Ein weiterer Fantasy-Boom mit neuen Autoren im Zusammenspiel von Hollywood und Verlagen?

Fantasy hat in den letzten Jahren wieder einmal grandios gezeigt, wie sehr die Filmindustrie für Kassenschlager auf literarische Stoffe angewiesen ist: siehe Der Herr der Ringe und Harry Potter. Kein Wunder also, dass New Line – dieses Studio finanzierte die Verfilmung des Tolkien-Romans – plant, Philip Pullmans Trilogie mit den Romanen Der goldene Kompass, Das magische Messer, Das Bernsteinteleskop auf die Leinwand zu bringen, während Disney soeben Das Wunder von Narnia aufnimmt – als ersten der siebenbändigen Narnia-Chroniken von C.S. Lewis (und die Schaffung eines entsprechenden Disney-Themenparks überlegt; falls der Film ein Hit wird).

J.R.R. Tolkien, J.K. Rowling. C.S. Lewis und Philip Pullman sind berühmt; da schloss Hollywood an die weite Verbreitung und den hohen Bekanntheitsgrad ihrer Werke an. Auf Grund der Beliebtheit des Genres wagt Hollywood nun ein neues Spiel, indem es auf völlig unbekannte, ja, auf sogar noch nicht einmal publizierte Autoren und Romane setzt – die übrigens auch wieder aus Großbritannien stammen.

Miramar (eine Disney-Tochterfirma) hat u.a. die Rechte an einer Fantasy-Trilogie von Margaret McAllister erworben, die angeblich eine gewisse Verwandtschaft mit George Orwells Farm der Tiere aufweist. Der erste Roman dieser Trilogie von Margaret MacAllister wird unter dem Titel Mismantle erst im Frühjahr 2005 herauskommen.

Der Ausgabe der Londoner Sunday Times vom vergangenen Sonntag ist auch zu entnehmen, dass Hollywood-Studios sich seit Wochen um die Filmrechte von Susanna Clarkes Erstlingsroman Jonathan Strange & Mr. Norill reißen, der Anfang September in den USA erscheinen wird (wo Buchhändler mit ihm offenbar einen noch größeren Verkaufserfolg erwarten als mit Bill Clintons Memoiren) und Anfang Oktober in Großbritannien beim Verlag Bloomsbury – und Bloomsbury hat für diesen seinen absoluten Schwerpunkt-Titel der Saison bereits einen solchen Marketingwirbel veranstaltet, dass eBay ein Umbruchexemplar des 800 Seiten-Opus zum Rekordpreis von umgerechnet sage und schreibe rund 350 Euro anbietet.

Les jeux sont faits…

Übrigens: Margaret McAllister ist die Ehefrau, Susanna Clarke die Tochter eines Methodistenpfarrers. Werden ihre Romane – wie einst die von C.S. Lewis – einen christlichen Einschlag haben und gewisse kirchliche Kreise weniger irritieren als J.K. Rowling?

Die Werke beider Schriftstellerinnen sind, wie die Harry Potter-Romane, für Kinder wie für erwachsene Leser gedacht: also wieder literarisches Cross-over.

Etwas Lustiges zum Schluss: Die Harry Potter-Autorin heißt, wie man inzwischen weiß, mit Vornamen Joanne. Wie kürzlich durchsickerte, hatte ihr britischer Originalverlag Bloomsbury die Idee, dass sie auf dem Cover und der Titelseite ihre Romane jedoch statt mit ihrem (weiblichen) Vornamen mit ihren Initialen J.K. firmiert – damit Buben und Männer, die in Großbritannien laut statistischer Erhebungen wenig geneigt sind, Bücher von weiblichen Autoren zu lesen, nicht als Käufer und Leser verloren gingen. Vielleicht spielt das nach dem Erfolg der Rowling-Romane bei Margaret McAllister und Susanna Clarke aber keine Rolle mehr…

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