Im Juli 2023 ist wieder einmal ein bunter Strauß an Fundstücken aus den unterschiedlichsten Literaturblogs zusammengekommen. Und ich freue mich sehr, sie hier vorzustellen.
Zunächst einmal heißt es herzlichen Glückwunsch: Der Gemeinschaftsblog We Read Indie feiert in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag. Seit einer Dekade werden dort Bücher aus unabhängigen Verlagen vorgestellt und in einem Gastbeitrag erläutert We Read Indie-Mitgründerin Simone Finkenwirth, warum das heute wichtiger ist denn je.
Da wir gerade bei Geburtstagen sind: Booktuberin Ilke Sayan hat sich für ihren Kanal Buchgeschichten aufgemacht nach Lüttich. Dort wandelt sie auf den Spuren von Georges Simeon, der in dieser Stadt vor 120 Jahren geboren wurde.
Am 28. Juli 2023 ist Martin Walser gestorben. In seinem Blog AISTHESIS hat Lars Hartmann einen sehr lesenswerten Nachruf auf den großen Autor veröffentlicht.
Zum 90. Jahrestag der Bücherverbrennung ist das Standardwerk »Die verbrannten Dichter« von Jürgen Serke neu aufgelegt worden. In ihrem Blog stellt Birgit Böllinger dieses wichtige Buch vor. Im gleichen Blog bin ich auf die Besprechung des Kriminalromans »Brooklyn Supreme« von Robert Reuland gestoßen – und als New-York-Aficionado habe ich mir dieses Buch sofort auf die Wunschliste gepackt. Ganz weit nach oben.
Die Buchbesprechungen von Kerstin Pistorius in ihrem Blog Atalantes Historien sind stets ausführlich, präzise und sehr lesenswert. Hier bin ich im Juli auf den Roman »Seht mich an« von Anita Brookner aufmerksam geworden, in dem die Autorin »herausragend über die Einsamkeit schreibt«, wie es im Blog heißt. Das macht neugierig. Ebenfalls ein Titel für die Wunschliste, ebenfalls weit oben.
Vor einigen Jahren hatte ich mit großer Begeisterung »Kruso« von Lutz Seiler gelesen; es fühlte sich an wie ein Leserausch. Als der Autor nun mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet wurde, hat mich dies sehr gefreut. Ich empfehle dazu unbedingt den Beitrag im Blog intellectures, in dem das schriftstellerische Werk Lutz Seilers ausführlich vorgestellt wird.
»Dass ich mal freiwillig und gern ein ganzes Buch über Landwirtschaft lesen würde, hätte ich auch nicht gedacht, aber Ewald Frie (*1962) hat zwei seiner biografischen Umstände einfach cool kombiniert.« So beginnt im Blog buchpost die wunderbare Rezension des Werkes »Ein Hof und elf Geschwister – der stille Abschied vom bäuerlichen Leben«, für das Ewald Frie den diesjährigen Deutschen Sachbuchpreis erhalten hat. Das Buch liegt hier schon bereit und nach dem buchpost-Text bin ich noch gespannter darauf.
Etwas Schönes gibt es im Blog Bücheratlas zu entdecken: Dort wird der Band »The History of Press Graphics 1819 -1921« von Alexander Roob vorgestellt, erschienen im Taschen Verlag. Für den Rezensenten Martin Oehlen ist dieses Werk über die frühe Geschichte des Bildjournalismus einer der reizvollsten und schönsten Bildbände des Jahres.
Einen Text, der bereits im Juni erschienen ist, muss ich hier unbedingt unterbringen: Katharina Herrmann beschäftigt sich in ihrem Blog Kulturgeschwätz mit der Frage, wer eigentlich bestimmt, was Kunst ist und was nicht. Ausgangspunkt ist eine Diskussion um die Lindemann-Schüttelreime, die als Gedichte verkauft wurden, bis der Verlag die Notbremse gezogen hat. Ein starker Blogbeitrag, gute Gedanken, unbedingt lesen.
Die Bücher von Doris Knecht schätze ich sehr und ich bin schon sehr gespannt auf ihren neuen Roman »Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe«. Eine sehr schöne Besprechung dazu habe ich im Blog Denkzeiten von Sandra von Siebenthal gefunden.
Im Blog Bleisatz liegt einer der inhaltlichen Schwerpunkte auf Literatur aus Japan, denn Bloggerin Bettina Schnerr hat dort eine Weile gelebt. Nun gibt sie einen kleinen Einführungskurs, in dem erklärt wird, wie die japanischen Buchtitel gelesen werden können – und nach welchen Kriterien in Japans Buchläden die Titel sortiert sind. Ein spannender Exkurs.
Ein Buch, da zur Zeit an vielen Stellen auftaucht, ist der bei mare erschienene moderne Klassiker »Gentleman über Bord« von Herbert Clyde Lewis. Und wenn ich es nicht ohnehin lesen wollte – spätestens nach der Besprechung im Blog Das graue Sofa hätte ich diesen Wunsch.
In seinem Blog Horatio-Bücher schreibt Jörg Liesegang über Gabrielle Zevins »Morgen, morgen und wieder morgen« und kommt zu dem Fazit: »Ein vielschichtiger, intelligenter, gänzlich gelungener Roman. Ein düster-buntes Werk, dem das große Kunststück gelingt, Literatur und Nerdgold zu vereinen.«
Literaturbloggerin Vera Lejsek berichtet auf glasperlenspiel13 über die drei Literaturkreise, in denen sie aktiv ist – und denen sie viele unerwartete Lektüren verdankt.
»Maud Martha« ist der einzige Roman der ersten afroamerikanischen Pulitzerpreisträgrin Gwendolyn Brooks. Erschienen ist er im Jahr 1953 – und erst jetzt auf Deutsch im Manesse Verlag, übersetzt von Andrea Ott. Literaturbloggerin Petra Reich hat Manesse-Verleger Horst Lauinger und die Übersetzerin getroffen und mit ihnen für ihren Blog LiteraturReich ein Interview über dieses Projekt geführt. Ein sehr interessantes Gespräch, große Leseempfehlung.
Und in meinem eigenen Blog Kaffeehaussitzer schreibe ich über zwei Sätze, die ich im Roman »Heimweh« von Graham Norton gefunden habe – und die perfekt beschreiben, wie es sich anfühlt, an den Ort des eigenen Aufwachsens zurückzukommen, der schon lange kein Zuhause mehr ist.
Das war es für dieses Mal. Wir lesen uns in vier Wochen wieder – bis bald.
Uwe Kalkowski ist seit über 25 Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Seit August 2019 arbeitet er als Produktmanager für den Eichborn Verlag in Köln. In seinem Blog Kaffeehaussitzer schreibt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse und stellt in der monatlichen Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« auf buchmarkt.de lesenswerte Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs vor. Normalerweise. Diesen Juni gab es ausnahmsweise eine Reise durch die letzten zehn Jahre seines eigenen Blogs.