Verlag an der Ruhr informiert zum Thema „Neue Rechtscheibung und kein Ende in Sicht“

Wilfried Stascheit, Verleger des Verlags an der Ruhr, hat eben eine Erklärung zum Thema „Neue Rechtscheibung und kein Ende in Sicht“ herausgegeben:

1. Oh, wenn doch in Deutschland in den letzten Jahren jemals eine Debatte um Schule,

Wilfried Stascheit

Erziehung und unsere kulturelle Zukunft so vehement geführt worden wäre, wie diese Debatte um Rechtschreibung.

Preußischer Regelungswahn ist allemal einfacher durchzusetzen als eine pädagogische Öffentlichkeit mit einem halbwegs rationalen Diskurs. War es nicht die Zeit der alten Rechtschreibung, in der die Grundlagen für das schlechte Abschneiden bei PISA etc. gelegt wurden? – Um einmal unsachlich zu fragen.

Es gibt leider zu viele Menschen, die die Frage um ihre Meinung zu den Ideen eines neuen Textes, den man ihnen zur Beurteilung überlassen hat, mit dem Hinweis beantworten, da seien noch zwei Rechtschreibfehler drin.

2. Merkwürdig ist, dass die meisten Beteiligten an der Diskussion gar keine Betroffenen sind: Niemand hindert einen Verlag oder einen Schriftsteller daran, das zu veröffentlichen, was er mag und wie er es mag.

Die einzige Stimme (Herr Klett hat es wohl nicht so gemeint oder wenn dann nur für Klett-Cotta) aus der Riege der pädagogischen Verleger mag man durchaus mit Misstrauen betrachten. Wer in seinen Veröffentlichungen Literatur kaum anders zu sehen vermag als einen Steinbruch zu Übungen für Sprachlehre und Rechtschreibung hat wohl sowieso einen etwas beengten Begriff von Literatur und Kultur. Auf jeden Fall ist er ein äußerst zweifelhafter Kronzeuge fürs Feuilleton.

3. Die Kosten sind da, ob mit Übergangszeit oder ohne (Korrekturleser, Layouter, Drucker). Schon bei der Einführung dieser unsäglichen Rechtschreibreform haben wir die Erfahrung gemacht, dass Bücher (Unterrichtsmaterialien, Lernhilfen) in alter Rechtschreibung schlicht nicht mehr verkäuflich waren. Das ist doch eine klare Logik: Warum soll ich mir etwas kaufen, von dem ich weiß, dass es ein Auslaufmodell ist. Welcher vernünftige Mensch tut das schon?

Übergangszeiten als Argument anzuführen ist pure Augenwischerei.
Zusätzlich geht es aber auch um völlig vergeudete, sinnlose Arbeitszeit. Gibt es wirklich keine dringenderen Probleme in der Schule, für die wir alle unsere begrenzte Zeit einsetzen sollten? So verbohrt wird doch hoffentlich keiner sein und die Rechtschreibreform monokausal zum Urgrund für alles Elend zu machen. Aber das wäre der einzige Grund, der Vernichtung von Kreativzeit rechtfertigen würde.

4. Ja und wofür das alles? Wo soll es denn hingehen? Ich habe viel gelesen in den letzten Wochen. Viel aggressives „Nein“ zur Reform. Nur welchen Weg weisen wir „der Handvoll Schulkinder“, nach der sich eine „Millionen-Schreibgemeinschaft“ nicht richten darf (Karin Pfeiffer-Stolz)? Die Wortwahl legt es nahe: Zurück, nach hinten! Früher war alles besser!

Aber vermutlich (und hoffentlich) herrscht auch da keine Einigung. So what?

5. Ich habe in den 25 Jahren, in denen ich jetzt Verleger in einem pädagogischen Verlag bin, eigentlich durchgehend gegen die Missachtung und Geringschätzung von Pädagogik gekämpft, gegen die Pawlowsche Assoziation des Lämpelschen Belehrens und des erhobenen Zeigefingers. So bin ich einiges gewöhnt.

Aber Zeitpunkt, Umfang, Art und Thema der jetzigen Diskussion machen mich ziemlich fassungslos.

Wilfried Stascheit
info@verlagruhr.de

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