Kaffeehaussitzers Netzrückblick Fundstücke aus den Literaturblogs – September 2022

Uwe Kalkowski

Wie immer versammelt der Netzrückblick ausgewählte Fundstücke aus der Welt der Literaturblogs, die im vergangenen Monat veröffentlicht wurden und die mir aufgefallen sind. Beginnen möchte ich dieses Mal mit einem Text über die Geschichte der Buchhandlung Kortes in Hamburg-Blankenese. Sie existiert (nicht immer an diesem Standort) bereits hundert sehr bewegte Jahre und ab dem 1. Oktober 2022 wird dort das nächste Kapitel aufgeschlagen: Zwei der Macher des Literaturblogs AufklappenPascal Mathéus und Florian Wernicke – übernehmen die Buchhandlung. Ich sende an dieser Stelle die herzlichsten Glückwünsche zu diesem großartigen Schritt. Und Aufklappen wird zum Blog der  Buchhandlung – eine perfekte Kombination

Generell finde ich es eine feine Sache, wenn Buchhandlungen mit einem eigenen Literaturblog punkten und nicht nur auf Instagram & Co. unterwegs sind. Natürlich ist es eine weitere Plattform, die gepflegt werden muss, aber zum einen kann ein Blog neben dem Webshop die zentrale Präsenz im Netz sein, eine, die alle anderen speist. Und zum anderen ist die verschriftlichte Kundenberatung zu einem bestimmten Buch bereits eine gute inhaltliche Grundlage. Ein schönes Beispiel für eine solch gelungenene Kombination ist Hauke Harders Blog Leseschatz, in dem stets lesenswerte Buchvorstellungen zu finden sind und der direkt seiner Buchhandlung Almut Schmidt angegliedert ist. Im September habe ich dort die Besprechung von Judith Holofernes Buch »Die Träume anderer Leute« gerne gelesen.

Ein persönliches Highlight im September war für mich der Auftritt von Jennifer Egan in Köln, die auf Einladung des Kölner Literaturhauses ihren neuen Roman »Candy Haus« vorstellte. Martin Oehlen vom Literaturblog Bücheratlas war ebenfalls vor Ort und hat einen schönen Text über Veranstaltung und Buch veröffentlicht.

Beim Krimiblog Kaliber 17 gab es ein Jubliäum: Der tausendste Blogbeitrag ging online – wie auf der zugehörigen Facebookseite zu lesen war. Er beinhaltete eine Doppelrezension: Vorgestellt wurden die Bücher »Wir sind dieser Staub« von Elizabeth Wetmore und »Miracle Creek« von Angie Kim.

Im Blog findingtimetowrite nimmt uns ein (englischsprachiger) Erlebnisbericht mit zum Bloody Scotland Crime Fiction Festival. Klingt großartig.

Nach einer längeren Pause habe ich mich sehr über eine neue Buchsprechung im Blog crimenoir gefreut. Und was für eine: Es geht um den Kriminalroman »Das Dunkle bleibt« von William McIlvanney, der nach dem Tod des Autors von Ian Rankin fertig geschrieben wurde.

Über ausgesonderte Bücher und Gründe für wirkliche Shitstorms: Sehr guter Text von Marius Müller im Blog Buch-Haltung über die Arbeit von Bibliotheken. Und wider die Twitter-Tribunal-»Kultur«. Große Leseempfehlung.

Seit vielen Jahren steht »Der Fänger im Roggen« von J. D. Salinger in meinem Regal und irgendwann werde ich diesen Roman sicher lesen. Auch an Blogger Frank Wolf ist dieser moderne Klassiker lange vorbeigegangen – doch nun hat er mir die Lektüre voraus und berichtet in seinem reisswolfblog darüber.

Und da wir gerade bei modernen Klassikern sind: Brigitte von Freyberg schreibt im Blog Feiner reiner Buchstoff über Peter Torbergs Neuübersetzung von Ray Bradburys »Fahrenheit 451« und lobt vor allem deren Emotionalität, die dem Text eine verbindende, menschlichere Ebene verleiht. Ich kann das nur bestätigen, es ging mir sehr ähnlich. Und da das gerade so gut passt: Vor einiger Zeit hatte ich die Gelegenheit, Peter Torberg zu seiner Arbeit an der Übersetzung zu interviewen.

Stichwort Interview: Klappentexterin Simone Finkenwirth befragte die Autorin Leona Stahlmann. Herausgekommen ist ein spannendes Gespräch über Sprache, verschiedene Sprachwelten und Authentizität.

Der Gemeinschaftsblog We Read Indie stellt ausschließlich Bücher aus unabhängigen Verlagen vor und ist eine wahre Fundgrube. Im September erschien dort der lesenswerte Beitrag »Die Indies und der deutsche Buchpreis – Edition 2022«.

Kann man eine Buchrezension schreiben und darin ausschließlich Fragen stellen? In diesem Fall gibt es auch eine Antwort: Man kann. Und Tino Schlench beweist es in seinem Literaturpalast mit der Besprechung von Volha Hapeyevas »Camel Travel« auf das Eleganteste.

In meinem eigenen Blog Kaffeehaussitzer habe über den Roman »Alle, außer mir« von Francesca Melandri geschrieben. Und nicht ganz zufällig ist die Buchvorstellung am Tag der Wahl in Italien online gegangen. Denn ein passenderes Werk zu diesem fatalen Wahlausgang gibt es kaum.

Nun naht der Oktober und mit ihm die Frankfurter Buchmesse. Ich werde vor Ort sein, freue mich schon riesig darauf und vielleicht sehen wir uns ja.

Bis denn dann. Passen Sie auf sich auf.

Uwe Kalkowski ist seit über 25 Jahren in der Buchbranche tätig und kennt sie aus unterschiedlichen Perspektiven: Als Buchhändler, als Absolvent des Studiengangs Verlagswirtschaft in Leipzig und als Mitarbeiter verschiedener Verlage. Seit August 2019 arbeitet er als Produktmanager für den Eichborn Verlag in Köln. In seinem Blog Kaffeehaussitzer schreibt er über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse und stellt in der monatlichen Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« auf buchmarkt.de lesenswerte Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs vor. »Vollkommen subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen Szene gar nicht geben«, wie er sagt.

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