Etwa 150 deutschsprachige Verlage präsentieren ab Donnerstag (16.11. – 3.12.) im Rahmen der Suttgarter Buchwochen im Stuttgarter Haus der Wirtschaft Schwerpunkte aus ihrem Verlagsprogramm. Veranstalter ist der Landesverband Baden-Württemberg des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Wir haben mit Geschäftsführer Tom Erben über das Programm und die Neuerungen bei den Buchwochen gesprochen.
Was ist der Kern der Stuttgarter Buchwochen?
Tom Erben: Die Buchwochen finden 2023 zum 73. Mal statt. Was in kulturkargen Nachkriegsjahren als „Leistungsschau der Verlage“ begann, entwickelte sich zu einer beliebten Publikumsmesse, auf der man einen profunden Marktüberblick erhielt, den es nirgends sonst gab. Heute haben die Buchwochen eine gewandelte Funktion, denn Bücher finden sich bekanntermaßen alle im Netz. Doch der Austausch mit Menschen, die Lust auf’s Bücher-Anfassen und Entdeckungen, die nicht vom Algorithmus gesteuert sind, sind nach Corona neu erwachsen. Da macht das Stöbern durch die Verlagsprogramme wieder Spaß. Durch die Präsentation von Empfehlungslisten und Themenwelten bieten wir zusätzlich einen kuratierten Überblick und füllen damit die Bücherwunschzettel der Besucher:innen für deren Buchhandlungen vor Ort – ein Anliegen von Anbeginn der Buchwochen.
Was ist 2023 anders als bisher?
Wir haben investiert, um neue Zielgruppen anzusprechen und auch das Stammpublikum neu zu begeistern: in die Ausstellung selbst, in das Programm und in das begleitende Marketing. Insofern kann man sagen, dass wir viel Bewährtes beibehalten, aber auch viel Neues hinzugefügt haben.
Was genau machen Sie anders?
Die Ausstellung selbst wird durch Themeninseln und Leselounges aufgewertet und emotional ansprechender gestaltet. Die Empfehlungslisten vom Deutschen Buchpreis über den Deutschen Gartenbuchpreis bis zur Kurt Wolff Stiftung erhalten einen eigenen Raum, wie auch das Schweizer Zimmer, das zum zweiten Mal zu Gast ist. In Kooperation mit dem Kosmos-Verlag ist auf der Empore ein eigener Bereich für Spiele und Kinderbücher aufgebaut. Der Deutsche Fotobuchpreis kehrt auf die Buchwochen zurück, der Selfpublishing-Preis wird erstmals zu Gast sein. Für die beliebte Kalenderausstellung konnten wir einen großen Kalenderverlag gewinnen.
Was sind die thematischen Schwerpunkte?
Das Publikum wird neben den beibehaltenen Verlagspräsentationen 2023 stärker durch Themenwelten angesprochen. Die Themensonntage ›Nachhaltigkeit‹, ›Gesundheit‹, und ›Gesellschaft‹ werden von einem Veranstaltungsprogramm für Erwachsene und Kinder begleitet. Neu ist der Thementag ›New Adult‹, der einen Trend aufgreift, den man nicht auf Anhieb bei den Buchwochen vermutet, der aber ein äußerst wichtig gewordenes Segment des Buchmarkts darstellt. Es gilt eben, neue Zielgruppen anzusprechen, z.B. auch mit einer Schreibwerkstatt und dem in Kooperation mit dem Deutschen Hörbuchpreis entwickelten Thementag ›Hören statt Lesen‹ zum aktuellen Streaming-Trend – ebenfalls ein Novum auf den Buchwochen.
Welche Autoren sind zu Gast auf den Stuttgarter Buchwochen?
Neben den Themen spielen wir große Namen als Publikumsmagneten, wie Dr. Yael Adler, Sabine Bode, Joachim Gauck, Margot Käßmann, Maren Kroymann, Matthias Politycki, Sarah Sprinz, Daniel Speck, Denis Scheck u.v.a. Hier haben wir übrigens mit dem Börsenverein Bayern und der Münchner Bücherschau zusammengearbeitet, um Autor:innen für den Süden der Republik gemeinsam buchen zu können. Die Veranstaltungsräume im Haus der Wirtschaft können wir dank der Unterstützung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg in schöner Tradition wieder nutzen.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit den örtlichen Buchhändler:innen aus?
Das traditionelle „Literarische Buchhandelsquartett“ findet ebenso unter Beteiligung Stuttgarter Buchhändler:innen statt wie deren Büchertipps. In der Ausstellung legen wir die bewährten Bücherwunschzettel aus, die in der heimischen Buchhandlung abgegeben werden. Wir freuen uns natürlich, wenn auch Buchhandlungen über den Raum Stuttgart hinaus ihre Kunden auf die Buchwochen aufmerksam machen. Dazu stellen wir Online-Banner (zum Download unter www.buchwochen.de), ein Streifenplakat und Kaffeegutscheine (solange Vorrat) als Werbemittel zur Verfügung. Warum sollen nicht auch Lesende aus Heidelberg oder Baden-Baden die Buchwochen besuchen?
Welche Rolle messen die Verlage der Bücherschau bei?
Die Standbuchungen sind stabil, schließlich bieten wir eine 14tägige Präsenz und hohe Reichweite bei unveränderten Kosten. Aber ich habe den Eindruck, dass speziell auch kleinere Verlage ein neues Interesse an regionalen Messen haben, um die Lesenden direkt zu erreichen – und um Bücher verkaufen zu können. Viele große Verlage wünschen ebenfalls einen Buchverkauf auf den Buchwochen. Als Pilot werden wir deshalb erstmals ein Bestellterminal in Kooperation mit Umbreit und dem Vaihinger Buchladen installieren.
Der Branchennachwuchs liegt Ihnen ebenfalls am Herzen – wie sieht das konkret aus?
Zum einen sind die kostenlosen Schüler:innenlesungen am Vormittag eine Einladung an Jugendliche, die Branche kennenzulernen. Wer da ein tolles Erlebnis hat, kommt vielleicht auch auf die Idee, sich bei Buchhandlungen oder Verlagen nach Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren. Und natürlich gilt es, mit diesem Bücherfest eine Strahlkraft für der Bücherwelt insgesamt zu entwickeln. Da wollen wir durchaus auch den Zustrom jüngerer Buch- und Lesebegeisterter für New Adult im stationären Handel nutzen.
Was wird die Stuttgarter und Stuttgarterinnen besonders interessieren?
Wir bringen die Buchwochen durch einen neuen Auftritt unter dem Motto „Bücher können was“ mit der Stadtwerbung, via Social Media und Kooperationen mit anderen Stuttgarter Institutionen wie der Stadtbibliothek und dem Literaturhaus stärker in die Sichtbarkeit. Da findet fast jede/r Lesende aus Stuttgart und Umgebung etwas Wertvolles für sich. Beispielsweise beim Kennenlernen von prominenten Autor:innen oder bei Veranstaltungen an den Thementagen z.B. mit Energiespartipps, der Geschichte des Walders vom Schwarzwald oder der Verwendung von pflanzlichen Hausmitteln.