Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:
- „Ich bin, weil du bist“: Die Kulturelite klatscht stehend Beifall, während ihr die Grundlagen ihres Denkens entzogen werden: die Frankfurter Buchmesse 2021 im Rückblick. „Es gibt da eine Offenheit und Demut von Jurys und Kulturfunktionären, die einen allerdings – gerade weil sie die Tränen in den Augenwinkeln an diesem Sonntag so schön glitzern ließ – eines fürchten lässt: Wenn in Deutschland die Rührung so groß ist, folgt oft wenig später ein Backlash. Und sei es von ganz rechts außen. Dem wird zu parieren sein, auf Twitter und hoffentlich auch wieder auf den Gängen der Buchmessen kommender Jahre.“
Das Politische Buch
- „Berg, Land, Fluss“: Tim Marshall hält die Geografie für wichtiger als die Politiker. Seine Weltreise ist sehr unterhaltsam, die Landkarten sind es weniger. „Gar nicht amused sind wir dagegen von den zehn Karten, die laut Titelseite ‚die Politik von heute und die Krisen der Zukunft‘ erklären sollen. Es sind Doppelseiten mit skizzierten Ansichten der jeweiligen Staaten: ziemlich inhaltsleer und grau in grau gestaltet.“
Tim Marshall, Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert. 10 Karten erklären die Politik von heute und die Krisen der Zukunft (aus dem Englischen von Lutz-W. Wolff; dtv)
- „Die Frau an Bidens Seite“: Marie-Astrid Langers kluge Betrachtung über Kamala Harris. „Es ist das dritte deutschsprachige Porträt. Kurz nach Amtsantritt waren bereits die Übersetzungen einer Biografie sowie Harris’ politischen Manifests erschienen, die jedoch nur in Teilen überzeugten. Beide sind hier Grundlage, neben etlichen Zeitungsartikeln, Podcasts, TV-Interviews, Universitäts-Websites und auch Posts in sozialen Medien. Langer macht daraus und aus ihrem eigenen Wissens- und Beobachtungsschatz eine lesenswerte Darstellung, die so gescheit analysiert wie kurzweilig geschrieben ist.“
Marie-Astrid Langer, Kamala Harris – Ein Porträt (Suhrkamp-Verlag)
- „Ein kurzer Sommer der Hoffnung“: Zwei Bücher über den Aufstand der Frauen in Belarus. „Shparaga war schon lange, bevor die Frauen in Belarus die Bühne betraten, jemand, die sich für Frauenrechte und Gendergerechtigkeit in Belarus engagierte. Die tieferen Ursachen für das Erwachen der Zivilgesellschaft 2020 sieht sie vor allem in zwei Milieus, die sich etwa in den letzten zehn Jahren in Belarus gebildete hatten: das künstlerische Milieu und die IT-Branche. (…) Bota kommt aber auf der Grundlage vieler Gespräche mit Frauen, die sich auf unterschiedliche Weise engagierten, zu demselben Schluss. Sie erinnert daran, dass – anders als etwa in Deutschland – Frauen in Belarus als Programmiererinnen in der IT-Branche sehr zahlreich sind. Wie Shparaga macht sie auch den Umgang Lukaschenkos mit der Corona-Pandemie als einen Wendepunkt aus.“
Alice Bota, Die Frauen von Belarus. Von Revolution, Mut und dem Drang nach Freiheit (Berlin-Verlag)
Olga Shparaga, Die Revolution hat ein weibliches Gesicht. Der Fall Belarus. (aus dem Russischen von Volker Weichsel; Suhrkamp-Verlag)
- „Für die, die sich im Wal befinden: Wir brauchen eine neue Aufklärung“: Wie sich an der gewaltsamen Weltordnung rütteln lassen könnte. Die Friedenspreisrede von Tsitsi Dangarembga.
- „Wir sind da, also denken wir“: Bei der Verleihung des Friedenspreises an Tsitsi Dangarembga in der Paulskirche. „Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ist ein Preis ganz von dieser Welt, und es liegt viel in der Luft, in der er überreicht wird. Zutiefst beeindruckend, wie sich das in der Dankesrede von Tsitsi Dangarembga niederschlug, die für eine ’neue Aufklärung‘ plädierte.“
- „Wo bleibt der Jubel?“: Einmal Vulkan sein: Die Frankfurter Buchmesse hat eine schwere Zeit hinter sich. Nun fand sie wieder statt. Was wird von diesem Jahr bleiben? „Zwei Jahre nach der letzten, bei der man von Corona noch nichts ahnte und 7500 Aussteller gekommen waren, und ein Jahr nach der hybrid abgehaltenen Ausgabe unter dem fast schon galgenhumorig anmutenden Motto ‚All together now‘ trafen nun gut 2000 Aussteller auf insgesamt 73 000 Besucher. Dass die Hallen mitunter wie leer gefegt wirkten, war also vorhersehbar, dass die Terminkalender vieler Messeveteranen deutliche Lücken aufwiesen, auch, was immerhin zu mehr spontanen Begegnungen und entspannten Gesprächen führte. Gehetzt wirkten die wenigsten, auch wenn sich manche Verlage eine bessere Auslastung ihrer extra angereisten Autoren gewünscht hätten.“
- „Sturm aufs Rednerpult“: Der Friedenspreis wird unfriedlich verliehen. „Bei der Verleihung des Friedenspreises muss es nicht friedlich zugehen, Meinungsaustausch, auch Meinungsstreit gehören bei diesem dezidiert politischen Publizistikpreis dazu. Trotzdem war es ein Novum, dass gestern gleich zu Beginn der Feierstunde für die diesjährige Preisträgerin Tsitsi Dangarembga jemand anders unangekündigt in den Mittelpunkt rückte: die Frankfurter Stadtverordnete Mirrianne Mahn. Die städtische Referentin für Diversitätsentwicklung enterte das Rednerpult in der Paulskirche, unterbrach die Begrüßungsansprache ihres Oberbürgermeisters Peter Feldmann gegen dessen sanften Widerstand und gab eine flammende Stellungnahme zum Streit um die Präsenz rechter Verlage auf der Buchmesse ab.“
Kinder- und Jugendbuch
- „Folgsam und leidenschaftlich zugleich“: Lafcadio Hearn erzählte das japanische Märchen nach, Anita Kreituse setzte es ins Bild: Der Junge, der Katzen malte ist eine Entdeckung. „Für die nun ins Deutsche übersetzte und großzügig gestaltete lettische Ausgabe des Märchens hat Kreituse Doppelseiten gezeichnet, von denen mehrere aufeinanderfolgen, bevor dann jeweils eine Seite ausschließlich dem Text gewidmet ist. Dieser Wechsel von Lesen und Schauen ermuntert dazu, genau hinzusehen.“
Lafcadio Hearn, Der Junge der Katzen malte (aus dem Englischen von Gabriela Bracklo; Edition Bracklo) - „Als wir klein waren“: Ulf Starks schönster Kindersommer ist neu aufgelegt. „2006 ist Ein Sommer mit Percy und Buffalo Bill erstmals auf Deutsch erschienen, im Carlsen Verlag, aus dem Schwedischen übersetzt von Starks langjähriger Übersetzerin Birgitta Kicherer. Jetzt macht eine Neuauflage bei Urachhaus den großartigen Text wieder zugänglich und erinnert an Stark. Aber das Werk ist ja da, frisch und schwungvoll illustriert von Regina Kehn, deren Vignetten und käferbekrabbelte Vorsatzblätter mitsamt der sorgfältigen Gestaltung aus dem Buch ein Schmuckstück machen.“
Ulf Stark, Ein Sommer mit Percy und Buffalo Bill (aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer; Verlag Urachhaus) - „Hinter tausend Rollen ein verstörtes Leben“: Ursula Poznanski erzählt in Shelter von der Gefahr, Verwirrte aus ihren Verstecken zu locken. „Ursula Poznanskis neuer Roman Shelter hat sehr viel von dem, was fast alle ihre zuverlässig im jährlichen Rhythmus erscheinenden Jugendbücher seit Erebos (2010) prägt: Die Faszination, die von neuen Technologien und ihren Anwendungen ausgeht, steht ebenso im Zentrum wie die Gefahren, die damit verbunden sind. (…) Die Antwort darauf ist komplex. Auch davon spricht dieser hervorragende Jugendroman.“
Ursula Poznanski, Shelter (Loewe Verlag) - „Wunder des Lesens“: Anne Tyler zum achtzigsten Geburtstag. „Die wegen ihrer hohen Produktivität unterschätzte Menschengattungskennerin feiert in Baltimore heute ihren achtzigsten Geburtstag.“