objektiv wahr, zieht Schlüsse, vergleicht und wägt ab. Das Erwachsenen-Ich wird als sachlich, nüchtern oder auch kühl erlebt.

Das Kind-Ich hat wie das Eltern-Ich zwei Gesichter, das angepasste, schutzbedürftige und das
spontane, unbekümmerte.

Äußerungen des angepassten Kind-Ich sind u.a. „Ich weiß, dass ich was falsch gemacht habe.“ „Schon wieder ich.“ „Es tut mir leid.“ „Ich bitte um Verzeihung.“. Dieses Ich duckt sich, es ist immer zur Demutsgeste bereit, gehorcht, unterwirft sich. Falls es eine eigene Meinung hat, tritt es nicht dafür ein, eher hat es keine eigene Meinung. Es richtet sich nach den anderen, den Stärkeren, der Mehrheit.

Es ist furchtsam, fühlt sich im Gehorsam wohl, ist eher auf dem Rückzug. Auch nach Aussprachen bleibt es unentschieden. Jede Entscheidungssituation wird als Bedrohung erlebt, Entscheidungen werden vermieden oder verzögert. Die Höflichkeit des angepassten Kind-Ich kommt nicht vom Herzen sondern eher aus der Anpassung. Dieses Ich wird von anderen als unsicher, schwankend und bemitleidenswert erlebt. Häufig löst es nicht Schutz- sondern Verfolgungs- und Bestrafungsreflexe aus.

Das spontane Kind-Ich hat viel von Pippi Langstrumpf. Es äußert sich mit „Toll!“, „Super!“, „Irre!“ Die Gesten sind gemischt, häufig eher extrovertiert und kraftvoll. Dieses Ich kann ebenso hemmungslos lachen wie weinen, sich freuen oder ärgern. Es ist egoistisch, selbstgerecht und rücksichtslos bis zur Tyrannei. Man mag es als spontanes in sich ruhendes aus sich heraus tollendes und tobendes Ich. Oder man meidet es als hemmungslosen Störfall.

Begegnen sich diese Ich-Zustände, so ergeben sich je nach Kombination drei Transaktionsformen. Eine davon gewährleistet eine fruchtbare Kommunikation, die anderen beiden wirken sich meistens destruktiv aus:

Bei der parallelen Transaktion sind zwei Ich-Zustände aktiv. Die Kommunikation verläuft ohne Fallen und Missverständnisse. Beispiel: Person A im Zustand des Erwachsenen-Ich sagt zu B im Zustand des Erwachsenen-Ich: „Wie konzipieren wir den Messestand in Leipzig?“ Antwort B.: „Dazu habe ich mit YX einige Vorschläge erarbeitet…“ Oder: A im Zustand kritisches Eltern-Ich zu B im Zustand angepasstes Kind-Ich: „Bis wann legen Sie die Umschlagentwürfe für die neue Reihe vor?“

B.: Ich bitte vielmals um Entschuldigung, ich werde mich besonders beeilen…“

In beiden Fällen entstehen weder Missverständnisse noch Konflikte. Im ersten Fall können beide Personen einen fruchtbaren Gedankensaustausch beginnen, im zweiten wird eine Terminvereinbarung getroffen und B weiß, was zu tun ist.

Bei der gekreuzten Transaktion kreuzen sich mehr als zwei Ich-Zustände. Das führt sehr häufig zu Spannungen, die überraschend schnell eskalieren können. Beispiel: Person A im Zustand kritisches Eltern-Ich zu B im Zustand angepasstes Kind-Ich: „Der Reisebericht sollte mir doch längst vorliegen.“ B antwortet jedoch nicht aus dem Kind-Ich heraus, sondern reagiert auch aus dem kritischen Eltern-Ich in Richtung angepasstes Kind-Ich von A: „Sie wissen, dass ich auch noch andere Aufgaben habe…“

