Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Ein stilles, ein kluges Buch“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

  • „Zweifel? Kennt er nicht, hat er nicht“: Immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Stefan Aust erzählt in seiner Autobiographie viel von der jüngsten Vergangenheit und wenig von sich selbst. „Es ist eine eigenwillige Interpretation der Gattung Autobiographie, wenn Stefan Aust nach den Jahren der Revolte und einer großen Reise durch Amerika von Stefan Aust so gut wie gar nicht spricht. Zweifel, Krisen, unerfüllte Wünsche, gefährliche Gedanken, verbotenes Begehren: Kennt er nicht, hat er nicht, und wenn doch, dann schweigt er davon, was ja sein gutes Recht ist.“
    Stefan Aust, Zeitreise. Die Autobiografie (Piper Verlag)
  • „Auf der Flucht vor Marmorkuchen“: Goran Ferčec liefert die Quintessenz seines Romans über ein nachjugoslawisches Einzelschicksal im Titel selbst: Wunder wird es hier keine geben. „Bei Ferčec stellen ellen­lange Aufzählungen von Stücken in Schuppen und Keller eine Herausforderung dar, zur Kapitulation zwingen Doppelungen wie ‚Bender sagt, er glaube ihm nicht. Ich glaube dir nicht, sagt Bender‘ oder allzu schlichte Strukturen wie ‚Bender schlägt die Zeitschrift zu. Bender legt die Zeitschrift weg. Bender legt den Kopf zurück und schließt die Augen‘.“
    Goran Ferčec, Wunder wird es hier keine geben (aus dem Kroatischen von Mascha Dabić; Residenz Verlag)
  • „Pfälzische Seide“: Das Große im Kleinen: In seinem letzten Buch erzählt Michael Stolleis regionale Rechtsgeschichte. „Ein stilles, ein kluges Buch, das vor Augen führt, was wir nach dem Tod von Michael Stolleis vermissen werden: Eleganz und Ökonomie in der Komposition wie im Ausdruck. Und ja, den notwendigen Gran Heimat­liebe.“
    Michael Stolleis, recht erzählen. Regionale Studien 1650–1850 (Vittorio Klostermann Verlag)

  • „Herzzerreißend“: Drachenläufer-Autor Khaled Hosseini über die Bilder und Nachrichten aus Afghanistan.
  • „Ein frisches Paradox“: Seit zwanzig Jahren seziert der indische Essayist Pankaj Mishra den kolonialen Hochmut des Westens. Was hat sich in dieser Zeit geändert? „Die Wahrheit ist, dass Freundliche Fanatikeru Schwächen hat. Wenn der Super-Eklektiker Mishra für seine Kritik am Liberalismus den russischen Schriftsteller Alexander Herzen heranzieht, dann merkt man vor allem, wie wenig Russland, zumal das zaristische, als Referenzsystem für solche Überlegungen taugt. (…) Dennoch enthält Freundliche Fanatiker glänzende Passagen, in denen Mishra zusammendenkt, was zusammengehört.“
    Pankaj Mishra, Freundliche Fanatiker. Über das ideologische Nachleben des Imperialismus (aus dem Englischen von Laura Su Bischoff und Michael Bischoff, S. Fischer)
  • „Vollrausch mit Fußnoten“: Die Schönheit preisen, bevor sie stirbt: Philippe Monniers Venedig im achtzehnten Jahrhundert. „An rhetorischem Glanz und metaphorischer Pracht wird nicht gespart. Im Gegenteil, es wird alles aufgeboten, was ein ebenso redseliges wie gründlich gebildetes spätes 19. Jahrhundert zu bieten hat.“
    Philippe Monnier, Venedig im achtzehnten Jahrhundert (aus dem Französischen von Rudolf Engel; Die Andere Bibliothek)
  • „Künstliche Reißer“: Fast ein Vater, Alejandro Zambra typologisiert chilenische Dichter. „Manche Einfälle und Anekdoten sind einigermaßen skurril, andere irritierend (…). Dazwischen stehen amüsante Dichterporträts oder Anekdoten wie die von dem etablierten Publizisten (…). Schöne Facetten zeigt dieses literarische Kaleidoskop also allemal.“
    Alejandro Zambra, Fast ein Vater (aus dem Spanischen von Susanne Lange; Suhrkamp)

  • „Das politische System der USA beruht auf Sabotage und Gegensabotage“: Colson Whitehead über den Rassismus der amerikanischen Popkultur, Fragen, die nur Weiße stellen, apokalyptische Langeweile und seinen Roman Harlem Shuffle.
  • „Schatten und Hitze in Seoul“: Der surrealistische Roman Weiße Nacht stellt die erfolgreiche südkoreanische Autorin Bae Suah dem deutschsprachigen Publikum vor. „Bae Suah schwelgt in ihrem ersten nun auch auf Deutsch veröffentlichten Roman, der im Original bereits 2013 erschienen ist, in Metaphern. Da klingt der Verkehrslärm auch schon mal ‚wie ein brennendes Gerstenfeld‘. Am auffälligsten und intensivsten ist diese Bilderlust bei der Beschreibung der Hitze in Seoul: ‚Die hochsommerliche Metropole glich einem Tempel der betäubenden Mattigkeit, der vor tausenden Jahren von einem lange verschollene, dem Hitzekult frönenden Volk errichtet worden war.'“
    Bae Suah, Weiße Nacht (aus dem Koreanischen von Sebastian Bring; Suhrkamp Verlag)
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