Statement von Ulrich Störiko-Blume zu den neuesten Entwicklungen innerhalb der Kultusministerkonferenz: „Kinder- und Jugendbuchverlage müssen an der Kommission beteiligt werden“

Am morgigen Tag soll die Amtschefkommission „Rechtschreibung“ der Konferenz der Kultusminister (KMK) beschließen, dass künftig die „Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung“ über alle Änderungen im Zusammenhang der Rechtschreibreform selbstständig entscheiden kann. Nach der bisher geltenden Rechtslage brauchte die Kommission das Einverständnis der KMK, weil die am Mannheimer Institut für deutsche Sprache angesiedelte Zwischenstaatliche Kommission nur ein Vorschlagsrecht hatte.
Grund genug für Ulrich Störiko-Blume, Verlagsleiter Beltz & Gelberg, die Interessen und Kompetenzen der deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchverlage in Erinnerung zu rufen. Wir zitieren das Statement von Ulrich Störiko-Blume im Wortlaut:

„Wenn sich jetzt die Kultusminister aus der Verantwortung stehlen wollen, in dem sie der Zwischenstaatlichen Kommission für die deutsche Rechtschreibung allein die Kompetenz überlassen, ist die politische Feigheit erkennbar. Dennoch steckt darin auch die Chance, eine staatliche oder staatlich gesteuerte Regelungswut in eine fachlich begründete Regelungs-Behutsamkeit zu überführen.
Die deutschsprachigen Kinder- & Jugendbuchverlage sollten an dieser Kommission beteiligt zu werden. Unsere Verlage haben Millionen in die Umstellung ihrer Bücher investiert, ohne dass dafür ein einziger Euro mehr in die Kasse kam. Eine erneute Kostenwelle, die durch die Einarbeitung von erheblichen Änderungen in das Programm der lieferbaren und ständig nachgedruckten Bücher verursacht würde, wäre insbesondere angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage der Verlage unvertretbar und unerträglich. Entscheidungen von solcher Tragweite können weder der Politik noch einer reinen Fachkommission allein überlassen werden, denn die Kosten müssen – ohne irgendeine Aussicht auf Kompensation – von den Verlagen getragen werden. Es ist unser legitimes Recht, das Entstehen eine Kostenlawine zu verhindern, die den Schulbuch- und Kinderbuchverlagen an die Substanz gehen kann.
Der schwerste Schaden aber würde bei den Kindern angerichtet, die gründlicher nicht verwirrt werden können, wenn jetzt wieder neue Regeln geschaffen werden oder durch eine verwirrende Zahl von Varianten eine diffuse Schein-Liberalität entstünde.
Warum die Schulbuch- wie die Kinderbuchverlage die Reform so schnell wie möglich umsetzen mussten, ist hinreichend oft und deutlich erklärt worden. Wir können gut damit leben, dass viele ältere Autoren ihre Werke weiterhin in der bisherigen Rechtschreibung erscheinen lassen wollen. Dies zu der Forderung zu erhöhen, man soll generell zum Status quo ante zurück, ist indiskutabel.

Wir schlagen vor, dass der weitere Umgang mit der Rechtschreibreform seitens der politisch, fachlich und verlegerisch Verantwortlichen auf folgenden Kernaussagen fußen könnte, etwa derart:

1. Eine Rechtschreibreform hat das Ziel, die Qualität und Differenziertheit der geschriebenen deutschen Sprache auf hohem Niveau zu sichern. Um den Zugang zur Schriftsprache nicht unnötig zu erschweren, sollten dabei so viele plausible Regeln wie möglich und so wenig Ausnahmen wie nötig zum Einsatz kommen.
2. Eine Rechtschreibreform greift nicht in die deutsche Sprache ein, sie vereinfacht lediglich ihre Schreibweise. Sie schreibt keinem Autor und keinem Medium vor, wie er bzw. es zu schreiben hat.
3. Für den Bereich der Schulen und der öffentlichen Verwaltung wird ein verbindliches Regelwerk vereinbart, das dauerhaften Bestand hat.
4. Für die laufende Überprüfung der Regeln, für ihre Fortentwicklung und für die Beseitigung etwaiger Mängel muss es eine der Öffentlichkeit zugängliche Kommission geben, die aus Fachwissenschaftlern, Lehrern, Verlegern von Publikumsverlagen, Jugendbuchverlegern, Schulbuchverlegern, Journalisten und Autoren bestehen soll.
5. Die Rechtschreibregeln sollten allgemein im gesamten deutschen Sprachraum verbindlich sein – neben den eigenen Regeln in der Schweiz sollte es keine weiteren eingeschränkten Regeln geben.
6. Kinder- & Jugendbücher sowie Schulbücher sind Investitionen in die Zukunft der Kinder – sie sollten nach eindeutigen und verabredeten Kriterien gestaltet sein. Da die Rechtschreibreform bei den Schul- sowie Kinder- & Jugendbuchverlagen – entgegen der verbreiteten Mär vom großen Geschäft – nur zusätzliche Kosten verursacht und keinerlei zusätzliche Einnahmen verursacht hat, ist eine erneute Rechtschreibreform (und sei es eine schleichende) den Verlagen nicht zuzumuten.
7. Das bedeutet keineswegs, dass die Investitionen von gestern (also Bücher mit der alten Rechtschreibung) wertlos sind. Niemand muss Bücher in der alten Rechtschreibung, auch keine Schulbücher, auch keine Bücher auf einem bestimmten Stand der Rechtschreibreform nur wegen der Rechtschreibung aus dem Verkehr ziehen oder wegwerfen.“

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