Danach fragen Kunden Umgeblättert heute: „Selten war Feminismus so kurzweilig“

Jeden Morgen blättern wir für Sie durch die Feuilletons der führenden Tageszeitungen – damit Sie schnell einen Überblick haben, wenn Kunden ein bestimmtes Buch suchen oder Sie nach einer Idee für einen aktuellen Büchertisch:

 

„Man bohre ein Loch in die himmlische Rinde“: Köstliche Unordnung im Gehirnkasten: Eine umfangreiche Auswahl von Texten stellt den Schriftsteller Max Ernst vor und zeigt dabei, dass er nicht nur als Künstler ein Vorreiter war. „Sein literarischer Ehrgeiz, der in dem umfangreichen Sammelband Die Schriften deutlich wird, herausgegeben von Gabriele Wix, steht in Verbindung mit seinem Werk als bildender Künstler.“

  • Max Ernst, Die Schriften (hrsg. von Gabriele Wix; Nachwort von Marcel Beyer; Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König)

„Wohl als Kind in Bibeltexten gebadet“: Berühmt für Prosa, bedeutend für Poesie: Gedichte von Marieke Lucas Rijneveld erscheinen als Kalbskummer. Phantomstute erstmals auf Deutsch. „Der Suhrkamp Verlag hat die beiden Lyrikbände jetzt gemeinsam in einer zweisprachigen Ausgabe publiziert; in überaus gelungener, weil feinfühliger, aber doch eigensinniger Übersetzung von Ruth Löbner. Die Zusammenführung der Publikationen ergibt Sinn, weil sie wie ein Paar wirken. Die Formsprache bleibt über die Jahre konstant: Langverse, die sich vertraut an die Prosa anschmiegen. Die Gedichte sind jeweils für eine einzelne Buchseite konzipiert. Rijneveld behandelt das weiße Blatt wie eine Leinwand, auf der sich die Textlandschaft erstreckt.“

  • Marieke Lucas Rijneveld, Kalbskummer. Phantomstute. Gedichte. (Suhrkamp Verlag)

„Kriecherische Hündchen und freie Söhne“: Unklarheit schützt nicht vor Urteilsfreude: Thomas Wagner zeichnet ein Schwarz-Weiß-Bild der Menschheitsgeschichte. „Wäre dieses Buch eine Fotografie, würde man sagen: Es handelt sich um ein Schwarz-Weiß-Bild, das mit einem extremen Weitwinkelobjektiv aufgenommen worden ist. Das Panorama, das gezeigt wird, reicht von afrikanischen Sandwüsten bis zu amerikanischen Straßenschluchten, von Piraten in der Karibik bis zu Stadtindianern in Berlin, vom Auszug der Juden aus Ägypten bis zum Rückzug des Volks der Mosuo in die tibetischen Berge.“

  • Thomas Wagner, Fahnenflucht in die Freiheit. Wie der Staat sich seine Feinde schuf: Skizzen zur Global­geschichte der Demokratie. (Matthes & Seitz Verlag)

„Gelehrte Freundinnen“: Die Geschichte kann man nicht umschreiben, aber die Geschichten: Angela Steideles neuer Roman bringt Gleichberechtigung in die Frühaufklärung. „Ein Buchtitel wie ein Paukenschlag: Aufklärung. Vermuten könnte man dahinter ein Sachbuch, das die Epoche, auf die wir, je nach Blickwinkel, den Glanz oder das Elend der Moderne zurückführen, wieder einmal neu beleuchtet. Aber dieses Buch ist ‚Ein Roman‘, explizit mit unbestimmtem Artikel, und es ist sogar ein Unterhaltungsroman. Zudem handelt es sich um ein Werk der feministischen Literatur, und selten war Feminismus so kurzweilig.“

  • Angela Steidele, Aufklärung. Ein Roman (Insel Verlag)

„Geheime Botschaften“: Ist Naturrecht und Geschichte, das Hauptwerk des notorischen Liberalismus-Kritikers Leo Strauss, ein Buch zur Zeit? „Strauss war möglicherweise der letzte Philosoph, der ein ganzes Leben lang, durchaus mit massiven Selbstkorrekturen, an der Sprengung der Moderne arbeitete, weil er sie als fatalen Irrweg, weil als Abkehr von der klassischen Philosophie begriff.“

  • Leo Strauss, Naturrecht und Geschichte. Gesammelte Schriften, Bd. 4. (aus dem Englischen von Wiebke Meier; hrsg. von Heinrich Meier; Meiner Verlag)

„Von SZ-Autoren“: Alex Rühle über Europa. „Eine große Reise durch eine aufgewühlte Zeit, Tagebuch, Essay, und weites Abenteuer: Der Frühling in den Hügeln Sloweniens. Das Mittsommernachtslicht in Nordfinnland. Und wenn Rühle nach 100 Tagen im Schwarzen Meer baden geht, will man endgültig selbst in den Zug steigen und mitten rein in die weißen Flecken der eigenen Landkarte.“

  • Alex Rühle, Europa, wo bist du? (dtv)

„Exzesse der Individualisierung“: Warum so verstimmt? Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey liefern in Gekränkte Freiheit die bisher wohl gründlichste und triftigste Analyse der Querdenkerszene ab. „Es gibt kein Buch, das die neuen Protestbewegungen gründlicher wissenschaftlich untersucht und theoretisch einordnet. Zum ersten Mal hat man den Eindruck zu verstehen, worum es bei Pegida oder in der Querdenkerszene geht, nämlich um eine Art Individualisierungsexzess. Allerdings bleibt man bei alledem auch etwas ratlos zurück.“

  • Carolin Amlinger/ Oliver Nachtwey, Gekränkte Freiheit. Aspekte des Libertären (Suhrkamp)

„Der Gestank nach Unglück“: Frauke Buchholz’ Kriminalroman Blutrodeo erzählt auch von Umweltzerstörung durch Ölsand-Förderung. „Die dichte Sprache, die komplexen Charaktere lassen die Handlung zweitrangig werden, wie es in einem guten Kriminalroman sein sollte, der nicht mit einer besonders vertrackten Auflösung prunken will.“

  • Frauke Buchholz, Blutrodeo. Kriminalroman. (Pendragon)
Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert