Der Messe-Mayer Der Messe-Mayer Leipzig 2017 Tag 4 von 5

„Heute bin ich ein richtiger Troublemaker.“

 

 

Liebe Freunde,

 

heute, am Manga-Wochenende, ist alles anders.

Zum Beispiel war ich heute SO früh auf, dass ich den spektakulären Sonnenaufgang erleben durfte. Und stellen Sie sich vor:

 

Das macht die Gegend hier gar nicht schöner!

 

Ich war deshalb so früh auf, weil ich den Frühstückssaal gerne leer mag. Aber heute war ich es, der wiederum von einem Journalisten mit Kamera gestalkt wurde. Ausgerechnet von einem unserer eigenen Leute:

 

Der Frühstücksmayer, fotografiert ohne mein Einverständnis von Tim von Zittwitz

 

Wie gesagt, heute war alles anders. Was noch:

Naturgemäß trifft man bereits auf dem Weg zur Messe etliche Jugendliche, die alle den gleichen Weg haben; und so konnte ich hören, wie ein Mädchen zu einem anderen sagte: „Heute bin ich ein richtiger Troublemaker.“

Und da dachte ich: Genau, ich auch.

 

Das Wetter war vortrefflich, und das ist am Manga-Wochenende besonders wichtig, damit die ganzen Spukgestalten nicht dauernd alle in den Hallen herumhängen.

 

So zum Beispiel.

 

 

Und da war es noch nicht so voll wie dann später, als es richtig voll wurde.

 

Bei so vielen CosPlayern war natürlich auch die Security entsprechend verstärkt:

 

Hey! Das ist Kenny aus South Park!

 

Aber den CosPlayern widme ich mich in meinem abschließenden Sonntagsbericht.

Und vor den setze ich zunächst all dies folgende: Besuche bei Droemer Knaur, bei Lübbe, bei Arena, bei KBV, bei Neuland 2.0, am Litauen-Stand, wieder eines meiner hypnotischen Interviews und das geheime Whisky-Tasting wie immer Samstags.

 

Droemer Knaur: immer hilfsbereit, immer hip

Droemer Knaur ist eine Verlagsgruppe mit der Bandbreite von Random House, dem Augenzwinkern von Kiepenheuer & Witsch und dem Anspruch von S. Fischer. Na gut, das ist Rowohlt auch.

Ach, ich fange nochmal an.

Bei Droemer Knaur bin ich immer ein gern gesehener Gast. Geschäftsführer Bernhard Fetsch füllt im dicksten Gedränge kistenweise Fitzek nach, holt mir zwischendrin ein Getränk, aber egal wie voll der Stand ist, er taucht durch die Menge, mit mir hinterdrein, bis ich meine Fotos habe. Wenn ich die Energie dieses Mannes hätte, dann wäre ich womöglich echter Journalist oder Vater von zwei Kindern.

 

Schrieben „Die Mutter des Satans“ über Mama Luther: Claudia und Nadja Beinert (links und 2.v.l.)

 

 

Sci-Fantasy-Star-Autor Markus Heitz im Live-Interview

 

 

Forensiker-goes-True-Crime-Autor Michael Tsokos

 

Tatsächlich hatte Droemers Thrillerflaggschiff Sebastian Fitzek schon wieder eine Autogrammschlange, die die vorgestrige noch schlug.

 

Diese Leute gehen extra auf die Buchmesse, um dann zwei Stunden in einer Schlange zu stehen anstatt sich Bücher anzusehen

 

Bester Moment: Wenn Fitzeks Managerin die Warteschlange kappen muss. Genau an der Stelle ist die Empörung ulkigerweise am größten, obwohl doch alle gleichermaßen abgewiesen sind.

 

Nein, es liegt nicht an Ihnen persönlich. Ich beende einfach nur die Schlange hier an diesem Punkt.

 

Haha, das würde ich auch sagen, wenn ich Fitzeks Managerin wäre. Und dann würde ich mir in Wahrheit die unsympathischste Visage heraussuchen.

 

 

Schnappschüsse aus den Hallen

 

In Neuland 2.0 werden ausgesuchte Start-Ups und neue Technologien vorgestellt. Ich habe mir WaveFont angesehen – eine Software, die Lautstärke und Sprechtempo im Schriftsatz sichtbar machen kann.

Im Grunde wie in Comic-Sprechblasen oder wie beim „Laut schreien“ vermittels DER FESTSTELLTASTEN, nur eben etwas subtiler:

 

Weltraum-Betonung gut auswendig gelernt, Herr Armstrong

 

 

„bin“ ganz leicht betont, bei „Berliner“ zuviel Druck in die erste Silbe gelegt, dafür ordentliche Pausen gemacht: Aber gar nicht schlecht, Herr Kennedy!

 

 

Das kann sogar Fußballmoderatorisch?

 

Jetzt muss die Software nur noch Angela Merkel bestehen.

 

 

 

 

Immer wieder ein Highlight: Die Parade der Hörbuch-Versprecher, die von Hörspiel-Netzwerker René Wagner präsentiert werden.

 

Das Abspielen von Tondateien und das geteilte Zuhör-Erlebnis ergeben auch ein schönes Foto.

 

Aber ganz im Ernst: Wenn Sie sich darüber schlapplachen wollen, wie bekannte Synchronstimmen stolpern, fluchen und flaxen, dann müssen Sie auf die Leipziger Buchmesse kommen und sich die Sound-Outtakes des René Wagner anhören. (z.B. in Pierce Brosnans Stimme: Sie lebte in Schwebensgefahr!)

 

 

Muffin-Club bei Arena

 

Ich wollte ja nur ein wenig verschnaufen und lande ausgerechnet bei Arena. Bei Arena ist es auch immer schön und lustig, aber bei Arena es ist auch leider so, dass man dauernd mit bekannten Autoren am Tisch sitzt und es erst hinterher merkt.

Und so auch dieses Jahr! Und immer dieselbe Tour:

 

Erst kommt der Kaffee…

 

 

Dann setzt sich irgendeine Mutti zu Dir an den Tisch, die anscheinend auf ihre stöbernden Kinder wartet, und liest Deine Visitenkarte…

 

 

Und dann ist es in Wahrheit wieder eine Bestsellerin.

 

Auch noch mit einer ganzen Reihe, die in keiner Buchhandlung fehlen darf. Warum sind erfolgreiche Reihenschriftsteller so selten gesichtsprominent?

Und so oft an meinem Tisch?

Zum Trost bekomme ich ein wunderschönes Mumin-Notizbuch.

 

Was, die Mumins sind AUCH bei Arena?

 

 

Der Steidl-Verlag hat ein paar Messen lang ausgesetzt und ist nun wieder mit dabei, und zwar gleich imposanter als zuvor:

In der Messehalle 3 hat Steidl eine eigene Foto-Ausstellung installiert. Die Paper Dreams zeigt Fotos von Tomasz Gudzowaty, einem Nichtlitauer aus Polen.

 

Da habt Ihr aber Anlauf genommen, Steidl!

 

 

Und dann alles so richtig hoch von der Decke gehängt!

 

 

 

…also alte Gastland-Pavillon-Schule! Frankfurt-Feeling!

 

 

Künstlerisch bleibt es auch bei der FH Bielefeld, wo ein cleverer junger Mann Buchdöner aus Papier anbietet.

 

Doch, echt!

 

Und das wird live zubereitet! Aus Papier! Und kostet echte Zwofuffzich!

 

Und sowas gefällt mir natürlich: Ein Bluffet.

 

Ich habe mir auch endlich den Stand des Gastlandes Litauen angesehen. Aber weniger, weil ich offen für Lebenswelten aus Litauen bin, sondern weil der litauische Stand zweistöckig begehbar ist.

 

Und wie geil ist denn bitteschön das?

 

 

 

Man kann von Litauen aus prima die Schweizer im Auge behalten

 

 

 

Neuatil, das ist bestimmt ein literarisches Motto aus Litauen

 

 

 

Keine Sorge wegen der Schweizer. Ich kümmere mich darum.

 

 

Habe wieder eine Riesenmenschenschlange getroffen. Hatte Angst, dass sie schon wieder zu Fitzek führt.

 

War aber nur das Glücksrad von Kosmos. Egal, Hauptsache Schlangestehen!

 

 

Da, Ilja Richter stellt seine Lieblingsbücher vor:

 

Eine Stimme, die man durch die ganze Messehalle hindurch erkennt

 

…auch wenn er inzwischen die Frisur von Christian Brückner hat und nicht mehr  die von Mireille Mathieu, so wie 1978.

 

 

Die liebe Gabi Riegel hat vom Herder-Verlag anstatt zweier Würstchen mit Senf diesmal ein wunderbares Stück Dresdner Eierschecke mitgebracht. Das ist kein Käsekuchen und keine Eierschnecke.

 

Sondern eine Eierschecke. Egal, gleich ist sie ohnehin weg.

 

Und oh mein Gott, war die lecker. Danke, Herder.

 

 

Natürlich bin ich auch wieder in den Regalen des Regalbauers mocoba herumgeklettert:

 

Und das war so anstrengend, sage ich Ihnen!

 

 

Also nicht nur ich, sondern andere CosPlayer. Also weitaus mehr Cosplayerinnen.

 

Der Mädchendrapierer muss erst sein Werk tun.

 

 

Und dann flattern Sie um das Monitor-Terminal herum und glitzern und zwitschern.

 

Die Firma BookHit aus Drensteinfurt freut sich jedenfalls über diese Nachbarschaft.

 

Das hatte all die Jahre gefehlt.

 

 

Das war übrigens der Spezial-Move, der meine Hechter-Anzughose tötete, so dass ich am Freitag in Fetzen und Unterhosen zu KiK musste, wovon es hoffentlich keine Fotos gibt, hoffentlich, hoffentlich

 

 

Bei Lübbe habe ich dieses Jahr keine Interviews, aber ich wollte mir Bernd Stelter nicht entgehen lassen, der seinen Krimi „Der Killer kommt auf leisen Klompen“ vorstellte. Wie so oft war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort, denn sofort kam eine junge Frau, die ihn für Armin Maiwald hielt und ein Autogramm  von dem Mann mit der Maus wollte.

 

Klingt komisch, is aber so.

 

Und just, als ich direkt gegenüber meine halbjährliche Aufwartung beim Krimispezialisten KBV machen wollte, wollte dies Bernd Stelter auch! Denn Comedian Stelter und Oetker-Erbe Ralf Kramp sind alte Kumpel!

 

Riecht komisch, is aber so.

 

 

Was dann als nächstes zu diesem Selfie führte:

 

Sieht komisch aus, hat aber Ohren.

 

 

 

Und ich habe Batman gesehen! Ich sagte zwar, dass ich mich erst im Abschlussbericht den CosPlayern widmen wollte.

 

Aber das war gar kein CosPlayer. Das war der echte Batman.

 

 

 

Interview mit Takis Würger bei Kein & Aber: Der Club

Der Spiegelredakteur und preisgekrönte Journalist Takis Würger hat bei Kein & Aber ein kleines, dünnes Büchlein herausgebracht, das ein Verbrechen aus mehreren Ich-Perspektiven beschreibt. Was einerseits wie eine Fingerübung anmutet, also mit Leichtigkeit, verhandelt andererseits schwierige Themen wie Wahrheit, Rache und noch Brisanteres. Und plötzlich ist der versierte Journalist ein vielbesprochener Debütromancier.

BuchMarkt traf den vielbesprochenen Debütromancier am Schweizer Gemeinschaftsstand.

 

 

 

BuchMarkt: Sie waren als Journalist kein unbeschriebenes Blatt, aber mit ihrem Roman sind Sie ja nun ein Shooting Star.

Wenn Sie das sagen!

Na ja, die Feuilletons schreien alle ihren Namen.

Mir ist allerdings aufgefallen, dass es viel Berichterstattung gibt. Aber eher in der Brigitte als im klassischen Feuilleton.

Sie zählen die Brigitte nicht zum Feuilleton?

…und wieso tragen sie diese Ohren?

(Ich erzähle es ihm.)

Wie fühlt es sich denn für einen Journalisten an, wenn plötzlich über ihn berichtet wird?

Das ist schon ein wenig seltsam, ein komisches Gefühl, ehrlich gesagt.

Da sehen Sie mal, wie das ist.

Man hat plötzlich nicht mehr die Kontrolle über das Geschriebene, und dadurch wird mir auch meine eigene Verantwortung als Redakteur bewusster. Der Wunsch, dass man wohlwollend betrachtet wird, führt dazu, dass man selber auch liebevoller auf die Menschen schaut.

Ihr Buch hat ein paar heiße Eisen in der Glut, die ich an dieser Stelle nicht spoilern kann, die aber schönen Diskussions-Sprengstoff versprechen.

Schön, dass Sie das so sehen. Bestenfalls soll Literatur ja auch Sprengstoff sein. Dass ich dieses Thema auf diese Art behandle, ist ja Absicht, ebenso dass es dem Leser überlassen bleibt, Urteile zu fällen.

Wirft man Ihnen vor, wie sie das Verbrechen in ihrem Buch behandeln?

Bis jetzt leider nicht, obwohl ich mich über Kritik sehr freuen würde. Ich habe sogar meine Emailadresse im Buch angegeben, damit ich genau solche Diskussionen führen kann. Das will ich gerne tun.

Wenn man solche greifbaren, sympathischen wie auch unsympathischen Figuren alle in der Ich-Form schreibt, muss man dann nicht auch ein wenig so sein wie diese Figuren?

Zumindest muss man eine Ich-Perspektive bedingungslos einnehmen.

Josh, eine sehr unsympathische, aber gelungene Figur, spricht immer davon, „Frauen zu pamsen“, wenn er Sex meint. Wie um Gottes Willen sind Sie auf dieses Wort gekommen?

Das hat ein Freund von mir erfunden, aber zu Josh passt es eben gut, dass er sich so ausdrückt.

Weil sie zwei, drei Gemeinsamkeiten mit der Hauptfigur haben und in der Ich-Form schreiben, kann das Publikum sie kaum noch von ihrem Werk trennen. Was hat man Nabokov nicht alles an den Kopf geworfen, weil er einen Päderasten in Ich-Form erzählen ließ. Warum beharrt das Publikum so sehr auf diese scheinbare Kongruenz zwischen Autor und Werk?

Ich weiß es wirklich nicht. Aber ich spiele ja mit dem Reiz, dass man sich genau darüber Gedanken macht. Ich habe auch geboxt, ich war auch in Cambridge – also was muss ich dort erlebt haben, um dieses Buch zu schreiben? Da könnte sich ein Abgrund auftun, wenn ich das nicht erfunden, sondern erlebt hätte. Und das beschäftigt die Leser. Als Schriftsteller schreibt man ja immer über sich. Als Leser würde ich diese Parallelen ebenfalls ziehen, und das war mir klar.

Wir danken für dieses Gespräch und auch für dieses Buch.

 

Takis Würger, Redakteur, Cambridge-Boxer und plötzlich gefragt

 

 

Whisky-Tasting

 

Das ist eigentlich gar nichts Großes, oder zumindest wünsche ich mir das so: Am Messesamstag mit zwo, drei, vier, auch fünf lieben Menschen ein, zwei, auch fünf edle Tropfen kreisen lassen und die Woche und den Tag ausklingen lassen.

Allein die netzweite Verbreitung aller Kombinierbarkeit von Menschen auf persönlichen Fotos, alkoholischen Getränken und der vollen Benennungen beider Komponenten gilt nicht ganz zu Unrecht als dumm.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich gesagt haben: All diese Menschen haben keinen Whisky getrunken.

 

Die alle nicht.

 

 

Keiner von denen.

 

 

 

Nein. Auch nicht.

 

 

Barbara Wüst, GABAL: Auch sie ist nicht in Kenntis irgendwelcher anderer als messebezogenen Vorgänge

 

 

Das bin ich. Ich öffne keinen Whisky.

 

 

Speziell diese beiden Whiskys haben wir nicht getrunken.

 

 

 

Ja, Visitenkarten haben wir ausgetauscht. Wie verrückt.

 

 

Ich hoffe, dass wir dieses schöne Erlebnis auch am Frankfurt-Samstag im Herbst wieder pflegen können. Ich werde jedenfalls wieder keinen Whisky mitbringen. Dieses Mal ist Christian Brückner leider nicht aufgetaucht.

Also in echt nicht.

Falls jemand von Zweitausendeins da gewesen wäre, der meinen 14jährigen Balvenie Carribbean Cask als „lecker zum Wegschlotzen“ bezeichnet hätte, dann hätte ich seine Gesellschaft dennoch nicht missen mögen.

 

 

Zum Geleit

Ich wünsche Ihnen und mir einen glimpflichen letzten Tag. Am Geistertag der Messe sind die meisten Chefs schon heimgefahren; und alle, die sie zurückgelassen haben, schweben auch nur noch wie Schatten über dem Messestand.

Gerade dann ist es für die Messe wichtig, weiterhin den Betrieb aufrecht zu erhalten. Aber wahrscheinlich wird die Million CosPlayer dafür sorgen, dass es sich wie eine Party anfühlt, die nicht enden will.

 

Hier sind noch meine Sonnenuntergangsfotos. An einem Tag, an dem ich die aufgehende Sonne fotografiere, will ich ihren Untergang nicht schuldig bleiben:

 

Violett dämmert die Glashalle

 

 

Bestes Foto von Holger Ehling ohne sein Gesicht

 

 

Weltbuch-Verlag: Noch beim Rausgehen neue Freunde gefunden

 

 

Da möchte ich gerne sein, wenn ich nicht schon da wäre.

 

 

Holger Ehling im milden Zwielicht

 

 

Nur der Fitzek signiert immer noch.

 

 

Ich wünsche Ihnen einen guten Sonntag. Morgen müssen die ganzen Kaffeereste weg, das wird bitter.

 

Denn wir schütten nichts weg, und die Redaktion braucht ihren Eimer wieder.

 

 

Herzlichst,

Ihr

Matthias Mayer

 

Litauer, die Sie nicht sofort auf dem Schirm hatten, Teil 4 von 5:

Dr. Hannibal Lecter, litauischer Gestalttherapeut

 

Was denn? Immerhin eine richtige Romanfigur!

 

 

 

 

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