Oder B reagiert aus dem Erwachsenen-Ich an das Erwachsenen-Ich von A.: „ Welchen der ausstehenden Berichte brauchen Sie denn so dringend?“

Besonders irritierend kann die doppelbödige oder verdeckte Transaktion verlaufen. Bei ihr sind mehr als zwei Ich-Zustände beteiligt, die Botschaften werden auf einer offenen und gleichzeitig auf einer verdeckten Ebene ausgetauscht. Dabei ist die verdeckte Ebene entscheidend. Beispiel: „Für diese Lampe hat sich auch Ihr Kollege interessiert, sie ist allerdings nur bei Zuzahlung zu bekommen. Das Standardmodell stellt die Firma frei zur Verfügung.“ Sagt A im Zustand Erwachsenen-Ich zu B. und denkt dabei mit kritischem Eltern-Ich „Das dürfen Sie sich bei Ihrem Status noch gar nicht leisten.“ B erwidert offen, dass er die Lampe nimmt und zuzahlt, denkt jedoch mit spontanem Kind-Ich „Ihnen werde ich beweisen, dass mein Status besser ist.“ Diese Kommunikation ist bereits bestimmt von absichtsvollem Statusgerangel. Status und Macht sind in Unternehmen sehr häufig anzutreffende Konfliktursachen.

Wenn Sie sich vergegenwärtigen, welche Beziehungs- und welche Rollenkonflikte im Beruf Konflikte auslösen können und welches Gewicht der psychologisch richtige Umgang mit diesen Auslösern spielt, wird klar, wie gut Chefs beraten sind, wenn sie der psychologischen Seite des Miteinanders größere Aufmerksamkeit widmen. In diesem Zusammenhang empfehle ich Ihnen, über die Ursachen von Beziehungs- und von Rollenkonflikten nachzudenken.

Exkurs:
Beziehungs- und Rollenkonflikte
Konflikte können entstehen, wenn

– ° Sachkonflikte auf die Beziehungsebene und damit auf die Wertung der Persönlichkeit des anderen geschoben werden. „Die Chefin hat mich eben wegen meiner überfordert wirkenden Körperhaltung im Kundengespräch kritisiert. Die sollte sich mal selbst im Spiegel betrachten. Was hat sie nur gegen mich? Dem XY lässt sie diese Körperhaltung durchgehen…“ – So oder ähnlich läuft es im Alltag oft ab. Um so wichtiger ist es, jeglichen Konflikt auf seine wirklichen Ursachen hin zu analysieren.
– es an Respekt vor der Persönlichkeit, sowie an Wertschätzung und Toleranz mangelt
– wenn Chefs Grundkenntnisse guter Kommunikation z. B. Erkenntnisse aus dem Modell „Quadratur der Mitteilung“ nicht anwenden,
– wenn Chefs nicht an Werten orientiert sind,
– wenn es zu Ungerechtigkeiten kommt,
– wenn es keinen effizienten Führungsstil gibt, sondern überwiegend nur durch Weisungsbefugnisse geführt wird,
– wenn Chefs sich für richtige oder sogar notwendige Entscheidungen entschuldigen, statt – so weit es geht – Betroffene zu Beteiligten zu machen,
– wenn unerfahrene Vorgesetzte den Rollenwechsel „Heute Chefin, gestern Kollegin“ nicht bewältigen und keine Unterstützung ihrer Chefs erhalten,
– wenn Chefs der oberen Führungsebenen durch das altrömische Prinzip „Teile und herrsche“ führen.
– wenn es keine Leistungskontrolle gibt,
– wenn ohne Zielvereinbarungen geführt wird,
– wenn Mitarbeiter überfordert oder unterfordert sind,
– verdeckte oder gekreuzte Transaktionen ablaufen,
– gegensätzliche Persönlichkeiten zur Kooperation „verdammt“ sind und führungslos aufeinanderprallen,
– Zuständigkeiten nicht klar definiert sind,
– keine oder unklare Arbeitsplatzbeschreibungen vorliegen,
– Mitarbeiter oder untere Führungsebenen zu wenig oder zu viel und zu komplizierte Information erhalten – oder sich (unbegründet) unzulänglich unterrichtet fühlen (!),
– Kollegen untereinander oder Mitarbeiter gegenüber Vorgesetzten schlechte Erfahrungen aus vorangegangenen Beziehungen übertragen,
– Mitarbeiter oder untere und mittlerer Führungsleute sich – aus welchen Motiven auch immer – zu angepasst verhalten,
– Mitarbeiter oder Kollegen im Führungszirkel nur auf eigenen Vorteil, auf Macht und Karriere bedacht sind,
– Vorgesetzte nicht teamorientiert, sondern selbstherrlich oder diktatorisch führen,
– Sachprobleme vorschnell mittels Schuldzuweisungen „bearbeitet“ werden,
– Loslösung von befreundeten Kollegen oder zunächst geschätzten oder umworbenen Vorgesetzten
nicht bewältigt wird und in offene oder intrigante Aggression umschlägt,
– die Balance zwischen privatem Leben, Leben und Leistung im Fach sowie Eingebundensein in eine Organisation nicht bewältigt wird. Diese Rollenkonflikte erleben Chefs häufig intensiver, sind sich dessen jedoch nicht immer bewusst und nehmen ähnliche Konfliktkonstellationen bei Kollegen und Mitarbeitern folglich oft nicht wahr. Bitte denken Sie einmal in Ruhe darüber nach, welchen „Dreikampf“ Ihnen der Beruf – zumal in Ihrer Führungsfunktion – abverlangt und wie Sie Ihre drei Identitäten austarieren.

Meine Empfehlung:
Ergänzen Sie diese Aufstellung und prüfen Sie, welche der Auslöser Sie in Ihrem Unternehmen oder Kleinteam neutralisieren müssen. Sie werden vermutlich feststellen, dass Sie viel zur Konfliktvorbeugung tun können. Um so mehr Kraft bewahren Sie sich, um unabweisbare Konflikte wirkungsvoll zu bearbeiten und zu lösen.

B

20 Schritte für den konstruktiven Umgang mit Konflikten: Ihr mentaler Trainingsparcours für den Ernstfall

Vorbemerkung:
Diesen Parcours haben sich viele Kolleginnen und Kollegen als persönlichen oder vom Team akzeptierten Handlungsrahmen zu eigen gemacht. Sie haben ihn den speziellen Gegebenheiten angepasst oder je nach Konfliktlage und Konstellation der Beteiligten erweitert. Die Kollegen bestätigen, dass diese 20 Schritte auch dann inneren Halt bieten, wenn im Ernstfall nicht jeder Schritt vollzogen wird.

Die Gliederung spiegelt wider, welches Gewicht die eigene Auseinandersetzung mit einem Konflikt hat. „Suche nach einer Lösung“ muss nicht mit einem neutralen Partner unternommen werden. Oft ist es bereits sehr hilfreich, wenn Sie sich intensiv vorstellen, was ein Ihnen vertrauter Dritter zu dem Konflikt sagen würde. „ Lerneffekt nutzen“ rate ich besonders, denjenigen, die noch unsicher sind oder die häufiger Konflikte bearbeiten müssen. Mithin vor allem jungen Vorgesetzten.

20 Schritte für den konstruktiven Umgang mit Konflikten

Eigene Auseinandersetzung mit dem Konflikt
1. Konflikt erkennen und Ursache (Kern) identifizieren; Symptome hinterfragen.
Worin liegt die eigentliche Ursache des Konflikts?
2. Beteiligte und das Problem klar benennen.
3. Mit welchen Anteilen bin ich emotional, mit welchen Anteilen sachlich und rational beteiligt? Mit welchen der andere / die anderen?
4. Die Situation und das Konfliktumfeld lösungsorientiert umformulieren. Z. B.: Wie kann man (gemeint ist der Mensch mit allen seinen Potenzialen und kreativen Möglichkeiten) erreichen, dass bestimmte Strukturen, Abläufe und Personenkonstellationen geändert werden?
5. Situation aus der Sicht des Konfliktgegenübers und aus der Sicht eines unbeteiligten Dritten formulieren:
– „Wie könnte das Konfliktgegenüber diesen Konflikt sehen?“
– „Wie empfindet ein unbeteiligter Dritter den Konflikt? Was z. B. würde ein aufgewecktes Kind
zu dem Streitfall sagen?“
6. Welche Folgen hat der ungelöste Konflikt? Welche Schäden und Nachteile entstehen, wenn dieser Konflikt nicht jetzt angepackt und geklärt wird? Könnte sich der Konflikt durch Änderungen auf einem anderen als dem direkten Konfliktfeld auflösen oder besser bearbeiten lassen?
7. Welche Bedeutung hat der Konflikt für mich in einem Jahr? Welche Bedeutung hat er in einem Jahr für andere? Durch diese gedankliche Distanz geben Sie sich die wichtige Chance einen im Augenblick vielleicht dramatischen, Sie persönlich aufwühlenden Konflikt so zu relativieren, dass Sie entspannter und objektiver an die Bearbeitung herangehen können.

Suche nach einer Lösung
8. Mit einem neutralen Dritten (Partner meines Vertrauens oder externen Kollegen) über den Konflikt und denkbare Lösungen sprechen. Und / oder
9. Begleiter (z. B. Kollegin / Kollege, Vorgesetzten, Betriebsrat) für Beratung oder Moderation des Konfliktgesprächs suchen. Bei schwerwiegendem Konflikt entscheiden, ob Mediation helfen könnte. Begleitung, Moderation oder Mediation setzen voraus, dass der Konfliktgegner zustimmt, sich entweder auch begleiten lässt oder von beiden Parteien akzeptierte, neutrale Dritte hinzugezogen werden.
10. Welche Lösungsideen habe ich? Welche Prioritäten setze ich?
11. Blick des anderen: Welche meiner Lösungsideen sind für das Gegenüber akzeptabel? Welche Lösungsideen hat das Gegenüber möglicherweise entwickelt?

Konfliktgespräch, direkte Auseinandersetzung mit dem oder den Konfliktbeteiligten
12. Die Ansprache des anderen hat zum Ziel, diesen für eine offene Auseinadersetzung zu gewinnen. Diese Einladung, die manche als Drohung empfinden könnten, sollte auf gleicher Augenhöhe ausgesprochen werden. Es muss erlebbar werden, dass beide in der Suche nach einer Lösung gleichberechtigt sind. Deswegen ist es wichtig, weder bereits bei der Einladung noch bei der Gesprächseröffnung anzudeuten, dass Sie Lösungsideen haben.
13. Der Konflikt wird gemeinsam und möglichst objektiv definiert. Worum geht es? Welche Symptome werden gemeinsam festgestellt? Wie wirkt sich der Konflikt auf direkt und auf indirekt Beteiligte aus? Jeder Punkt wird in Stichworten protokolliert und später in eine gemeinsam gewichtete Reihenfolge gebracht.Das Gespräch sollte im „kontrollierten Dialog“ stattfinden, d h. Antwort oder Reaktion erfolgt erst, nachdem durch sinngemäße Wiederholung der Vorrede oder durch Nachfrage gesichert worden ist, dass jeder sich richtig verstanden fühlt. Jegliche Bewertungen oder Schuldzuweisungen torpedieren die Bearbeitung des Konflikts
und verhindern eine tragfähige Lösung!

