Die Neueinschätzung der Verleger, Lektoren und Buchhändler durch den Börsenverein

Wir waren des Lobes voll: Der Börsenverein hat seinen Deutschen Bücherpreis, endlich, an den Linien des bewährten britischen Man Booker Prize und des französischen Goncourt rekonzipiert: als Deutschen Buchpreis. [mehr…]

Die Freude wurde freilich wieder getrübt, weil für das relative Misslingen des bisherigen Deutschen Bücherpreises, der doch ein Preis des Börsenvereins war, dieser Börsenverein – getreu dem Motto: Haltet den Dieb – quasi die Leipziger verantwortlich machte und zur Strafe den Deutschen Buchpreis der Stadt Frankfurt andiente.

Die Betrübnis wandelte sich in Trauer, als ans Licht kam [mehr…], wie der Frankfurter Börsenverein mit der Messe und der Stadt Leipzig umgesprungen ist – eine Trauer, die mancherorts [mehr…] in Empörung und Entsetzen umschlug.

Nun aber wird`s heiter. Die Leipziger haben in Reaktion auf ihre Schmähung quasi über Nacht ein Gegenkonzept erarbeitet, ebenfalls in Anlehnung an Man Booker und Goncourt, und prompt eine hochkarätige, bewundernswerte Jury für ihren Preis zusammengebracht [mehr…]. Der Vorstand des Börsenvereins dagegen kommt, Tage später, mit einer bloßen Ankündigung: Er wird in den nächsten Wochen erst einmal eine Akademie Deutscher Buchpreis zu gründen, die – wie lang das dann wohl wieder dauern wird, und was das kosten mag? – eine elfköpfige Jury suchen und bestellen soll.

Der Anflug von Heiterkeit dauert allerdings nur kurz. Denn der Börsenverein hebt als besonderen Pluspunkt seines künftigen Preises die Unabhängigkeit seiner künftigen Jury hervor. Soll das heißen, die bisherige Jury sei abhängig gewesen?

Und dann kommen wir vom Regen in die Jauche. Denn, wie Anja zum Hingst, die Sprecherin des Börsenvereins, den Kollegen in Dortmund zu Protokoll gab, hat der Börsenverein vorab und grundsätzlich für seine Jury bestimmt: „Mitglieder der Branche sind ausgeschlossen, wir wünschen uns Profis, die in der Beurteilung von Büchern Erfahrung haben.“ So steht’s im gestrigen Buchreport schwarz auf weiß.

Man reibt sich verwundert die Augen. Ist es vielleicht nicht grotesk, wenn die für die öffentliche Kommunikation eines Verbandes verantwortliche Sprecherin alle dem Verband angehörenden Produzenten und Händlern öffentlich der Unfähigkeit zur Beurteilung der Qualität ihrer Produkte und Waren bezichtigt? Wir begreifen: Verleger, Lektoren und Buchhändler sind da für sie keine Profis. Jedenfalls keine „Profis, die in der Beurteilung von Büchern Erfahrung haben.“ Selbst wenn sie Profis zu sein beanspruchten: wären sie folglich höchstens Anfänger, weil ohne Erfahrung.

Seit gestern morgen klingelt bei mir ununterbrochen das Telefon: Was ich denn von dem Ganzen halte? Ich hoffe, alle Anrufer beruhigt haben zu können, denn am Ende waren wir alle der Überzeugung: Hier hat die Spitze des Börsenvereins wieder etwas Neues geleistet. Ihr ist mit solch einzigartigem Statement die bislang größte Frechheit gelungen.

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de. Natürlich können Sie diese Kolumne auch im BuchMarkt-Forum diskutieren. Einfach oben auf der Seite den Button „Forum“ anklicken, einloggen und los geht‘s.

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