Der diesjährige Anna Seghers-Preis geht an die Schweizer Autorin Yael Inokai, die in Berlin lebt, sowie die Chilenin Alia Trabucco Zerán. Die Preisverleihung findet am 11. Juni um 20 Uhr im Literaturforum im Brecht-Haus Berlin statt.
Die Auswahl der Preisträger übernehmen im jährlichen Wechsel von der Stiftung beauftragte Persönlichkeiten aus dem literarischen Leben. In diesem Jahr sind das der Literaturkritiker Gregor Dotzauer (für Yael Inokai) und die Übersetzerin und Literaturwissenschaftlerin Sarah van der Heusen (für Trabucco Zerán).
Gregor Dotzauer begründet seine Wahl insbesondere mit dem dritten Roman von Yael Inokai („Ein simpler Eingriff“, Hanser Berlin): „In einer Prosa von eindringlicher Schlichtheit und Genauigkeit erzählt sie vom Erwachen des Gewissens in einer streng hierarchischen, von psychischer Selbst-Perfektionierung und gedankenlosem Fortschrittsgeist geprägten Klinikwelt.“
Sarah van der Heusen unterstreicht in ihrer Laudatio für die Chilenische Autorin Trabucco Zerán den Facettenreichtum ihrer behandelten Themen und die sich selbst reflektierende energievolle Sprache. Ihr Debütroman La Resta (2015) stand 2019 auf der Shortlist für den Man Booker Prize International.
Der mit jeweils 12.500 Euro dotierte Preis wird von der Anna Seghers-Stiftung an junge Autor*innen aus dem deutschen Sprachraum und aus Lateinamerika verliehen, die im Sinne von Anna Seghers mit den Mitteln der Kunst zur Entstehung einer gerechteren Gesellschaft beitragen wollen. Die Gründung der Anna Seghers-Stiftung geht auf die testamentarische Verfügung von Anna Seghers sowie deren beider Kinder Pierre und Ruth Radvanyi zurück.
Die Preisträgerinnen
YAEL INOKAI, als Tochter einer Deutschen und eines Ungarn 1989 in Basel geboren, studierte Philosophie in Basel und Wien, anschließend Drehbuch und Dramaturgie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin. 2012 erschien ihr Debütroman Storchenbiss. Ihr zweiter Roman Mahlstrom wurde 2019 vom SRF als Hörspiel adaptiert. In dem 2022 erschienenen Roman Ein simpler Eingriff erzählt sie aus der Perspektive einer Krankenpflegerin von lesbischer Liebe und einer Gesellschaft, die Menschen krank macht und durch operative Eingriffe meint, heilen zu können. Inokai ist außerdem Redaktionsmitglied der 2015 gegründeten Zeitschrift „PS: Politisch Schreiben“. Sie lebt in Berlin.
ALIA TRABUCCO ZERÀN wurde 1983 in Santiago de Chile geboren. Ihr Debütroman La Resta (2015, Dt. Die Differenz, bahoe books 2021) stand auf der Shortlist für den Man Booker International 2019. Ihr zweites Buch Las Homicidas ist ein feministischer Bericht über vier chilenische Mörderinnen. Zuletzt erschien 2022 Limpia, das derzeit in neun Sprachen übersetzt wird und ebenso wie ihr Debüt den Preis für das jeweils beste unveröffentlichte literarische Werk vom Consejo Nacional del Libro de Chile erhielt. Neben Romanen veröffentlicht Trabucco Zerán zahlreiche Kurzgeschichten sowie Essays und Artikel zu gesellschaftlichen und politischen Themen.
Die Juror*innen
GREGOR DOTZAUER, geboren 1962 in Bayreuth, studierte Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft in Würzburg und Frankfurt. Er schrieb essayistische und literaturwissenschaftliche Texte u.a. für text + kritik, Kursbuch und Sinn und Form sowie für Radiosender wie Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur. 2009 erhielt er den Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik. Seit 1999 ist Dotzauer Literaturredakteur des Berliner Tagesspiegels.
SARAH VAN DER HEUSEN, geboren 1982 in Emmerich, hat Literaturwissenschaften und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Freien Universität Berlin und der Universidad Complutense de Madrid studiert. Momentan promoviert sie an der Humboldt-Universität zu den lateinamerikanischen Kulturzeitschriften Sur und Repertorio Americano. Sarah van der Heusen ist Redakteurin der Literaturzeitschrift alba. lateinamerika lesen und übersetzt aus dem Spanischen.