Kolumnen Der Messe-Mayer Frankfurt 2023: Tag 6 von 6

Liebe Freunde,

 

und das war die 75. Frankfurter Buchmesse, oder, was die viel relevantere Zählung ist: meine zweite nach der Pandemie. Sie war voll, sie war groß, sie war da! Es schien mir, als sei diese Messe ein Volltreffer gewesen.

Sicher, wir sagen niemals hinterher: Diese Messe war eher so mittel. Die Messe ist ja immer toll. Aber diesmal eben: nur etwas toller.

Spielraum für Verbesserungen gibt es ja immer:

Zum Beispiel nächstes Mal den Mülleimer woanders hinstellen.

 

Aber dann werde ich auch wieder versöhnt, wenn ich solches finde:

Als erstes wird der Häuptling irgendjemanden verärgern.

 

Der Sonntag soll zwar allen Besuchern eine vollständig funktionierende Messe andienen: Veranstaltungen laufen, Gastronomie funktioniert, Toiletten sind geöffnet. Aber rein aus Branchensicht ist der Messe-Sonntag doch ziemlich entkernt. Wer heute noch hier ist, ist in der Hierarchie entweder ganz unten oder ganz oben. Entweder ist ohnehin nur noch der Azubi am Stand und hat die Hände auf dem Rücken, oder die Kleinverlags-Chefs fangen schon mal mit Wegpacken an. Für die allermeisten ist der Sonntag ein Rückreisetag.

Aber dennoch ist heute noch Messe gewesen! Genug für mich jedenfalls, dass ich auch diesen Tag noch hier verbringe, zusammen mit allen Dagebliebenen!

 

Heute noch besucht

 

Ich war bei Tessloff, weil die nicht nur einen Dinosaurierexperten da haben, sondern sogar ein kleines Planetarium!

Einer von denen ist bestimmt der Experte.

 

Ach nein, halt, das ist der hier:

Kinder sind dankbare Dino-Nerds

 

 

Kleines Rundkino Schrägstrich Planetarium!

 

Aber mein Lieblingsfoto ist das hier:

Akkurate Sachdarstellung vs. aussehen wie Jack Sparrow

 

 

 

Ich war bei Edition Michael Fischer, um wenigstens Auf Wiedersehen zu sagen. Ich bekomme zum Abschied einen Timer von Cali Kessy und ein ironisches Foto. Also den Timer bekomme von Kerstin Wiedemann, nicht von Cali Kessy.

 

Aber Cali Kessy hat ihn gemalt und gebunden.

 

Und das ironische Foto:

Krankenpfleger ist krank geworden.

 

Gute Besserung!

 

 

Hahaha, diese Schweizer:

Machen so schöne Bücher, aber haben keine Ahnung von der Buchpreisbindung

 

 

 

Natürlich war ich noch, wie jeden Tag, bei Hädecke, wo die Reise durch die Zeit nun abgeschlossen ist mit der Ära 2009 – 2023. Rein ästhetisch ist die wilde Zeit also vorbei, aber die Retro-Tapeten waren ein kleiner Publikumsliebling.

 

Wie soll ich jetzt ohne tägliche Tapete weiterleben?

 

Hippes Understatement im neuen Jahrtausend

 

Geometrisch und doch verspielt: Wie von der K.I. gemacht!

 

 

Festplatte ausmisten

 

Als ich vorhin die personale Ökonomie an Messesonntagen zu beschreiben suchte, wollte ich Sie sanft darauf vorbereiten, dass auch von mir nicht mehr viel zu erwarten ist. Sonntags werde ich noch alle Fotos los, die ich noch nicht untergebracht habe. Hier kommen die Reste.

 

Hörbuchmensch des Jahres ist geworden: Unser Lothar Sand! Vom Börsenverein! Glückwunsch! Danke an Buchfunk für das Foto!

 

 

Crowdmarketing von Ehapa: Clever und wirkungsvoll.

 

Meine Redakteuerin Susanna Wengeler reichte mir noch dieses schöne Bild vom Mittwoch nach:

eBuch-Geschäftsführer Julian Müller und eBuch-Erfinder Lorenz Borsche

 

Und da wollen wir natürlich noch auf den eigenen Stand hingewiesen haben, den die eBuch für das Shopsystem genialokal in Halle 3.0 aufgebaut hatte:

Übrigens auch im Einsatz in Herrn Mayers Buchladen in Langenselbold!

 

In 3.1 nimmt jemand das große Buch absolut wörtlich:

Stände mit nur einem Buch gab es schon öfter, aber nie war das Buch so groß.

 

Ich hoffe, dass Wolf Haas seinen Krempel nach der Messe auch wieder wegräumt.

 

Was lässt der sein Zeug auch hier herumstehen?

 

Und dann folgen noch die letzten paar Promis, in Schnappschuss und ohne Zusammenhang. (Na ja, jeder von Ihnen hat ein Buch vorgestellt, das ist Zusammenhang genug.)

 

Felix Magath in Deutschlands bestem Fußball-Verlag Die Werkstatt

 

Motsi Mabuse stellt ihr Kinderbuch vor: Magie im Haar, bei Ars Edition

 

 

Verona Feldpooth erklärt den Kindern, was eine MILF ist

 

 

Die Hummel Bommel hat Standdienst bis zum Schluss.

 

 

Letztes Interview dieser Messe

 

Fernsehkoch und Restauranttester Christian Rach hat bei Südwest rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft ein ziemlich dickes, ziemlich schweres und ziemlich teures Buch herausgebracht, und es trägt auch einen ziemlich dicken Titel: Deutsche Küche. Für 59,- € kriegen wir eine Rundreise durch Klassiker und Twists, durch Bundesländer und die jüdische Küche. BuchMarkt traf den Koch am Stand.

 

 

BuchMarkt: Klumpige Klößchen aus Mehl scheint es ja irgendwie in jeder Regionalversion zu geben.

Christian Rach: Das war ein ganz klassisches Arme-Leute-Essen gewesen. Nicht nur in der deutschen Küche! Man hatte nichts anderes, Mehl und Wasser. Und dann kam es eben auf die Soße oder Suppe an, die man dazu gemacht hat. In Asien macht man das mit Reisklößchen.

BM: Bei uns in Hessen hieß das „Schwämmsche“, also kleiner Schwamm.

CR: Bei uns im Saarland hieß es „Geheiratete“.

BM: Arme Ritter sind bei uns die Kaddäuserklees.

CR: Das ist das Schöne. Deshalb kann man auch nicht von einer gesamtdeutschen Nationalküche sprechen, sondern eher von einer bundesweit bekannten Regionalküche.

BM: Welches Bundesland schmeckt Ihnen am leckersten?

CR: Oh, jedes Bundesland hat wirklich seine tollen Spezialitäten. Ich könnte da gar kein Ranking machen. Soziogeographisch ist der Süden dem Norden gegenüber ein wenig im Vorteil – es ist wärmer, man sitzt länger draußen – in wärmeren Gegenden gedeiht die Ess- und Trinkkultur anders. Und regional bedeutet auch gar nicht so sehr das Bundesland, sondern es bedeutet: der Hügel, der Fluss, das Tal.

BM: Und weltweit? Da haben Sie doch bestimmt Favoriten?

CR: Ich mag die Küche des vorderen Orients unglaublich gern. Die Gewürzvielfalt, die tollen, kühnen Kombinationen. Das ist außerdem eine Küche, die aus wenig viel macht.

BM: Führt eher das Wenige oder der Überfluß zu guter Küche?

CR: Das Wenige! Wenn Sie vor lauter Überfluss Rind mit Hummer füllen und mit Butter und Trüffeln übergießen, dann bewirkt diese Überladung gar nichts. Das ist langweilig. Wenn Sie aber nur eine Hühnerkeule haben, aber es kommen sechs Leute zum Essen, dann müssen Sie sich Gedanken machen. Diese Keule muss dann Geschmacksträger werden, jetzt ist Können gefragt, Können und Ideen.

BM: Was essen Sie überhaupt nicht gerne?

CR: Grießbrei. Und Milchreis. Damit können Sie mich jagen.

BM: Was haben Sie als Kind verabscheut, aber mögen es heute?

CR: Oliven mochte ich als Kind gar nicht. Und heute finde ich, gibt es so tolle Olivensorten.

BM: Haben Sie ein kulinarisches Guilty Pleasure?

CR: Nachts, wenn alle schlafen, Rührei und Käse rein. Dazu einen zu dunkel getoasteten Toast.

BM: Ich hatte ja auf etwas Schlimmeres gehofft.

CR: Ja, das ist moderat.

BM: Maggi – ja oder nein?

CR: Ganz klar nein! Aber Maggikraut.

BM: Bacon – Pfanne oder Backofen?

CR: Ich mache ihn lieber in der Pfanne. Aber bei Speck ist die Qualität und Beschaffenheit eigentlich wichtiger als die Zubereitung.

BM: Dotter – hart oder weich?

CR: Eidotter immer weich – außer bei Blumenkohl polnisch.

BM: Obere oder untere Brötchenhälfte?

CR: (lacht) Beides hat seine Chance verdient, aber ich mag lieber die untere Hälfte.

BM: Ich bin auch ein Unterer-Hälften-Mensch! Bei uns im Dorf gibt es ein Gericht, das heißt: Brutsch. Was stellen Sie sich darunter vor?

CR: „Brutsch“… das könnte vielleicht Kartoffeln mit Speck und Lauch sein, sowas. Irgendwas Kartoffliges aus der Arme-Leute-Küche.

BM: Nicht schlecht! Es ist eine Art Kartoffel-Eintopf mit Essig und Sauerrahm, und dazu wird Hausmacher Wurst gereicht.

 

Foto: Die unschlagbare Jule Wenzel hinter der Kamera

 

Wir plaudern noch länger über Latwerje, DDR-Rezepte und Antisemitismus, aber das tippe ich jetzt nicht alles ab.

Kaufen Sie dieses Kochbuch.

 

COSPLAY

Womöglich haben Sie in dieser Woche meine Bilanz zur Comicsituation der Frankfurter Buchmesse gelesen: Frankfurt und ich sind der Meinung, dass das wieder besser werden muss.

Aber trotz ausdünnender Comic-Szene und fehlender Merchandise-Stände fand die CosPlay-Meisterschaft im Congress Center einmal mehr immensen Zuspruch!

 

An Publikum und Teilnehmern mangelt es nicht!

 

 

An Kreativität und Aufwand mangelt es nicht!

 

 

An Show und Magie mangelt es nicht!

 

Und schauen Sie nur, die Messe hat draußen immerhin einen Bistro-Tisch mit Flyern beigesteuert!

Also woran mangelt es denn nun?

 

Ich zeige Ihnen gerne ein paar der schönsten Kostüme, die ich aufschnappen konnte!

 

Kategorie „sperrig und unpraktisch, aber heavy Anblick“

 

 

Kategorie „nur für Nerds“: Gruncle Stan aus Gravity Falls!

 

Kummer aus Alles steht Kopf

 

Kategorie Extended Spongebobverse:

Dass ich Traum-Gary benennen konnte, hat die Leute sehr beeindruckt.

 

 

Und dass sie eine Drecksackblase dabei hatten, hat mich sehr beeindruckt.

 

In der Sesamstraße hießen sie YipYips oder Marsianer:

Was man alles aus einer Kolter machen kann.

 

Natürlich haben wir erst mal eine Runde zusammen geyipt.

Messesonntagnachmittag: Jetzt isses auch egal.

 

 

It doesn’t get any cooler…

 

…or does it?

Zeig das mal unserer Tochter, Schatz. Die flippt aus.

 

Für mich haben ja diese beiden gewonnen:

 

„Daf Fotto wird Feiße.“

 

Na bitte, geht doch, was das Publikum angeht. Also, Frankfurt: Nächstes Jahr bitte einen weiteren Bistrotisch ins Foyer stellen, damit das langsam wieder wird.

 

Kaffee bei Libri

 

Dass ich gestern den Kaffee des Börsenvereins über den von Libri stellte, tat mir fast leid, weil man bei Libri wirklich hervorragend bedient wird. Der Barista weiß absolut, was er da tut, und der edle, von mir „mild“ genannte Kaffee hat einen Robusta-Anteil von ordentlichen 30 %.

Ich habe heute mehrere Espressi bei Libri verkostet, ganz ohne Milch und Pipapo, um Abbitte zu leisten. Ich will am Spitzenreiter Börsenverein nicht rütteln, aber ich will zumindest einräumen:

Euer zweiter Platz ist der neuerlichen Erwähnung wert, auch für Punkte in Style.

Libri ist der einzige Dienstleister, der tatsächlich auch Bücher in der Deko hat

 

 

„Das Schwein“

 

 

„Der Bär“

 

 

„Die Apfeltorte“

 

Hier noch ein Schnappschuss von Peter Högen und dem Team Mayer, also meiner sagenhaften Praktikantin Jule und mir.

 

Über Jule sprechen wir gleich.

 

 

Zum Geleit

 

Und das war meine Buchmesse, also nicht nur, aber soweit es für diesen kleinen Tummelplatz der Eitelkeiten, den wir den Messe-Mayer nennen, von Freude und Belang war.

„Die Buchmesse ist doch so viel mehr!“ schrieb mir ein treuer Leser, und da muss ich ihm recht geben: Weitaus, weitaus mehr. Zum Glück beschäftigt BuchMarkt auch echte Journalisten, und da hat man dann eine schöne Bandbreite zur Auswahl. Bei mir finden Sie nur:

mich. Und alle meine Freunde.

(Aber wo die ihren Kaffee trinken können, müssen die Redakteure ebenfalls bei mir nachschlagen, höhö.)

