Liebe Freunde,
wenn ich für den Messesamstag (und die schon so weit fortgeschrittene Messewoche) zwei Sinnbilder heranziehen will, dann diese beiden: Erstens eine Buntschar, die treppauf will.
Aber zweitens eben auch dieser Asterix, aus dem die Luft ziemlich raus ist.
Der gallische Krieger war bald wieder erigiert, aber Sie wissen, worauf ich hinaus will: Wir sind alle voller Elan, aber trotzdem mittlerweile erschöpft.
Trotzdem, Messe: So bitte nicht.
Heute war der Tag der Warteschlangen. Schon gestern verblüffte uns eine Menschenmenge, die auf Farbschnitte und Sonderdrucke aus war. Heute gab es wieder eine Sebastian-Fitzek-Schlange sondergleichen. Es gab Kaffeeschlangen, Churros-Schlangen, Toilettenschlangen, Schlangen an den Ein- und Ausgängen und Schlangen an den Rolltreppen.
Stellen Sie sich schon mal an für den heutigen Text:
Verlagsaktivitäten
Am hessischen Gemeinschaftsstand besuche ich Christina Schmitt vom TRIGA-Verlag. Das kleine Verlagshaus aus Gelnhausen hat sich auf relevante Regionalia und lokale Geschichte spezialisiert und ist in unserer Gegend renommiert und bekannt.
Die comichafte Nacherzählung des Simplicissimus erhielt jüngst den Grimmelshausen-Sonderpreis 2023; und Klaus Puth ist Ihnen ja sicher mit seinen Gans-Cartoons ein Begriff.
Die Frage, ob man auch einmal ein lokalhistorisches Buch mit einem Farbschnitt versehen solle, muss ich rundheraus bejahen. Das wäre in diesem Segment ja zunächst ein Alleinstellungsmerkmal. Und wenn dann noch die Idee stimmt!
Bitte lassen Sie mich (und meinen Buchladen) wissen, wenn das Projekt gelandet ist!
Als Spitzenkaffees auf dieser Messe treten diesmal gegeneinander an: Libri und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Libris Kaffee wird allgemein immer wieder auf dieser Messe gelobt. Die haben sich extra einen Barista eingefangen und malen Bilder auf den Milchschaum.
Der vom Börsenverein kommt vom Standpersonal, und man sieht deutlich die unvermeidliche Düsenspur des Vollautomaten. Also gerade eben so halbwegs anguckbar.
Der Kaffee meines Verbands hat mehr Körper, mehr Volumen, mehr Kick, mehr Bitter als der Kaffee meines Grossisten.
Der Muffin und der Keks fallen nicht ins Gewicht. Libri hat auch Süßkram. Und Euer Cappucchino schmeckt wirklich sehr edel. Aber so knapp dieser Sieg ist, so eindeutig ist er auch.
Ich werde morgen nochmal zwei Espressi gegeneinander antreten lassen.
Im bestwriter Verlag Herrmann & Tertel hat der Spinnen-Influencer Soruklu Deniz ein Buch über Ängste und ihre Bewältigung herausgebracht:
Um das mit einer beeindruckenden Aktion zu bewerben, hat Soruklu Deniz eine lebende Riesenvogelspinne mitgebracht.
Otto Waalkes
Nein, ich habe kein Interview mit Otto Waalkes bekommen, und auch keinen Fototermin. Daniela Völker und ihre Kolleginnen bei Penguin Random House haben wirklich alles versucht, aber Ottos Bodyguards und Ottos Terminkalender waren beide gegen mich.
Letztlich kann also meine kleine Bildstrecke von Otto nur davon handeln, wie gut oder schlecht die Orte waren, an denen ich stand.
Abseits der Bühne am Sicherheitszaum, aber mit Lücke in der Ummäntelung:
Hier sehen Sie den Andrang um die Open Stage zu Ottos Auftritt:
Und hier ist mein Lieblingsfoto: Mayer, frustriert, weil er nirgends an Otto Waalkes herankommt für ein einziges, gutes, exklusives Foto für den BuchMarkt.
Und jetzt sage ich Ihnen was. Wenn mir am Anfang der Woche jemand gesagt hätte, wie oft meine sagenhafte Praktikantin Jule Wenzel sich als pfiffig, aufmerksam und nützlich erweisen würde, dann hätte ich gesagt:
No Way.
Und nun schauen Sie sich das hier an:
Und BuchMarkt hat sein Foto.
Gern geschehen!
Dann eben ein anderes Interview
Der Bonvivant, Feingeist, Lebensfreuer und Stilhaber Guido Maria Kretschmer hat ein Buch über Begegnungen geschrieben. An diesen Begegnungen spiegelt er sich und sein Leben, während er in Berlin 19521 Schritte geht, so der Titel seines Buches. BuchMarkt traf den Shoppig King im Konferenzraum 66.
BuchMarkt: Welche der Torten, die Ihre Mutter gebacken hat, war Ihre Lieblingstorte?
Kretschmer: Ich würde sagen: Holländisch Kirsch. Die war so exotisch, so aufwändig gemacht. Ich mochte auch Schwarzwälder Kirsch, aber Holländisch Kirsch war nochmal eine Steigerung. Für meinen Vater war es Frankfurter Kranz.
BM: Sie lieben Hotels. Könnten Sie sich auch vorstellen, so wie Udo Lindenberg einfach dort zu wohnen?
GMK: Ich würde das nicht wollen, aber ich finde den Gedanken reizvoll. Es hat so etwas Bohémes, in einem Hotel zu leben. Das hat so etwas Dekadentes. Aber es ist sehr praktisch für die, die sich gut damit arrangieren können, alles dem Service zu überlassen, und die nicht so viel Eigenverantwortung mögen. Das ist eigentlich wie betreutes Wohnen. Das wäre nicht so mein Ding, weil ich viel zu dekorationsaffin bin.
BM: Aber das Hotelleben an sich mögen Sie sehr?
GMK: Ja, ich mag auch persönlich große Häuser mit großen Entrées und Treppenhäusern, damit ich immer das Gefühl habe: Da bin ich so ein bisschen in meinem eigenen Hotel. Ich mag das Ambiente eines Hotels, weil ich mir das als Kind so schrecklich gewünscht habe.
BM: Kennen Sie das Buch vom Concierge Karl aus dem Frankfurter Hof? Ein Buch, das ein Concierge geschrieben hat darüber, wie schön es ist, in dieser Aufgabe aufzugehen.
GMK: Nee, das kenne ich nicht! Das ist bestimmt toll, denn der erlebt natürlich die ausgefallensten Sachen, wenn er die ganzen Exzentriker bedient: „Ich hätte gerne eine Melone, die geschnitzt ist wie ein Füchschen.“
BM: Der erlebt quasi die andere Seite dieses Lebens, das Ihnen dort so gefällt.
GMK: Ich bin ja lieber der, der anruft und gerne noch ein Soda hätte.
BM: Haben Sie ein kulinarisches Guilty Pleasure?
GMK: Etwas, das ich esse? Was ich nicht tun sollte?
BM: Ja, genau.
GMK: Tütenpudding mit so Himbeergeschmack. Den habe ich schon als Kind geliebt, weil so etwas bei uns verpönt war. Oder mal ein Schaumküsschen. Früher hat man ja Mohrenküsschen gesagt, aber das macht man nicht mehr.
BM: Wird nicht zuviel reglementiert in unserem Leben? Sollte es nicht jedem Einzelnen überlassen bleiben, den richtigen Ton zu finden?
GMK: Ich bin schon gender-pro, aber wie wir das tun, ist es völlig übertrieben, weil es die Leute nicht erreicht, und weil es dadurch eher spaltet anstatt verbindet.
BM: Man beschäftigt sich auch gar nicht mehr so sehr mit dem Thema selbst, sondern zählt lieber die Verstöße mit.
GMK: Vor kurzem sagte eine alte Frau zu mir, die farbige Nachbarn bekommen hat: Ich hab neue Nachbarn, aber wie heißt das nur? Ich mag’s gar nicht sagen. Irgendeine englische Abkürzung, so wie PVC. Sie meinte „POC“, aber sie war alles andere als rassistisch. Und das ist dann vielleicht nicht der richtige Weg, wenn wir da Sprachpolizei spielen. Aber die Zeiten ändern sich, und momentan besonders.
BM: Muss so ein Tag, wie Sie in ihrem Buch erlebt haben, nicht schon von Anfang an in einem drin sein? Um all das zu erleben, muss man ja auch für all das offen sein. Wo ist denn der Übergang zwischen Haltung und Gabe?
GMK: Die Haltung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass man seinem Leben eine Richtung gibt, und eben auch seinem Tag. Das andere ist aber, was Sozialisation mit einem macht: die Sehnsucht nach Menschen. Wenn man sehr kompatibel ist mit Menschen und das sehr mag, wenn man das Menschliche in seiner im besten Sinne diversen Vielfalt mag, dann sind Gabe und Haltung zwei Dinge, die fest zusammengehören.
BM: Kann man das lernen?
GMK: Ja. Wenn ich das von Haus aus nicht habe, dann kann ich das mit einem Buch vielleicht oder mit Gesprächen auch begreifen.
BM: Was begreife ich denn mit Ihrem Buch?
GMK: Mein Ziel wäre vielleicht, dass die Menschen wieder stärker spüren, dass sie nicht allein unterwegs sind. Weil das nicht der Fall ist! Wir können isoliert fast nicht sein.
BM: Was haben Sie mit Ihrem Lottogewinn von € 5,19 gemacht?
GMK: Ich bin ein Fünf-bis-zehn-Euro-Trinkgeld-Typ, die habe ich sofort irgendwo rausgehauen.
Dito: Begegnungen, ebenfalls.
Links: Carolina López, Barbara und Stefan Weidle. Die Weidles haben ihren Verlag an Wallstein verkauft und feiern ihren letzten eigenen Verlagsstand. Zur rechten steht Dietrich zu Klampen.
Thomas Gsella beim Kaffeetrinken
Beim Börsenverein, wo es den guten Kaffee gibt, treffe ich Iris Hunscheid, Marita Wolff und Klaus Kowalke!
Immer diese gestellten, posierten Fotos. Ich zeige Ihnen mal ein echtes:
Düstere Bücher, aber er selbst ist kein Kind von Traurigkeit:
Die anderen Droemer-Autoren werden im Verschlag gehalten:
Katja Schmidt ist meine Vordertür zu Penguin Random House, und Sie hat mir eine Buchmesse-Tasse mitgebracht!
Und das hier ist sicher das schönste Exempel subtiler Skepsis, das ich je gesehen habe: Bernhard Fetsch vom Athesia-Kalenderverlag und ich. Ich verspreche nichts, aber ich will auf jeden Fall versuchen, nächstes Jahr zu Deinem berühmten Branchen-Abendessen zu kommen.
Geheimes Whiskytasting
Seit ein paar Jahren beschließe ich den Messefreitag oder -samstag mit einem Tröpfchen Whisky in liebwerter Runde. Daran ist eigentlich nicht wirklich etwas geheim, bis auf den Ort, die Uhrzeit und wer alles teilnimmt.
Aber zum Ort kann ich zumindest sagen, ohne etwas zu verraten: Es gibt nicht allzuviele Verlage, über die ich auf dieser Messe täglich hinsichtlich ebenso täglichen Tapetenwechsels berichtet habe.
Apropos: Bei Hädecke waren heute die Jahre 1994 – 2008 dran!
Warten auf Whisky: Marita Wolff, Thomas Sittler und Regina Schleheck.
Iris Hunscheidt, Veit Hoffmann und Carsten Waldschmidt konnten es terminlich leider nicht einrichten und haben deshalb getrennt von uns getastet, weshalb wir dann auch keine Namen geändert haben.
(Heute früh weiß ich nicht mehr, warum ich das nachts alles mit „y“ schreiben wollte.)
Auf der Speisekarte stand nur ein einziger Tropfen, aber der war extrem High End:
Der Laddy `13, wie ihn seine Freunde auch nennen dürfen, ist wie alle aus diesem Hause sehr lange im Abgang, sehr fruchtig und deutlich in seinen Sherry-Noten und hat jedem geschmeckt.
Unser kleine, traditionelle Pappbecherrunde ist mit echten Whiskygläsern bei Hädecke natürlich allerbestens aufgehoben. Danke nochmals für Eure Gastfreundschaft. Alles streng geheim, wie gesagt.
Zum Geleit
Als dieser Samstag sich seinem Ende neigt, bin ich gerade oben auf der Außenrolltreppe und kann die langen Schatten sehen. Der Tag hatte grandioses Wetter, zum Glück für all die Menschentrauben und Warteschlangen.
Und als das Ende des Tages sich schon längst geneigt hatte, der Schlussgong um 18.00 Uhr schon lange verklungen war und wir selig über unserem Bruichladdich saßen, konnten erst die leeren Gänge gesaugt werden.
Diese Messewoche war bereits so gut, dass ich mir morgen nur noch einen Sitzplatz mit Kaffee suchen muss und die Füße hochlegen kann. Hoch bis Halle 6.2 meinetwegen! Nur nicht mehr laufen, und nur nicht mehr durch die Menschenmengen.
Aber ich freue mich sehr auf den abschließenden Sonntag. Wer braucht schon ein Leben, wenn er die Buchmesse hat?
Ihr
Matthias Mayer
Die besten Kuchen Sloweniens, 5 von 6:
Hallo Herr Meyer,
sehr schön Herr Mayer.
Es fehlt noch das Bild vom Messedach ? Oder habe ich was übersehen ?
Lieber MM bitte immer hübsch nett zu Bernhard Fetsch, der kann lachen