Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: Büchnerpreis für Emine Sevgi Özdamar

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

  • „Leipzig liest kein Buch“: Im akademischen Non-Book-Sektor: Die Universität Leipzig wickelt ihre Buchwissenschaft ab. Und damit eine bedeutende Traditionslinie der Stadt. „In Kollegenkreisen gilt als ausgemacht, dass die geschrumpfte Buchwissenschaft in Leipzig kein ernst zu nehmender Ansprechpartner mehr sein wird. Völlig zum Er­liegen kommt die historische Perspektive, was gerade in Leipzig ironisch wirkt, denn ihre Blüte hatte die Buch- und Verlagsstadt in der Vergangenheit.“
  • „Rückkehr zur Bühne“: Der Büchnerpreis für Emine Sevgi Özdamar gilt einer Pionierin der Migrantenliteratur und einer Zeitzeugin des Theaters, die daraus große Romane geschöpft hat. „Die Darmstädter Akademie hat mit ihrer Preisvergabe das Momentum dieses Romans noch einmal verlängert, und das ist gut so, denn das Buch ist eine singuläre Leseerfahrung. Das ‚Hochpoetische‘ darin ist gerade nicht nur ‚Sound‘, sondern Elementarerfahrung dieser Autorin, die in der Welt eine Schönheit (der Menschen, Straßen, kleinen Dinge, aber auch des Widerstands) zu ent­decken versteht, die nur in diesem individuellen Tonfall verständlich ge­macht werden kann mittels Wiederholungen, Variationen, Übersetzungen.“
  • „Lasst die Scheiben fliegen“: Ein Lehrstück in Sachen Fake News: Der Historiker Gerhard Wiechmann zeichnet nach, wie zwei Hirngespinste sich zu Geschichten über UFOs verknüpften. „Der Clou des Buches ist es, nachvollziehbar zu machen, dass gerade die Verdopplung des Wahnsinns zu einem erstaunlich stabilen, von diversen Medien aus nackter Sensationslust beförderten Narrativ geführt hat. Diese Verbindung nämlich erlaubte es, das vermeintliche Ufo-Rätsel zu lösen, ohne auf eine ebenso spektakuläre Theorie verzichten zu müssen. Im Internetzeitalter, prädestiniert für jeden Verschwörungsmurks, haben nun beide Seiten der imaginären Scheiben Konjunktur.“
    Gerhard Wiechmann, Von der deutschen Flugscheibe zum Nazi-UFO. Metamorphosen eines medialen Phantoms 1950–2020 (Brill Schöningh Verlag)
  • „Wie wir uns entmenschlichen“: Wer aber ist „Wir“ überhaupt? Die Neuübersetzung der frühen Essays von James Baldwin macht Texte wieder zugänglich, die die wichtigen Themen der Gegenwart ansprechen. „Es gibt nur wenige Jahrhunderttexte, in denen sich Persönliches und Zeitgeschichtliches, Öffentliches und Intimes, Familiensorgen und politische Entwicklung derart verschränken und verdichten wie im Titelessay dieser Sammlung.“
    James Baldwin, Von einem Sohn dieses Landes. Essays (aus dem amerikanischen Englisch und Nachbemerkung von Miriam Mandelkow; Vorwort von Mithu Sanyal; dtv)
  • „Am Ende des Lebens“: Elke Büdenbender und Eckhard Nagel sprechen über das Sterben. „Die Autoren dieses Gesprächsbands – sie Katholikin, er evangelischer Christ – sind nicht vermessen; vom Titel abgesehen, behaupten sie nirgends Vertrautheit mit dem Tod. Ihr Gespräch mäandert von einer verlorenen Ars Moriendi über die beklagte Ausgrenzung des Sterbens aus den heutigen Lebensvollzügen bis hin zum Umgang mit Tod und Sterben in der Pandemie. Die Begriffe Würde, Schmerz und Ritual fehlen dabei nicht. Auch die rechtlichen und medizinethischen Probleme, etwa der Triage bei knappen Ressourcen auf Intensivstationen, bleiben nicht unerwähnt.“
    Elke Büdenbender und Eckhard Nagel, Der Tod ist mir nicht unvertraut. Ein Gespräch über das Leben und das Sterben (Ullstein Verlag)

  • „Einsame Größe“: Damit wird die Welt der deutschen Literatur endlich weit: Die Schriftstellerin Emine Sevgi Özdamar bekommt den Georg-Büchner-Preis. „Mit Emine Sevgi Özdamar bekommt eine Schriftstellerin den Büchnerpreis, deren Kanon eine Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung brauchen kann. Die aber darüber hinaus bis heute einen umwerfenden Humor hat für das Deutsche und seine Zumutungen.“
  • „Archaische Stille“: Marica Bodrožić ist auf den Spuren Walter Benjamins über die Pyrenäen gewandert. Und hat die Zeitdimension jenseits der Menschheitskatastrophen gefunden. „Was Marica Bodrožić unter den zeitgenössischen Denkern auszeichnet ist, dass sie sich nicht katastrophensüchtig an vergangenen und gegenwärtigen Dramen ergötzt. Selbst über der Erinnerung an Völkermord, Kriege und Diktaturen leuchtet bei ihr eine andere Zeitdimension, die eine ‚messianische Zuspitzung des Lebendigen mitten im Lebensfeindlichen‘ erlaubt.“

    Marica Bodrožić, Die Arbeit der Vögel. Seelenstenogramme (Luchterhand)

  • „Verhängnisvoller Fatalismus“: Kristina Gorcheva-Newberry versucht in ihrem ersten Roman, die russische Mentalität der Gegenwart zu erklären. „Das Leben vor uns ist nun also ihr erster Roman, geschrieben in der besten aller Absichten: Russland, also das geschundene putin-ferne, das so seltsam duldsame Russland, amerikanischen Lesern nahezubringen. Dafür betreibt sie erheblichen enzyklopädischen Aufwand, buchstabiert geduldig Speisen und Getränke jener Jahre, Kleidung und Rockstars, Filmtitel und Apfelsorten, literarische Klassiker (Tschechow!).“
    Kristina Gorcheva-Newberry, Das Leben vor uns (aus dem Englischen von Claudia Wenner; Verlag C.H.Beck)

 

  • „Von der Wörtersammlerin zur Bewohnerin der deutschen Sprache“:
    Emine Sevgi Özdamar erhält hochverdient den Georg-Büchner-Preis. „Ihre Erzählweise ist besonders, weil sie durch ihre Mehrsprachigkeit gefärbt ist. Damit steht sie heute neben vielen anderen Autorinnen und Autoren, die sich entschieden, auf Deutsch zu schreiben, obwohl sie nicht mit dem Deutschen aufgewachsen sind. Erstmals geht der seit 1951 vergebene Büchner-Preis an solch eine Schriftstellerin.“
  • „Leipzig plant für April: Buchmesse will zurück in die Hallen“: „Nach drei coronabedingten Absagen in Folge hat die Leipziger Buchmesse für 2023 neue Formate und eine veränderte Anordnung der Ausstellungsbereiche vorgestellt. Abweichend vom traditionellen Termin Mitte März soll die Messe vom 27. bis 30. April stattfinden. Oberstes Credo sei die Rückkehr in die Messehallen, erklärte Buchmessedirektor Oliver Zille am Dienstag.“
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