 

Das viele, viele, das ich verpassen musste: Seien es Leute (Ralf Kramp! Felix Busse! Wir waren also gleichzeitig auf diesem Gelände, ohne uns ein einziges Mal zu umarmen!); seien es Events oder Zufälle. Ich könnte sicher zehnmal auf diese Messe gehen und hätte noch nicht alles gesehen. Ich war noch nie auf der Friedenspreisverleihung.

Ich habe ein so wunderbares Land wie Slowenien reduziert auf sechs Kuchen. Auf sechs Kuchen und Ivanka Trump. Das wird 2024 mit Gastland Italien wieder etwas besser.

 

Ich habe den unbeliebtesten Philosophen der Welt verpasst.

Und einige sagen, da hätte ich echt Glück gehabt.

 

 

Natürlich gab es wieder eine Gastlandtasse, und ich dachte bis zum Schluss, ich kriege keine. Fast hätte ich mir einfach eine gekauft! Aber das ist nicht dasselbe.

Nur geschenkt spüre ich diese Liebe, die hier überall herrscht.

 

 

Wer ist Jule Wenzel?

Ich hatte auf dieser Messe eine Praktikantin dabei. Das war eher eine Notlösung: Das Praktikum sollte in meinem Buchladen stattfinden, aber es fiel genau in die Messewoche. Ich sagte: Ich kann Jule Wenzel gerne mitnehmen, aber wir machen hier nur Quatsch. Und Fotos von Quatsch. Und Jule sagte sich: Besser als ein Praktikum in einer Metzgerei, fahre ich halt mit auf die Messe.

Und dann ist Jule hier richtig eingerastet: Sie hat meine Kamera bedient, sie hat auf meinen Koffer aufgepasst, wenn ich plötzlich irgendwo hinspringen musste. Sie ahnen nicht, wie oft man als Messe-Mayer plötzlich hüpfen muss, weil irgendwo ein Motiv vorbeiläuft.

Jule Wenzel hat es geschafft, mich in der riesigen Menschenmenge nicht zu verlieren. (Ich bin der mit den Öhrchen.) Jule Wenzel weiß im Gegensatz zu mir, wie man ein Smartfon bedient. Jule Wenzel hat mich gerettet, als mein Diktiergerät versagte. Jule Wenzel hat meinen Tag mit Sätzen vorwärtsgebracht wie „Sie müssen noch das Foto machen“ und „Die Rolltreppe ist gleich zu Ende“. Jule Wenzel hat am Ende der Woche dann ihre eigene Familie wie ein Profi über die Messe geführt.

Und Jule Wenzel hat ganz allein auf den Konferenzfluren auf Otto gelauert, während ich im Interview mit Guido Maria Kretschmer feststeckte.

 

Und das war schon absolut 1,0 Messe-Mayer. Oder sogar etwas mehr.

 

„Wie eine Mini-Maren“, sagte jemand. Und das bringt mich zum nächsten Punkt: Maren Ongsiek hat in den Jahren hier Networking-Maßstäbe gesetzt, die dann dazu führen, dass „Mini-Maren“ ein qualitatives Ableitungsurteil wird für Leute, die mir nützlich sind. Aber wenn es nur das wäre:

Freude an dieser Messe muss man teilen. Und ohne Maren Ongsiek würden diese Texte nur davon handeln, wie ich vor Halle 3 stehe und mich langweile.

Danke also an Jule Wenzel, die auf dieser Messe ein Stück mehr sie selbst geworden ist; und Danke und Umarmung an Maren, meine liebe, liebe Messefreundin. Danke an Katja Schmidt und Daniela Völker bei Penguin Random House, Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Verlage für alle Hilfe.

Und am meisten: Danke, liebe Leserinnen und Leser, für Zuspruch, Anregung und Anklickung.

Lieber CvZ, Du hast Dir das vor dreißig Jahren alles so ausgedacht, und darüber muss ich mich doch sehr wundern. Das ganze Konzept klingt sinnlos, und doch macht es so vielen Buchmenschen so viel Spaß.

 

Nachtaufnahme Objektiv auf Glasscheibe bei spiegelnder Innenbeleuchtung

 

Den Abgang à la Mister Chance hatten wir schon einmal, aber auf diesem Foto wusste ich von nichts.

Foto: Marita Wolff

 

Der Messe-Mayer kommt wieder: Leipzig 2024.

 

Und wir danken Ihnen.

 

Dito bei Lübbe:

Gehen Sie jetzt. Und stellen Sie sich nicht so an.

 

 

Nächstes Jahr:

Wieso stinkt es eigentlich immer so nach Abwasser vor Halle 4?

 

 

Herzlichst,

Ihr

Matthias Mayer

herrmayer@hotmail.com

 

Die besten Kuchen Sloweniens, 6 von 6

Slowenischer Nuss-Hefekuchen (Potica), so wie im Logo oben!

 

 

 

 

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