14. Während des Gespräches sollte jeder die Wirkung seines Verhaltens, besonders Wortwahl
Ton sowie die Körpersprache kontrollieren.Abweisende Körperhaltung, aggressiv oder geringschätzig wirkende Gesten, verweigerter Blickkontakt machen jede noch so wegweisend klingende Rede zunichte! Wer Erkenntnisse aus der „Quadratur der Mitteilung“ oder Transaktionsanalyse anwendet, wird der Klärung und sich selbst den besten Dienst erweisen.
15. Die Folgen des Konflikts bei Lösung sowie bei Nichtlösung werden gemeinsam geprüft. Wie können es die Beteiligten verantworten, den Konflikt schlecht oder gar nicht gelöst zu haben? Welche Auswirkungen hat das auf Team, Firma und sonstiges Umfeld?
16. Wir haben den Konflikt gelöst oder wenigstens eine Zwischenlösung erreicht. Für deren weitere Bearbeitung gibt es eine Absprache Bis wann werden offene Fragen geklärt? Wann findet das nächste Gespräch statt? Im Lösungsfall wird eine Art „Lösungs-TÜV“ vereinbart, damit die Tragfähigkeit der Lösung oder des Kompromisses im Alltag überprüft werden kann.
17. „Direkten Draht“ oder „Rotes Telefon“ verabreden: Zeichnet sich ab, dass die Vereinbarungen der Konfliktlösung nicht eingehalten werden, stellt Unvorhergesehenes die Lösung in Frage oder tritt eine neue Konfliktsituation ein, so muss dieses unverzüglich von jedem der Beteiligten direkt angesprochen werden.
18. Gemeinsame Kommunikation verabschieden: Ist ein Konflikt in Team oder Unternehmen bekannt geworden, oder sind andere in irgendeiner Art und Weise betroffen, sollte das Ergebnis des Konfliktgespräches mitgeteilt werden. Diese Transparenz hat zwei positive Wirkungen. Sie nimmt die Konfliktparteien in die Pflicht und sie entzieht Gerüchten den Boden.

Lerneffekte nutzen
19. Welche Lehren kann ich aus dem bearbeiteten (auch aus dem noch nicht gelösten) Konflikt ziehen? Was werde ich in meiner künftigen Zusammenarbeit mit anderen besonders beachten? Welche Stärken meiner Kommunikation baue ich aus? Welche Defizite behebe ich bis wann? Was lehrt mich der Konflikt für meine private Konfliktfähigkeit? Welche Lehren ziehe ich für die Streit- und Konfliktkultur meines Teams oder des gesamtem Unternehmens?
20. Prävention für künftige Konflikte: Welche der Lehren aus dem Konflikt kann ich – ohne die Diskretion zu verletzen – weitergeben und zur Prävention künftiger Konflikte als Fallbeispiel verankern?

C

Drei (von zahlreichen) Leserfragen. Drei Antworten:

1.) Ist jedes Warnsignal oder Unbehagen Zeichen eines Konfliktes?
Nein. So wertvoll und wichtig Warnzeichen sind und so hilfreich Unbehagen, Intuition oder ausgeprägte Sensibilität für drohende Unstimmigkeiten sind, man darf sich nicht unter Daueralarm stellen, aus Sorge, einen Konflikt zu verpassen.

Fragen Sie sich bei Warnsignalen oder Unbehagen u.a.:

– Welches Gewicht könnten die Warnsignale für andere haben?
– Worauf sind die Warnsignale zurückzuführen?
– Welche anderen Faktoren könnten mein Unbehagen ausgelöst haben?
– Welche sich selbst erfüllenden Vorausahnungen bringe ich vielleicht voreilig ins Spiel?
– Wie oft habe ich die Warnsignale registriert?
– Welche Entwicklung könnte von den Warnsignalen und von den auslösenden Umständen in Gang gesetzt werden?
– Besteht eine hinlänglich gesicherte Wahrscheinlichkeit von Eskalation? Wenn Sie diese Fragen mit „Nein“ beantworten können, dürfen Sie ziemlich sicher sein, dass Sie keinem Konflikt auf die Spur gekommen sind. Unaufgeregte Aufmerksamkeit freilich bleibt empfehlenswert.

2.) Alle Teilnehmer eines internen Workshops für angehende Abteilungsleiter schwärmten
von Watzlawick. Ich hatte nicht den Mut nachzufragen. Muss ein Abteilungsleiter Watzlawick kennen?

Abteilungsleiter anderer Branchen nicht; Buchhändler und Verlagsleute ja. Top sind diejenigen, die einige der Kernaussagen Watzlawicks kennen und in ihrer Führungsarbeit berücksichtigen. Viele seiner Bücher sind höchst lesenswert. So z. B. „Anleitung zum Unglücklichsein“ oder „Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen“ beide und viele andere in der Serie Piper In „Menschliche Kommunikation“ (mit J. H. Beavin u. Don D. Jackson) hat Watzlawick u. a. folgende These formulierte: Jedes menschliche Verhalten hat Mitteilungscharakter. Auch wenn sich z. B. ein Mensch schweigend zurückzieht, teilt er unübersehbar mit, dass er in Ruhe gelassen werden möchte oder etwas anderes zu tun hat. „Man kann nicht nicht kommunizieren.“

Nach Watzlawick hat jede Kommunikation zwischen Menschen zwei Ebenen:

– Inhaltliche Ebene: Was wird ausgesagt?
– Beziehungsebene: Wie wird es gesagt? Inhalt wird hier mit Sache oder Nachricht gleichgesetzt. Mit Beziehung meint Watzlawick, wie die Nachricht gemeint ist und welche Bedeutung sie für den Adressaten haben soll. Jeder Absender einer Nachricht sagt durch seinen Tonfall, sowie durch Gestik und Mimik mehr aus als nur den Inhalt:
– Warum die Nachricht für den Adressaten interessant oder wichtig ist.
– Was der Absender über den Adressaten denkt, in welcher Beziehung er sich zum anderen befindet.
– Ob eine Antwort oder Handlung erwartet wird.

Es werden also immer auch Aussagen über die eigentlichen Aussagen gemacht. Diese als Metakommunikation bezeichnete Doppelstöckigkeit spielt eine oft unterschätzte Rolle.

Sie zu kennen und klug damit umzugehen, ist für Führungsleute wichtig. Dem Anrufer habe ich die Weiterentwicklung des Watzlawickschen Modells durch F. Schulz von Thun beschrieben, die Sie hier unter A, dritter Schritt, erster Exkurs „Quadratur der Mitteilung“ nachlesen können.

3.) Wer hat das bessere Streitverhalten, Frauen oder Männer?
Für mich gibt es kein objektives „besser“ oder „schlechter“. Frauen und Männer streiten anders.

Diese Unterschiedlichkeit hat weitreichende Folgen, da sie sich häufig als Annahme, als Vorurteil in den Köpfen abspielt. Selbst klügste Köpfe schrecken nicht davor zurück, die tatsächlich vorhandenen geschlechtsspezifischen Unterschiede im Streitverhalten zu Vorverurteilungen zu missbrauchen So z. B. Schopenhauer: „Vor Gericht sollte das Urteil eines Weibes weniger Gewicht haben, als das des Mannes…“ Oder: „ Als die Gesetze dem Weibern gleiche Rechte mit den Männern einräumten, hätten sie ihnen auch eine männliche Vernunft verleihen sollen.“

Die Psychologin und Psychotherapeutin Erika Butzmann hat aus einer Befragung von 160 Männern und 240 Frauen beiden Geschlechtern gemeinsame aggressive Reaktionen und unterschiedliche Streitverhalten herausgefunden. Gemeinsam z. B. sind laute bis sehr laute Worte, Schreien und Brüllen, Türenknallen oder Gegenständewerfen. So weit so schlecht. Nach Häufigkeit der Nennungen zeichnen sich Frauen durch folgendes Streitverhalten aus:

– Weinen, Heulen, Ohnmachts- und Hilfslosigkeitsgefühle,
– den Partner anmuffeln, über Kleinigkeiten nörgeln, chronisch schlechte Laune entwickeln, Frust ansammeln und irgendwann explodieren,
– nachtragend sein,
– hinter dem Partner herrennen und ihn zur Stellungnahme zwingen,
– Vorwürfe: Alles auf den Tisch holen, „Das machst Du immer so…!“
– „Alte Kamellen“ hervorholen,
– Ärger schlucken, beleidigt sein.

Der Steckbrief der Männer nach Häufigkeit der Nennungen:
– Ironische Bemerkungen, Sarkasmus, Zynismus, dumme Sprüche,
– Diskussion abbrechen, schweigen, nicht antworten,
– rausgehen, abhauen, Distanz herstellen, zurückziehen,
– Zeit verstreichen lassen, abwarten, dem Stress aus dem Wege gehen,
– abschotten, Gesprächs- und Kontaktverweigerung,
– ruhig und sachlich reagieren, ruhig dasitzen, die Partnerin völlig ignorieren,
– Meinung der Partnerin herunterspielen.

Diesen Auszug aus einer Untersuchung, die sich über einen Zeitraum von 12 Jahren erstreckt hat, lasse ich unkommentiert. Jeder mag feststellen, wie weit sie oder er sich wiederfindet.

Mir ist das Streitverhalten intelligenter Frau lieber, als das intelligenter Männer. Warum?

Frauen, die ihre Position klar, eindeutig und durchaus hart vertraten, habe ich bislang als effektiver erlebt. Auch dann, wenn ich beidrehen musste. Unfruchtbares Dominanzverhalten vieler Männer erschwerten oft tragfähige Konfliktlösungen.

D

Literaturtipps

Für diejenigen, die sich in garantiert nur 30 Minuten einen diesen Beitrag ergänzenden Überblick und zusätzlichen Einstieg in das Thema verschaffen wollen:

Christel Frey
30 Minuten für wirkungsvolle Konfliktlösungen

Gabal Verlag, ISBN 3-89749-038-2

Wer sich gemäß individueller Lernbedürfnisse mit Konfliktmanagement auseinandersetzen und seine Konfliktkompetenz durch Übungen und Lernkontrollen entwickeln oder verbessern will, findet in dem Arbeitsheft seinen jederzeit verfügbaren Haustrainer:

Selbstlernkurs Konfliktmanagement
Gabal Verlag, ISBN 3-89749-489-2

Wer Konflikte buchstäblich in die Tasche stecken und damit sofort umsetzbare Methoden, Strategien, Tipps für das erfolgreiche Konfliktgespräch und Gesprächssteuerung zur Hand haben möchte,
sollte greifen zu:

Heinz-Jürgen Herzlieb
Konflikte lösen
Pocket Business, Cornelsen Verlag Scriptor, ISBN 9-783589-219247

Wer ein universales und optimales Werkzeug zur Konfliktprävention und Konfliktbearbeitung braucht und nahezu alle Aspekte des Themas grundlegend, aktuell, leicht lesbar und gut in die Praxis übertragbar kennen, verstehen lernen und anwenden möchte, trifft die beste Wahl mit dem

Jutta Kreyenberg
Handbuch Konflikt-Management
Cornelsen Verlag Scriptor, ISBN 3 –589 23661-2

E

Zwei Denkanstöße zum Abschluss:

„Sei reizend zu Deinen Feinden, nichts ärgert sie mehr.“

„Wenn Du nicht Teil der Lösung bist, wirst Du Teil des Problems.“

Helmut Benze

Telefon 0049 (0) 621 – 41 49 74 / e-mail: helmut.benze@t-online.de

Zur 1. Folge „Cheftreff“ zum Thema Nachfolgeregelung: [mehr…]
Zur 2. Folge „Cheftreff” zum Thema gute Teams: [mehr…]
Zur 3. Folge „Cheftreff“ zum Thema Burn-out: [mehr…]

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert