Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Robert Seethaler legt die Lunte ans gewohnte Erzählen“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Erfolg ist ja eine zweitrangige Sache“: Mit den großen Musikern am runden Tisch: Chris Blackwell, Plattenproduzent und Gründer von Island Records, blickt auf sein Leben zurück. „Chris Blackwells Autobiographie ist randvoll von Anekdoten, die ein Licht auf den Gründer von Island Records werfen. Die Musiker und Bands des Labels – Cat Stevens und Roxy Music, Robert Palmer, Grace Jones, Melissa Etheridge und U2 – sind legendär. Der Mann, der hinter dieser Geschichte der populären Musik steht, ist kaum bekannt.“

  • Chris Blackwell mit Paul Morley, The Islander. My Life in Music and Beyond. (Nine Eight Books)

„Der Souverän wird entmündigt“: Entschieden überfordert: Für Axel Honneth untergraben heutige Arbeitsverhältnisse die Chancen auf Teilnahme an den Prozessen demokratischer Willensbildung. „Sein ausholender Streifzug beginnt selbstverständlich bei Marx, aber man gewinnt bei der Lektüre den Eindruck, dass er nicht nur normativ, sondern auch empirisch dort dann auch wieder endet. Honneths ‚Fluchtpunkt‘ jedenfalls ist die ‚Vermutung‘, dass die heutigen Arbeitsverhältnisse zunehmend die Chancen zur aktiven Teilnahme an der demokratischen Meinungs- und Willensbildung untergraben.“

  • Axel Honneth, Der arbeitende Souverän. Eine normative Theorie der Arbeit. (Suhrkamp Verlag)

„Das Paralleldeutsch scheuern sie ihm raus“: Debüt mit Beschreibungswucht: Der Comedian und Poetry-Slammer Paul Bokowski erzählt in Schlesenburg von einer Kindheit als polnisches Einwandererkind in der späten Bundesrepublik. „Ob künftige Literaturhistoriker Schlesenburg den positiven Nebenwirkungen des Lockdowns zurechnen werden? Dem Comedian und Poetry-Slammer Paul Bokowski, bislang als Autor hervorgetreten mit drei humoristischen Kurzgeschichtenbänden, ist mit seinem in der Bühnen-Zwangspause verfassten autobiographischen Romandebüt der Sprung ins ernstzunehmende Fach geglückt. Seine so wortmächtige wie genaue Prosa über Familie, Herkunft, Nähe und Zusammenhalt reiht sich mühelos zwischen Büchern von Daniela Dröscher (Lügen über meine Mutter) oder Domenico Müllensiefen (Aus unseren Feuern) ein.“

  • Paul Bokowski, Schlesenburg. Roman. (Btb Verlag)

„Die Sehnsucht ist ein räudiges Tier“: In Deutschland wurde die Dänin Tove Ditlevsen mit ihrer Kopenhagen-Trilogie erst posthum berühmt. Jetzt erscheint ein neuer Erzählband. Er ist ein Schlüssel zu ihrem Werk. „Böses Glück komplettiert das mittlerweile auf Deutsch vorliegende Werk der dänischen Lyrikerin und Romanautorin, die mit ihrem Gespür für zwischenmenschliche Abgründe zu Lebzeiten ein Star war.“

  • Tove Ditlevsen, Böses Glück. Erzählungen. (aus dem Dänischen von Ursel Allenstein; Aufbau-Verlag)

„Wie nett, die Apokalypse ist da“: In Kalifornien brennen die Wälder, doch T. C. Boyles Roman Blue Skies macht trotzdem keine Angst vor der Klimakatastrophe. „Formal aber verlässt sich der Roman nach wie vor auf dieselben Instrumente, mit denen Bestseller schon immer hergestellt wurden: kurze Kapitel, regelmäßige Plottwists, Cliffhanger. Wenn in diesem Buch Dachbalken einstürzen, Haustiere zubeißen, Familienmitglieder im Krankenhaus landen, dann ereignen sich diese Vorfälle stets am Ende eines Abschnitts. Dadurch ist das ästhetische Erlebnis, Blue Skies zu lesen, sehr nah dran an der Erfahrung, eine Sitcom zu schauen. Mit all ihren Vor- und Nachteilen: Anfangs steht einem die generische Machart penetrant vor Augen, aber wenn man sich einmal trainiert hat zu übersehen, dass sich hier immer und immer wieder das gleiche Muster wiederholt, geht es eigentlich ganz gut rein.“

„Von SZ-Autoren“:

  • „Wunden nach der Wende“: Felix Stephan, Die frühen Jahre. Roman. (Aufbau-Verlag)
  • „Die besten Interviews“: Sven Michaelsen, Hätte ich das bloß nie gesagt! Die neuen besten Interviews. (Piper)

„‚Es war kein Vergnügen, da durchzureisen’“: Historiker Timothy Garton Ash im Interview über Europas Zukunft, Putins frühe Pläne, die Ostalgie und Honeckers Auftritt in der Gefängniszelle.

  • Timothy Garton Ash, Europa. Eine persönliche Geschichte. (a. d. Engl. v. Andreas Wirthensohn; Hanser)

„Enttäuschen und dann doch schweben“: Bloß nicht in die Falle gehen: Robert Seethaler und sein Roman Café ohne Namen. „Seethaler erzählt weiter, legt zugleich aber – und dies macht sein neues Buch so überaus bedeutend – die Lunte ans gewohnte Erzählen, um Fundamente freizulegen, auf denen seiner Einsicht nach zeitgerechtes Erzählen überhaupt erst entstehen kann. So fängt nämlich kein Roman an, der den Leser und die Leserin umwerben, ihnen Schönes versprechen und sie behutsam an etwas zunächst noch Verborgenes heranführen will. So fängt vielmehr ein Roman an, der keine Umstände macht, der mit der Tür ins Haus fällt, zu keiner ästhetischen Verklärung bereit ist und direkt auf die Netzhaut will.“

  • Robert Seethaler, Das Café ohne Namen. Roman. (Classen Verlag)
Kommentare (1)
  1. War und ist das nicht schon seit jeher die Kunst von Robert Seethaler:
    Nicht lange und umschweifig einzuführen – wie etwa Thomas Mann – sondern schnell zur Sache zu kommen. War „Der Trafikant“ noch langsamer, bedächtiger, so ist „Ein ganzes Leben“ brutal direkt, wunderschön erzählt, und man wünschte sich, dass das Buch doppelt oder dreimal so lang ist. Und dem „Café ohne Namen“ sind ganz, ganz viele LeserInnen zu wünschen!
    Danke, Robert Seethaler!
    Dieter Klug, Wolfratshausen

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