Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Ein wunderschön unkonstruktiver Roman“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Opfer eines wild wuchernden Egos“: Eine Entdeckung aus Frankreich: Mit Jims Roman erscheint ein erstes Buch des erstaunlichen Pierric Bailly. „Jims Roman ist bei aller Tristesse ein wunderlicher und schöner Roman über Vaterschaft in kippelig gewordenen Verhältnissen. Zielsicher trifft er den Nerv einer Zeit, in der sich Väter auf Baukränen verschanzen für das Recht, ihre Kinder zu sehen. (…) Jims Roman ist der erste von Baillys Texten, der ins Deutsche übertragen wurde; hierzulande hat er bislang bedauerlich wenig Echo gefunden. Man wünscht ihm viele Leser und hofft darauf, mehr von dem Autor kennenzulernen.“
  • Pierric Bailly, Jims Roman. (aus dem Französischen von Paul Sourzac;  Secession Verlag für Literatur)

„Alles Leben kommt in die Bibliothek“: Eine Frau rettet und verliert sich ins Schreiben: Anita Brookners Roman Seht mich an. „Seht mich an ist das dritte Buch von Anita Brookner, bereits 1983 erschienen und nun ins Deutsche übersetzt. Brookner lebte von 1928 bis 2016 und schrieb zwischen 1981 und 2009 insgesamt 24 Bücher, alle mit einer ähnlichen Protagonistin, in Parallelführung zum eigenen Leben der Autorin. Die Icherzählerin Frances aus Seht mich an soll ihr am meisten gleichen.“

  • Anita Brookner, Seht mich an. Roman. (aus dem Englischen von Herbert Schlüter; Nachwort von Daniel Schreiber; Eisele Verlag)

„Geld hat die Armen fest im Griff“: Jakob Guanzons Debütroman Überfluss erzählt vom Überleben am Rande der amerikanischen Gesellschaft und der Frage, was es bedeutet, ein guter Vater zu sein. „Überfluss ist eine Geschichte des Scheiterns, vom Ende her erzählt. Jakob Guanzon zeigt in seinem Debütroman, wie brutal es ist, in Amerika arm zu sein. An den amerikanischen Traum, der jedem Bürger ohnehin nur das Streben nach Glück verspricht, nicht das Glück selbst, ist gar nicht erst zu denken.“

  • Jakob Guanzon, Überfluss. Roman. (aus dem Amerikanischen von Dietlind Falk; Elster Verlag)

„Mitten im Niemandsland“: Erst zur Schau gestellt, dann versteckt: Franziska Grillmeier erzählt vom Elend an europäischen Grenzen. „Grillmeiers Bericht lässt keinen Zweifel daran, dass es unabhängige Beobachter braucht – an den Grenzen und in den Lagern, die in der Tradition Morias stehen. Es ist ihr unbestechlicher Blick auf ’noch rote Tomaten, die wie zerplatzte Luftballons in sich zusammengefallen waren‘, als letzte Zeugnisse des Lebens im abgebrannten Moria, der das Ausmaß zerplatzter Träume greifbar macht.“

  • Franziska Grillmeier, Die Insel. Ein Bericht vom Ausnahmezustand an den Rändern Europas. (C. H. Beck Verlag)

„‚Filter zeigen, was in der Gesellschaft schiefläuft'“: Die Essayistin Berit Glanz hat ein Buch über Tiktok-Ästhetik und Bildmanipulation geschrieben. Ein Interview.

  • Berit Glanz, Filter – Digitale Bildkulturen (Wagenbach-Verlag)

„Bye, bye, Baby“: Verena Keßler hinterfragt in ihrem Roman Eva den Sinn des Kinderkriegens und galant den des Lebens gleich mit. „Eva ist ein wunderschön unkonstruktiver Roman über ein Thema, bei dem das ‚Wir müssen jetzt‘ schon über die Lippen rutscht, bevor das Wort ‚Klimakrise‘ ausbuchstabiert ist. Stattdessen sagt es ohne Pathos und Selbstmitleid: Vielleicht gibt es keine Lösung. (…) Keine Frage, Eva ist ein bedrückender Roman. Hier wird nicht getröstet, gehofft, beschwichtigt. Aber, und da macht das Buch alles richtig, das soll Literatur auch nicht.“

  • Verena Keßler, Eva (Hanser Berlin)

„Ist der Geist eigentlich nur an den Universitäten zu Hause?“: Delegieren, zuarbeiten, Steckdosen reparieren. Steffen Martus und Carlos Spoerhase gehen auf 600 Seiten der Frage nach, was Geisteswissenschaftler eigentlich genau machen. „Geistesarbeit nennen die beiden Lehrstuhlinhaber ihr mehr als 600 Seiten starkes Buch, das den Geist allenfalls als eine Art Schemen voraussetzt und sich seinen dinglichen, institutionellen, psychologischen und auch sozialen Begleiterscheinungen widmet, dort also, wo er sich niederlassen muss, wenn man ihn anders nicht zu fassen bekommt.“

  • Steffen Martus, Carlos Spoerhase, Geistesarbeit. Eine Praxeologie der
    Geisteswissenschaften (Suhrkamp Verlag)

„Als Berlin tanzte“: Albrecht Dümlings exzellentes Recherchebuch über die Jazzband „Weintraubs Syncopators“. „Albrecht Dümlings Buch ist ein Paradebeispiel für sorgfältige Recherche – erst Dümling konnte den fatalen Denunziationsbrief einsehen – und erzählerische Intensität. Eine bewgende Hommage an jene Hochbegabten und Erfolgreichen, die vorm Naziterror aus Deutschland fliehen mussten. Nun steht der Wiederentdeckung dieser großartigen Berliner Jazzcombo nichts mehr im Wege.“

  • Albrecht Dümling, Mein Gorilla hat ’ne Villa im Zoo. Die Weintraubs Syncopators zwischen Berlin und Australien (ConBrio Verlagsgesellschaft)

„Die Frau, die verstummt ist“: Layla AlAmmars Das Schweigen in mir erzählt vom konfliktreichen Zusammenleben in einer britischen Großstadt. „Der Roman zeigt auf vielschichtige Weise die Entwicklung dieser Frau und lässt ihr doch Geheimnisse, die sich nur unzulänglich aus Therapeuten- und Krankenhausberichten zusammensetzen lassen. Die Reflexionen über die Gesellschaft lesen sich teilweise wie journalistische Kommentare. Im Erzählen ist das Ich unsicherer über den eigenen Platz im Ankunftsland, unentschiedener, bis in die Semantik hinein.“

  • Layla AlAmmar, Das Schweigen in mir. Roman. (a. d. Engl. v. Yasemin Dinçer; Goya)
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