Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Ein umwerfender Roman“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Träume einer überhitzten Phantasie“: Zum ersten Mal vollständig auf Deutsch: Walter Scotts Essay über E.­T. A. Hoffmann ist von Vorurteilen und Sympathie geprägt. „Es spricht der Romantiker Sir Walter Scott, der mit diesem Text maßgeblich zum kritischen Bild des bizarren, verrückten Gespenster-Hoffmann beitrug. Goethe hat das mit einem Rezensionsauszug noch verstärkt, natürlich lässt er sich Scotts Bemerkung, Hoffmanns serapiontische Selbstbefeuerungen glichen doch sehr einem übermäßigen Opium-Konsum, nicht entgehen.“

  • Sir Walter Scott, E. T. A. Hoffmann und das Übernatürliche (aus dem Englischen, mit Anmerkungen und Nachwort von Till Kinzel; Karolinger Verlag)

„Das Leben ist kein Tiramisu“: In ihrem Roman Das Wasser des Sees ist niemals süß erinnert Giulia Caminito nachdrücklich an die Regeln des gesellschaftlichen Fair Play. „Jede italienische Schriftstellerin darf sich freuen, wenn ihr Werk von Barbara Kleiner ins Deutsche gebracht wird. Beim neuen Roman von Giulia Caminito Das Wasser des Sees ist niemals süß durfte sich auch die Übersetzerin freuen, denn die Autorin fängt an, wo sie in ihrem ersten auf Deutsch erschienenen Roman Ein Tag wird kommen aufhörte: Mit klarer Sprache entwirft sie eine packende Szenerie, ohne seitenlangen Anlauf voller enervierender Vergleiche.“

  • Giulia Caminito, Das Wasser des Sees ist niemals süß. Roman (aus dem Italienischen von Barbara Kleiner; Wagenbach Verlag)

„Quadratur des Zeitgeists“: Ein neuer Steppenwolf trifft auf das alte Urknalltrauma: Zoë Jenny verliert sich im interstellaren Nichts. „Handwerklich ist es eine gern ins Sentenzenhafte neigende, unmotiviert mit Lexikonwissen angefüllte Erzählung nach Baukastenprinzip, die auch durch ihren Vorbeiflug an der Lichtjahre entfernten Hesse-Galaxie nicht wirklich an Anziehungskraft gewinnt. Ein alter Mann ist kein D-Zug, sagte man früher. Zoë Jenny zeigt: Noch viel weniger ist er Rakete.“

  • Zoë Jenny, Der verschwundene Mond (Frankfurter Verlagsanstalt)

„Im dunklen Wald des Begehrens“: Der Druck lastet fast immer auf den Frauen: Katherine Angel erörtert die heutige Sexualmoral, Konsenskultur und deren Grauzonen. „Frauen und Begehren, wie der Untertitel lautet, ist zwar ein komplexes Thema. Umso wichtiger wäre es gewesen, es in Form zu bringen. Angel befasst sich mit den Diskussionen um Sexualität, die nach MeToo neue Fahrt aufgenommen haben: Konsens und seine Grauzonen, Machtverhältnisse, Rezeption weiblichen Begehrens, Opferumkehr nach Vergewaltigungen, Sex in Beziehungen. Was sie ihnen im Vergleich zum Stand der Debatte von 2018 hinzufügt, ist allerdings nicht ganz klar.“

  • Katherine Angel, Morgen wird Sex wieder gut. Frauen und Begehren (aus dem Englischen von Zoë Beck und Annika Domainko; Hanser Verlag)

„Verführung zum Grauen“: Wie Horror im Comic die Bilder unseres Unterbewussten ans Licht brachte und deswegen bald in den Untergrund gedrängt wurde. „Eine Pathologie des Untergrunds der amerikanischen Kultur und der Aktionen der puritanischen Nachkriegsgesellschaft dagegen. Alles findet diese Gesellschaft in diesen Comics ins Bild gebracht, was sie mit Tabus belegt, Sexualität, Unterdrückung, exzessive Gewalt.“

  • Alexander Braun, Horror im Comic (Avant Verlag)

„‚Frauen sind mein Planet'“: Atemberaubendes Leben: Die Widerstandskämpferin, Schauspielerin und Schriftstellerin Goliarda Sapienza wird wiederentdeckt. „Es handelt sich um einen kraftvollen Bericht, der die Nachtseite des modernen Italiens in den Blick nimmt. Die Ich-Erzählerin agiert unter Klarnamen, schildert die unzumutbare Enge, die unfassbare Verwahrlosung und die Gemeinschaft unter den Frauen. Ihr gelingt ein soziologisch tiefenscharfes Fresko, in dem sie den radical chic der Terroristinnen ebenso beschreibt wie die seelische Zerrüttung der Drogenabhängigen und die Zwangslage vieler Schließerinnen.“

  • Goliarda Sapienza, Tage in Rebibbia. Gefängnistagebuch (aus dem Italienischen von Verena von Koskull; Aufbau)

„Letztes Gespräch, ohne Worte“: Rayk Wielands Roman über die seltsame Obsession des Duells. „Mag man anfangs etwas schwer einsteigen, weil einem der Gedanke an Duelle tief in der Vergangenheit verschwunden zu sein erscheint, so fesselt der Roman umso mehr, wenn die idée fixe dieses Erzählwerks, beim Leser zu wirken beginnt: Duellieren als konsequenteste Form eines ultimativen Gesprächs.“

  • Rayk Wieland, Beleidigung dritten Grades. Roman (Kunstmann)

„Was Jean uns weismachen möchte“: Yves Raveys raffinierter Spannungsroman Die Abfindung. „Diesen Roman kann man in einem Rutsch lesen, sogar relativ mühelos. Denn er umfasst nur rund 100 recht kleinformatige Seiten, außerdem ist er unprätentiös geschrieben – und er ist ein stilistisches wie inhaltliches Kraftpaketchen.“
  • Yves Ravey, Die Abfindung. Roman. (a. d. Franz. v. Holger Fock und Sabine Müller; Liebeskind)

„Snoopy-Pullover und Killerkommandos in Neukölln“: Behzad Karim Khanis umwerfender Roman Hund, Wolf, Schakal. „Und nichts anderes als ein solcher Traum ist auch das Buch, das wir in Händen halten. Literatur verwandelt die Schrecken der Wirklichkeit in Produkte unserer Fantasie. So beherrschen wir sie zwar nicht in Wirklichkeit, aber doch wenigstens in unserem Kopf. Dort können wir Möglichkeiten ersinnen, mit dem Abbild der Wirklichkeit fertig zu werden.“

  • Behzad Karim Khani, Hund, Wolf, Schakal (Hanser Berlin)
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