
Dienstag: extra ohne László Krasznahorkai!
Liebe Freunde,
willkommen zur 244. Frankfurter Buchmesse! Nein, halt, diese Zahl ist ja frei erfunden. Ich meine natürlich: zur 77. Frankfurter Buchmesse 2025, oder, wie sie im Volksmund auch genannt wird: Buchmesse.
Schon an diesem Einstieg sehen Sie:
Hier geht es um Fantasie!
Die Buchmesse bleibt ein Ort der Begegnung und Verständigung, aber weil beides nicht nur Sprache, sondern auch Bilder hervorbringt, müssen wir das ebenfalls abarbeiten. Und nur deshalb bin ich hier.
Damit Sie nicht müssen.

Ein wenig fühlen wir uns alle wie Asterix!


Vor uns liegt eine Woche, in der wir auch im zweiten Jahr versuchen, uns die Messe nicht von den All Agern aus den Händen reißen zu lassen.
Wenn ich die Spiegelliste durchgehe, kenne ich die Hälfte der Autorinnen nicht, aber die Buchblöcke sind nun bunt. Muss ich auf diese Weise alt werden? Einen Markt begleiten, den ich nicht mehr verstehe?

Was ist eine XR-Community? Was ist ein Kyss? Und wieso ist der in einem Castle? Genau. All dies werden wir kären. Mit dem Castle käme ich sicher noch klar.
Ich freue mich also auf eine interessante und leckere Messe und nehme Sie als erstes mit zur Eröffnungspressekonferenz!
Eröffnungspressekonferenz
Bevor die Messe am Abend eröffnet wird, gibt es traditionell eine Pressekonferenz. Traditionell zwar, aber diesmal waren zwei Dinge anders als sonst!


Der Frankfurt Pavilion von 2018 ist abgebaut worden! Hoffentlich ging das alles in die Gelbe Tonne. Die Pressekonferenz fand nun in einem neu designten Bereich im Foyer von Halle 4.0 statt. Vorher als Business Suite genutzt, heißt das Foyer nun Frankfurt Studio.
Und wir haben Muffins bekommen! Keinen Kaffee zwar, aber es gab einen Water Cooler, und es gab Muffins. Das ist für Frankfurt ein erster Schritt! (Die Frankfurter Buchmesse scheitert seit Jahren daran, Journalisten Häppchen anzubieten und wird darin immer wieder von der Leipziger Buchmesse beschämt.)
Aber diesmal: Ordentliche, üppige Schokomuffins mit essbarer Beschriftung!
(Ich habe sie jedenfalls mitgegessen.)
Und was den fehlenden Kaffee angeht:

Ich habe dann meinen frischen Kaffee extra hochgehalten, als ich ihn an den anderen Journalisten vorbeitrug, die gerade versuchten, ihre riesigen Muffins ohne Flüssigkeit zu essen.
So, jetzt noch schnell einen Schnappschuss mit KSF, und dann kann’s losgehen.

Vor wenigen Tagen haben wir alle eine Mail bekommen, dass Nobelpreisträger László Krasznahorkai eine Rede auf der Pressekonferenz halten würde! Dann haben wir alle eine Mail bekommen, dass László Krasznahorkai leider doch nicht kommt. Aber das waren immerhin zwei ganz schön aufwühlende Mails binnen sehr kurzer Zeit!
Karin Schmidt-Friderichs eröffnet die Konferenz mit ihrer Rede, die ich „Diskurs statt K.I.“ zusammenfasse. Sie roastet Trump, ohne seinen Namen zu nennen.
Messedirektor Juergen Boos begrüßt das Publikum mit fehlendem Husten, aber vertröstet auf andere Krankheiten, bevor er dann Leute vorstellt, die alle nicht László Krasznahorkai sind.

Aus Argentinien kommt Verlegerin Vanina Colagiovanni, und aus GB Lektorin Mehar Anaokar, beides Teinehmerinnen des internationalen Netzwerks Frankfurt Global Network, um über den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern zu sprechen.
Ich wusste z.B. nicht, dass Argentinien eine Buchpreisbindung hat!

Als literarische Sprecherin wird die junge Berlinerin Nora Haddada ans Mikrofon gelassen, und sie wäscht uns ordentlich den Kopf, wir sollen gefälligst sagen, was wir zu sagen haben. Wir haben in einem dysfunktionellen Finanzsystem eh nichts mehr zu verlieren, also können wir auch unseren Mund aufmachen.

Ich wünsche mir mehr solcher erfrischender Beiträge zu Eröffnungskonferenzen!

Diesen außerplanmäßigen Aufenthalt kann ich noch anbieten:

Für Pressesprecher Torsten Casimir waren die Scheinwerfer genau grell genug:

An was erinnert mich das bloß?

Gastlandpavillon: Philippinen
Manchmal suchen wir uns Gäste aus, weil wir ihre reiche, traditionelle und alte Kultur als verbindend und sinnstiftend bewundern, so wie Italien oder Island. Aber die Philippinen haben wir einfach mal eingeladen, weil wir so gar nichts über ihre Kultur und ihr Leben wissen. Schon diesen Ansatz finde ich erfrischend.
Wir Journalisten wurden nicht einfach eingelassen – sondern wir bekamen Blumenkränze aufs Haupt und mussten fröhlich jubelnd eindefilieren!

Erst die Haddada und dann das? Heute werden wir aber linksgemacht! Gefällt mir. Dazu schmissige Livemusik von einem winzigen Filipino-Orchester:

Das ist ein guter Moment, um endlich Jule Wenzel vorzustellen! Ihre Fans warten sicher schon. Die Praktikantin des Messe-Mayer fing vor drei Jahren als tatsächliche Praktikantin an und ist seitdem messesüchtig, und immer in Frankfurt ist die Jule mit dabei und tut so, als sei sie weiterhin Praktikantin. Und dafür bekommt sie nun endlich einen Blumenkranz von den Philippinen!


Wir sehen ja ein wenig drollig aus mit diesen Blumenkränzen. Ganz im Gegensatz zum MVB-Sachen-Fachmann Markus Fertig:

Aber Sie sind gewiss schon gespannt auf den Pavillon!
Das Konzept: Einzelne Leseinseln sollen die vielen Inseln des Inselstaates symbolisieren, und die Materialien sind Bambus und Ananasholz!

Die unprätentiösen, aber wenigen Inselchen sind sehr weitläufig im lichten, ansonsten so belassenen Raum verteilt. Es ist geradezu angenehm enttäuschend! Und das meine ich wirklich liebevoll. Letztes Jahr hat das Gastland Italien den Raum so zugestellt, als wollte man das ganze Decamerone darin begraben. Es war so voll, eng und effektvoll, dass man ein ganz klein bisschen Verständnis für den Untergang Roms bekam.
Aber das hier?





Und das hat Vorteile:
1. Man ist schnell durch.
2. Man kann auch am Eingang stehen bleiben und hat trotzdem alles gesehen.
Ich weiß, dass das alles sehr sarkastisch klingt. Aber dieses pompöse Wenig hat mir wirklich gut gefallen. In diesen lauten, hysterischen Zeiten und auf einer Messe, die das Schleusen von Tausendschaften zu einer Leistung macht, war das Durchmessen dieses Raumes eine kleine Erholung.
Und es gehört auch ein gestalterisches Wollen dazu, eine Vision, diesen Raum so zurückgenommen zu übergeben!
Ein klares, frankfurterisches, entschiedenes, aufgeladenes, anerkennendes: Och.

Namedropping
Der erste Tag für die Presse ist zugleich der letzte Tag für den Aufbau der Messehallen. Kurz vor der Ordnung ist die Unordnung am größten, und das kann man heute immer am besten sehen.
Aber das schöne ist ja, gerade in diesen schwindenden Trümmern schon Menschen zu finden. Und zu stören.
Zum Beispiel bei Kiepenheuer und Witsch:

Christian Pflug von den Paul-Pietsch-Verlagen und ich plaudern über alte Zeiten, als plötzlich Kinderbuch-Autor Jola Bilko erscheint und Pflug vor meinen Augen seinen Sackkarren abschwatzt, als seien sie alte Freunde.

Skurril, diese Messen.
Am Stand der eBuch-Genossenschaft knipse ich den Vorstand Angelika Siebrands und Julian Müller. Ich bin selbst Anabelist und spreche aus Erfahrung, wenn ich sage:

Und irgendwie endet jeder Frankfurter Hallendienstag immer mit Maren Ongsiek:

Peter Kraus vom Kleff trägt einen meiner absoluten Messe-Lieblings-Namen: Peter Kraus vom Kleff. Auf Platz zwei wäre dann Thedel von Wallmoden.
Nur einmal mehr sein als Mayer! (Naja, immerhin kein Meier, hahaha)
Früher am Tag begegnete ich noch Alexander Elspas, aber das eignet sich gut als Übergang zu den Hallenschnappschüssen.

Schnappschüsse aus den Hallen
Elspas zeigte mir seinen neuen Stand, den sich die Büchergilde mit der Caricatura teilt:

Ich wollte bei Penguin Random House noch ein Presseexemplar für ein Interview am Freitag abholen, aber die Uhrzeit passte nicht:

Andere wiederum sind ihrer Zeit sehr weit voraus. Dorling Kindersley schmückt schon für Weihnachten:

Oder heißt DK am Ende in Wahrheit Dezemberkälte?
Dicke Kugeln?
Delikate Kekse?
Dankbare Kinder?
Die heimliche Mitnahme hässlicher Messebänke, die man unbemerkt im Mantel rausschmuggeln kann, ist ein anhaltendes Problem:


Aber vielleicht können Sie noch etwas roten Messefliz brauchen?

Der Limbion-Verlag hat Jule und mich gezwungen, dieses riesige Banner zu fotografieren, bevor es aufgehängt ist:

Ganz neu auf der Messe: Der exzentrische TAPU T-Verlag!

Bei Hanser packt man die Karlchen-Hasentüten für die jungen Messe-Besucher:

Das Musical Oklahoma! hat sogar seinen eigenen Stand:

Und, Reclam, war Eure Wappenfarbe nicht gelb?

Die Heyne-Bestsellerin Freida McFadden wurde verfimt, und das läuft auf dem Kinodisplay auf der Agora rauf und runter.


Das Klischee ist schon so abgenutzt, dass man heute eher umgekehrt erschrickt: Jemand, der Angst vor einer Bedrohung hat und sich für alleine wähnt, klappt den Spiegel zu, und dann steht keiner da. (KREISCH!)
Noch ein Werbe-Fail, hier von Amazon Audible.
Die Botschaft ist clever und klar:

Aber, und das weiß doch jeder Profi:

Anfänger.
Vollprofis sind hingegen die Ausstatter des Bayerischen Gemeinschaftsstandes:

Und zwar echtes, keine Fototapete:

Mittag bei S. Fischer
Bei S. Fischer war es so gemütlich, dass dieses Dreiviertelstündchen seine eigene Überschrift kriegt.
Zwei der besten Praktikanten der Welt auf Augenhöhe:

Plötzlich kommt ein Stapel Pizzen für alle!

Und ich schwöre, die schneiden ihre Pizza einfach mit dem Cutter.

Lag in der Blechkiste direkt neben dem Pizzabohrer, dem Pizzatacker und dem Pizzahammer.
Und natürlich muss einem das hier sofort ins Auge springen:

Halt, ich sehe gerade, das ist in Wahrheit Literaturnobelpreisträger László Krasznahorkai! (wird aber ausgesprochen wie“Nora Haddada“.)
Altbieranstich
Es gibt hier gar kein Altbier mehr. Die eBuch eG schenkt Tannenzäpfle aus, ein badisches Pils, aber ich kann deswegen doch nach 244 Jahren diese Überschrift nicht ändern.
Weil diese Tradition in Düsseldorf geboren und mitgebracht auf die Messe wurde, ist das der Altbieranstich vom BuchMarkt.
Wir sind leider kein Magazin mehr. Aber wir sind eine Domain und eine Kolumne, und am Stand der eBuch eG haben wir ein Zuhause. Ich stoße mit Kollegin Hanna Schönberg auf Christian von Zittwitz an.


Die liebe Kollegin Schönberg hält die Homepage und den Newsticker am Laufen, und ich schreibe halbjährliche Tagesunterhaltung für Branchenmitarbeiter. So wie früher!

Statt vieler Fotos poste ich das eine hier:

Im Hintergrund unterhält sich Maren Ongsiek vom Börsenverein mit Oliver Lange von Diogenes, während Michael Geißler von Suhrkamp über Mirjam Mustonens hervorragend rasierten Kopf in die Kamera feixt. Den Typen ganz links kenne ich nicht, aber sein Blick ist unbezahlbar.
Aber so viel Einzelfoto muss dann doch sein:

In der Draufsicht offenbart sich Hang zur philippinischen Raumunterlassung. (Dann muss ich nicht schreiben, dass wenig los war.)

Eröffnungsfeier im Congress Centre
Ha! Ich weiß, dass Sie nach dem Altbier mit dem Ende des Dienstagsberichtes rechnen. Der uralte Messezwiespalt – Altbieranstich oder Eröffnungsfeier – zieht sich wie ein roter Trennfaden durch alle Aufbautage der Frankfurter Buchmesse.
Und niemals würde ich mein geliebtes Altbier im Stich lassen. Aber diesmal habe ich noch einen Trumpf in der Hinterhand!
Denn ich habe einfach die Jule zur Eröffnungsfeier geschickt!



…und Rang und Nam‘ aus Politik.


Und es wäre kein Mayerbericht, wenn wir im Großen nicht auch das Kleine sehen würden:

Danke, Jule, für die Einblicke!
Nächstes Mal nimm Dir bitte von Zuhause eine Cola mit.
Zum Geleit
Jetzt aber. Das war mein Presse- und Aufbautag. Ab morgen gibt es echte Messe und echtes Essen. Obwohl – die Pizza bei S. Fischer war ein Highlight.
Was erwartet uns denn:




Rolf Nüthens Kind bei Athesia war die Kalenderausstellung auf der Buchmesse, die er über drei Jahrzehnte lang kuratierte. Den kompletten Erlös aus dem Abverkauf der Messe übergab er immer an das Sozialwerk des deutschen Buchhandels. Und ich erwähne all das nicht nur deshalb, weil Rolf Nüthen vergangenes Jahr von uns gegangen war, sondern auch, weil Athesia diese Tradition fortführt.

Das hier ist nur eine harmlose Messebaufirma, aber ich kann nicht anders:

Und Dresen & Beckenbüßer sind zu teuer.
Ich wünsche Ihnen einen feinen Mittwoch.
Ihr und Euer
Matthias Mayer
Alles, was mich von Balut ablenkt, Teil 1 von 6

Wieder sehr schöner Bericht. Und wir sammeln für Herrn Mayer: Entweder Schweizer Taschenmesser oder Awerrähmchen für die Pizza . :-)
Herzerfrischend!