gleichen. In der Belletristik zum Beispiel sind wir stark gewachsen, sowohl in den Abverkäufen, wie auch in der Summe. Aber es gibt andere Warengruppen, zum Beispiel Kalender, wo die Stückzahl sinkt, weil dort die Preise stark gestiegen sind. Das heißt, höhere Preise sind nicht die Antwort auf das, was wegbricht? Das will ich so nicht gesagt haben. Die Leute, die in den Laden kommen und hier einkaufen, die bezahlen auch die höheren Preise. Da gibt es keine Zurückhaltung bei einem teuren Follett oder Walter Moers. Es ist mehr die allgemeine Kaufzurück- haltung, die man jetzt spürt. Oder auch, dass die Leute gar nicht mehr in die Stadt kommen. Das Kaufen vom Sofa aus ist inzwischen viel stärker in den Köpfen als das schöne Einkaufen im Geschäft. Dann ist die Kaufkraft nicht das ent- scheidende Thema? Gegen geringe Kaufkraft kann der Handel ja wenig machen, aber wenn es darum geht, die Leute wieder in die Läden zu locken … Wir versuchen, jedes Jahr neue Ideen zu entwickeln, kreativ zu sein und Dinge aus- zuprobieren. Wir haben im letzten Jahr den gesamten New Adult-Bereich aufgehübscht – und werden in diesem Jahr weiter daran arbeiten, diesen noch besser zu bedienen. Ansonsten wird der Bereich Kunst und Kul- tur noch verstärkt werden. Dabei geht es mehr „ums Auge“, weil unsere Zielgruppe das einfordert. Insgesamt werden wir, nach anderthalb Jahren in den neuen Räumen, unsere Buchhandlung ein bisschen „glät- ten“. Weil wir gemerkt haben, worüber Kundinnen und Kunden bei uns stolpern. Worüber stolpern sie denn? Wir müssen dafür sorgen, dass alles schneller und besser erkennbar ist, damit bestimmte Bereiche im Laden besser ge- funden werden. Insgesamt wollen wir den Zugriff erleichtern. Gerade für die jüngeren Kundinnen und Kunden, die wir z. B. durch den Manga-Boom relativ zahlreich im La- den haben, die aber oft mundfaul sind. Die müssen also alles sofort selbst erkennen können. Und wie wollen Sie das angehen? Es geht dabei vor allem um die Orien- tierung innerhalb des Ladens. Wir haben gemerkt, dass wir mehr mit Symbolen und Interview des Monats Farben arbeiten müssen: mehr visuelle Ef- fekte und keine Schriften, die werden eh nicht gelesen. Ein Beispiel: Die Schrift- größe bei unserem Abholfach hinten rechts liegt bei 120 Zentimetern – und wird trotz- dem nicht erkannt. Das bedeutet, dass wir viel mehr visualisieren müssen. Was also schlagen Sie vor? Es wäre schön, wenn jeder mal über die Themen der anderen nachdenkt. Ich habe mich intensiv in die Verlagssicht eingear- beitet. Aber ich habe manchmal das Ge- fühl, dass einige Verlage wirklich noch in ihrem Elfenbeinturm sitzen. Aber die jungen Leute kommen im- merhin. Liegt das vor allem an den Trendthemen Manga, Young Adult und New Romance? Unter anderem. Aber man sollte nicht ver- gessen, dass der gesamte Fantasy-Bereich bis vor Kurzem nur von den Filialisten gut bedient wurde. Er spielt aber im Buchhan- del nach wie vor eine große Rolle, und das nicht nur „im Farbschnitt“, sondern allgemein. Das ist eine Warengruppe, in der wir exorbitante Zuwachszahlen haben. Dennoch sagen Sie, dass sich etwas ändern muss, damit der Buchhandel weiterhin auskömmlich arbeiten und funktionieren kann. Geht es dabei um Unterstützung von außen – beispiels- weise durch die Politik – oder was erhoffen Sie sich? Von außen eher nicht. Es geht mir um eine vernünftige Kooperation zwischen Verla- gen und Buchhandel. Man wird darüber reden müssen, dass unterm Strich jeder die entsprechenden Euros braucht, um wei- terleben zu können. Ich persönlich habe den Eindruck, das ist noch nicht bei allen angekommen. Das betrifft die kleinen wie auch die großen Verlage. Was vermissen Sie denn bei den Ver- lagspartnern? Ich kann nicht mit Aussagen leben, wie: Das ist unsere festgelegte Kondition. Wir müssen uns darüber unterhalten, was diese Konditionen bedeuten. Wenn ich bei ei- nem Verlag 45 Prozent bekomme, blieben davon vor ein paar Jahren noch 25 Euro bei mir hängen, jetzt hab ich nur noch 19 Euro übrig. Und die Differenz ist das, was wir irgendwie selbst auffangen müssen. Das Schlimme ist, dass der Buchhandel am Ende der Nahrungskette steht. Wir sind die Doofen, die alle Kosten tragen müs- sen. Das heißt, dass auch Unternehmer, die jahrelang gut gewirtschaftet haben, immer weniger in der Tasche haben, wenn sie nicht permanent alles nachverhandeln. Das heißt, die Handelspartner müssen irgendwie zusammenkommen, damit es wieder auskömmlich wird? Ja, es geht um die Auskömmlichkeit. Ich sehe hier auch die A-Verlage in der Pflicht, die ja schon unwahrscheinlich viel tun, auch wenn man mitunter von den Konzernver- lagen spricht, als seien das die Feinde am Markt. Ich habe die größeren Probleme im B-Bereich, da auskömmliche Konditionen zu bekommen. Verlage, mit denen ich im Jahr z. B. 5.000 Euro Umsatz mache, halten einen nicht für wichtig und demzufolge wird auch nicht diskutiert. Das frisst Rendite. Wir haben Kostensteigerungen von 12 Prozent dieses Jahr. Ich habe aber keine Steigerung in meiner Rendite von 12 Prozent. Was wünschen Sie sich? Mir geht es um die Ehrlichkeit miteinander, die leider stark auf der Strecke geblieben ist. Mein großer Wunsch für 2024 ist also, dass man in der Buchbranche wieder ehr- licher miteinander umgeht. Was erhoffen Sie sich darüber hinaus vom neuen Jahr? Generell, dass die Leute aufhören, nur über Probleme zu reden, sondern mehr über die schönen Dinge auf der Welt. Wir haben den Leitsatz, dass selbst wenn Kundinnen und Kunden ohne Buch den Laden verlas- sen, sie doch wenigstens ein Lächeln im Gesicht haben sollen. Es ist nicht gesagt, dass wir das immer leisten können. Aber wir geben uns Mühe! Die Fragen stellte Jörn Meyer Buchhandlung Peterknecht Inhaber: Peter Peterknecht Ort: Erfurt Größe: 750 qm www.peterknecht.de BuchMarkt Januar 2024 17