Kaffeehaussitzers Netzrückblick Fundstücke aus den Literaturblogs – März 2021

Uwe Kalkowski

Der zweite März ohne Buchmesse; das ist bitter, zumal ein Ende der momentanen Situation nicht abzusehen ist. Keine Buchmesse, gestrichene Literaturformate im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk – die Präsenz von Büchern im öffentlichen Raum wird dadurch weniger. Zum Glück gibt es in der Welt der Literaturblogs keine Ermüdungserscheinungen und auch im März sind wieder viele lesenswerte Texte online gegangen. Wie immer am Ende eines Monats habe ich ein paar davon herausgesucht.

Der Deutsche Sachbuchpreis geht nach der coronabedingten Verschiebung des letzten Jahres jetzt in die erste Runde. Anfang März wurde bekannt gegeben, dass acht Blogs das Preis-Procedere begleiten werden. Es handelt sich um folgende Bloggerinnen und Blogger: Sandro Abbate mit novelero, Romy Henze mit Travel Without Moving, Juliane Noßackund Stefan Diezmann mit Poesierausch, Sascha Pommrenke mit Koreander, Bettina Schnerr mit Bleisatz, Anne Spitzner mit ihrem BookTube-Kanal Literaturlärm, Steffen Twardowski mit Sachen lesen und Petra Wiemann mit Elementares Lesen. Ein tolles Team, wir dürfen gespannt sein!

Simone Sauer-Kretschmer schreibt in ihrem Blog Books and Babies darüber, wie aus Kindern begeisterte Leserinnen und Leser werden – natürlich gibt es dafür kein Patentrezept, aber sie hat in ihrem Beitrag viele wertvolle Tipps zusammengestellt.

Virgina Woolf hatte am 28. März ihren achtzigsten Todestag. In Nicole Seiferts Blog Nacht und Tag gibt es – natürlich bei diesem Blognamen – einen ausführlichen Beitrag über das Leben dieser ikonischen Autorin.

Sarah Reul hat sich in ihrem Blog pinkfisch mit Tove Jansson beschäftigt – in einer ganzen Beitragsstrecke, für die sie unter dem Hashtag #ToveJanssonentdecken eine Woche lang die vielen Facetten dieser Künstlerin, Autorin und Zeichnerin vorgestellt hat. Ein großartiges Projekt, bei dem es in der Tat viel zu entdecken gibt.

Das Stichwort »entdecken« passt im Zusammenhang ganz gut, denn genau dieses Entdecken ist in den Wochen und Monaten der vielerorts nicht betretbaren Buchhandlungen schwieriger geworden. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich diese Zufallsfunde in den Buchhandlungen meines Vertrauens vermisse. Dafür bin ich im März in einigen Literaturblogs auf Bücher gestoßen, die sonst komplett an mir vorbeigegangen wären.

In The Daily Frown etwa bespricht Fabian Thomas den Roman »Man vermisst diesen Planeten« von Pascal Richmann, »eine vielstimmige Collage, die eine Geschichte der Obssessionen erzählt«. 

Lisa Evertz stellt im Blog Trouvailles littéraires das Buch »Goodbye, Bukarest« von Astrid Seeberger vor, das ich in einer Buchhandlung schon aufgrund des Covers sofort in die Hand genommen hätte. Ich bin Cover-Käufer und historische Schwarzweiß-Photos von Straßenszenen oder alten Bauwerken wecken fast immer mein Interesse.

In seinem Blog schreibt Sören Heim über »Das Gewicht aller Dinge« von Britta Röder: »Die ersten beiden Kapitel gehören zu dem Besten, was ich an zeitgenössischer Literatur in den letzten Jahren gelesen habe.« Auch wenn das Gesamturteil eher durchwachsen ausfällt, so macht mich dieser Einstieg doch sehr neugierig.

Aus Island kommen im März nicht nur die Bilder aktiver Vulkane, sondern auch ein Gedichtband der Lyrikerin Linda Vilhjálmsdóttir: »das kleingedruckte«, erschienen im wunderbaren Elif Verlag. Im Blog Wortspiele stellt Wolfgang Schiffer das Buch vor.

»Wie Dinge sind« ist »eine Graphic Novel wie ein raffinierter Arthouse-Kurzfilm, in dem viel geschwiegen wird.« So beschreibt Lena Stöneberg im Blog Wortgelüste ein neues Werk der kanadischen Comiczeichnerin gg. Bilder voller Melancholie.

Kein Geheimtipp ist das neue Buch von Sophie Passmann, »Komplett Gänsehaut«. Es war viel Unterschiedliches dazu zu lesen, sehr schlüssig fand ich die Rezension von Katharina Herrmann im Blog Kulturgeschwätz: »Eine ziemlich klassische Abgrenzung von der langweiligen Mittelschicht durch jemanden, der nicht zu ihr gehört, aber glaubt, zu ihr zu gehören.«

Im Blog AstroLibrium kündigte Blogger Arndt Stroscher ein neues Projekt und dessen Premiere an. Zusammen mit der Münchner Glockenbach-Buchhandlung und dem Literatur Radio Hörbahn wurde ein Interviewformat als Symbiose aus Buchblog, Buchhandlung und Radio geschaffen. Der Name: Die GlockenbachWelle. Die erste Podcast-Folge ist online. Eine wunderbare Idee; ich wünsche gutes Gelingen!

In meinem eigenen Blog Kaffeehaussitzer stelle ich im März u.a. »Räuber« vor, das neue Buch von Eva Ladipo. Vor dem Hintergrund des aus allen Fugen geratenen Wohnungsmarkts ist der Roman das Porträt einer Gesellschaft, deren Spaltung sich täglich durch politische Ignoranz, Gier, Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit vertieft.

Sehr beneidet habe ich im März Marc Richter, der in seinem Blog Lesen macht glücklich darüber schreibt, wie er jetzt endlich die Gereon-Rath-Reihe von Volker Kutscher für sich entdeckt hat. Wie wunderbar, diese Bücher noch vor sich zu haben – seit Erscheinen des ersten Bandes fiebere ich jedem neuen entgegen.

Und da wir gerade bei Krimis sind: Die knackigen Kurzrezensionen im Blog Kaliber 17 geben immer wieder interessante und spannende Leseanregungen; so auch in der neuen Folge im März.

Damit schließt die zweite März-Kolumne in Coronazeiten. Vor genau einem Jahr schrieb ich an dieser Stelle: »Ich wünsche uns allen, dass wir diese Zeit gut überstehen.« So kann man Texte wiederverwerten, denn an diesem Wunsch hat sich nichts geändert. An dieser Zeit leider auch nicht.

Passen Sie auf sich auf.

 

Uwe Kalkowski ist seit über 25 Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Seit August 2019 arbeitet er als Produktmanager für den Eichborn Verlag. In seinem Blog Kaffeehaussitzer schreibt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse und stellt in der monatlichen Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« auf buchmarkt.de lesenswerte Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs vor. „Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben“, wie er sagt.

 

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