Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Man muss dieses eigenwillige, raue Buch unbedingt lesen“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Überall den Buckel mit hingetragen“: Aus dem Schweigen Literatur gemacht: Dinçer Güçyeter hat mit Unser Deutschlandmärchen ein großartiges Buch über das Leben seiner Familie als Gastarbeiter geschrieben. „Mal zärtlich, oft grübelnd und wütend versucht Güçyeter rückblickend, das Er­lebte, das Handeln der Mutter und deren Doppelmoral zu verstehen. Fatma leidet unter den Auswüchsen der gefühlsarmen autoritären Männlichkeit in ihrer Generation, erwartet aber von Dinçer, zu einem ebensolchen Mann heranzuwachsen. (…) Nun ist es ihm gelungen, aus Fatmas Schweigen, das sie mit so vielen Frauen und Männern ihrer Generation teilte, großartige Literatur zu machen. Man muss dieses eigenwillige, raue Buch unbedingt lesen.“
  • Dinçer Güçyeter, Unser Deutschlandmärchen. Roman. (Mikrotext Verlag)

„Wird die Meinungsfreiheit denn tatsächlich zunehmend eingeschränkt?“: Im Mittelpunkt steht die Verkehrung der Verhältnisse: Adrian Daub zeigt, wie sich die Cancel Culture entwickelt hat und warum ihr Bezug zu Universitäten so wichtig ist. „Sein Buch zeigt vor allem, welch Projektion die Rede von der Cancel Culture ist. Daub analysiert, wie sich das Narrativ aus Anekdoten entwickelt hat, an denen diejenigen, die sie erzählen, selten teilhatten, zu denen sie, wenn überhaupt, nicht mehr als eine Person, nämlich die vermeintlich gecancelte, befragt haben; wie aus Gerüchten ein Diskurs wurde, der sowohl in den USA als auch in Europa verfing und der seitdem immer wieder und immer weiter die Gefahr beschwört: dass nämlich die Meinungsfreiheit zunehmend eingeschränkt werde, dass junge Linke, antirassistische und feministische Aktivistinnen, Anhänger der Identitätspolitik anderen, vor allem alten weißen Männern, den Mund verbieten würden.“

  • Adrian Daub, Cancel Culture Transfer. Wie eine moralische Panik die Welt erfasst. (Suhrkamp Verlag)

„Unterwegs nach Cambridge“: J. L. Carr hat mit Leben und Werk der Hetty Beauchamp einen sonderbaren, spannenden und unterhaltsamen Bildungsroman geschrieben, der tief ins reale und ins literarische England führt. „Nicht zuletzt wer Spaß an offenen und verdeckten literarischen Anspielungen hat, wird bedient, von Shakespeare über John Milton zu Alfred Tennyson und – unvermeidlich – Robert Browning (schon mal was von ‚Abt Vogler‘ gehört? Jetzt ja). “

  • J. L. Carr, Leben und Werk der Hetty Beauchamp. Roman. (aus dem Englischen von Monika Köpfer; Dumont)
„BRD Noir“: Frank Witzel hat einen Essay von 150 Seiten über eine einzige Folge der Krimiserie „Derrick“ geschrieben. Genauer: Über ein abstraktes Gemälde aus Österreich, das darin auftaucht. „Frank Witzel schreibt brillante Miniaturen, über Bandposter und Madonnenbilder, über die Theorie des Rahmens, über Katharsis und Zeitschaltuhren in Mietshäusern. Doch die Kohärenz des Texts droht darüber ein wenig verloren zu gehen (…).“
  • Frank Witzel, Kunst als Indiz: Derricks phantastischer Realismus. (Schlaufen Verlag)

„Der Wille zur Yacht“: Einmal volltanken für 1,5 Millionen Dollar: die Superyacht als Phänomen der Gegenwart. „Wer über Superyachten schreibt, hat meistens keine. Überhaupt scheint es nur eine einzige Schriftstellerin zur Superyacht gebracht zu haben – die Harry-Potter-Erfinderin J. K. Rowling. Allen anderen bleiben damit bloß zwei Tonlagen übrig: unterwürfige Bewunderung – oder Schreiben mit geballter Faust.“

  • Grégory Salle, Superyachten. Luxus und Stille im Kapitalozän. (aus dem Französischen von Ulrike Bischoff; Suhrkamp)

„Hier spielt die Musik“: Kulturgeschichte am eigenen Fall: Der Historiker Wolfgang Hardtwig erzählt wundervoll von seiner Kindheit auf dem Dorf. „Die Geschichte im Kleinen, der mit kühlem Abstand und liebevollem Verständnis umrissene eigene Fall wird transparent zur Geschichte im Großen. Als autobiographischer Historiker kann man es kaum besser machen.“

  • Wolfgang Hardtwig, Der Hof in den Bergen. Eine Kindheit und Jugend nach 1945 (Vergangenheitsverlag)
„Nur mit dem Schwert“: Jörg Bong erzählt spannend und deprimierend von der gescheiterten Revolution von 1848. „Der frühere Geschäftsführer der S. Fischer Verlage konzentriert sich auf ein überschaubares Tableau von Personen, deren Schicksal er über wenige Monate hinweg verfolgt. Ein packendes Szenario entsteht.“
  • Jörg Bong, Die Flamme der Freiheit (Kiepenheuer & Witsch)
Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert