ARCHIV Günter G. Rodewald war bei der Verleihung des Premio Planeta dabei

Der 15. Oktober ist einer der jährlichen Höhepunkte des Verlagslebens in Spanien und Barcelona. Es ist der Tag, an dem der höchstdotierte Buchpreis der spanischsprachigen Welt vergeben wird. Eine Trophäe, die sich in vielfachem Sinn lohnt: für den, der ihn bekommt, den, der ihn vergibt – und den, der ihn besteuert.

Es ist der Premio Planeta mit seinem attraktiven Gegenwert von 300.000 Euro, um genau zu sein: Es ist sogar noch ein Euro mehr.

1.000 Gäste beim Dinner

Die Verleihungszeremonie ist eine der Veranstaltungen, bei der sich man gerne zeigt und sehen lässt, die Eintrittskarten für das fast 1.000 Personen versammelnde Dinner sind heiß begehrt, alle Medien sind anwesend und am Eingang geht der Besucher über einen roten Teppich, der hier allerdings in klassischem Planeta-Blau strahlt. Wer für wichtig und prominent gehalten wird bzw. wer glaubt, es zu sein, wird abgebremst oder flaniert hoffnungsvoll langsamer.

Eher ein politisches und gesellschaftliches als ein literarisches Ereignis, obwohl sich in diesem Jahr mehr Bekannte aus der Verlagswelt einfanden als in den meisten vergangenen Jahren. Denn dieser Preis wird immer am 15. Oktober verliehen, und da an diesem Datum oft noch die Frankfurter Buchmesse abgehalten wird, fehlen die, die dort ihre Aufgaben erfüllen müssen.

Der 15. Oktober ist der Namenstag der Heiligen Teresa und damit der Namenstag von María Teresa Bosch, der Ehefrau des Gründers des Verlages Planeta, José Manuel Lara Hernández (1914-2003), der den Preis im Jahre 1952 stiftete. So bleibt auch dieses Datum heilig, zumal der größte Verlagskonzern der spanischen und der siebtgrößte der übrigen Welt nach wie vor von der Familie Lara bestimmt wird, maßgebend vom Sohn des Gründers und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden José Manuel Lara Bosch.

Die Jury verkündet die Gewinner

Kommen wir aber zum Preis und seinem diesjährigen Gewinner. Man hat ihn Eduardo Mendoza und seinem Roman Riña de gatos („Sreit unter Katzen“) verliehen, der jede Ehrung verdient, einmal weil er so gute und lesenswerte Bücher schreibt, aber auch weil er eine über jeden Zweifel erhabene integre Person ist, eine bescheidene, distinguierte Erscheinung, mit Mutterwitz bedacht und einem demokratischen Gewissen, das wohl tut im heutigen – auch in Spanien – populistischen Trend.

Es wird immer vermutet und geunkt, die Gewinner der großen spanischen Literaturpreise stünden schon immer im Vorfeld fest. Um das ein für alle Mal richtig zu stellen: Es stimmt!

So ist auch die ganze Prozedur, die während des Dinners abgespielt wird, nichts als eine Komödie, die allerdings auch mit Enttäuschungen einhergeht. Zu Beginn des Abends werden die zehn Finalisten des Preises bekannt gegeben, in der Regel präsentieren sich die meisten Teilnehmer unter Pseudonym, in jedem Fall die Autoren, die schon einmal publiziert haben. Man will ja von der Öffentlichkeit ungern als Verlierer identifiziert werden. In diesem Jahr wurden 509 Manuskripte eingereicht.

Dann zieht sich das siebenköpfige Preisgericht in den Geschworenensaal zurück (bekommt aber in der Klause gut zu essen und erlesene Weine zu trinken!) und stimmt in fünf Wahlgängen ab, bis am Ende zwei Autoren mit ihren Werken übrig bleiben: der mit den meisten Stimmen bekommt den Hauptpreis, der zweite Gewinner bekommt die Silbermedaille im Wert von immerhin 150.000 Euro, in diesem Jahr hatte dieses Glück die Journalistin Carmen Amoraga mit dem Roman La primera vez no te conocí.

Am Tisch des BuchMarkt-Korrespondenten saßen zwei der Finalisten, ein Autor aus dem Süden Spaniens hatte sich mit seinem allerersten Roman präsentiert und schien unter diesen Voraussetzungen durchaus glücklich, unter die letzten zehn geraten zu sein.

Zum zweiten eine Autorin aus Mexiko, die mit zwei Schwestern und einer Freundin auf eigene Kosten über den Atlantik geflogen war. Sie kam bis in die vorletzte Abstimmung, unter die letzten drei, und konnte wegen ihrer unermesslichen Aufregung den ganzen Abend keinen Bissen herunterbekommen. Bei genauer Kenntnis dieses Preises wusste man, nein, sie würde nicht gewinnen dürfen.

Eduardo Mendoza und der Planeta-Chef

Denn dieser Preis ist der kommerziellste, den Spanien hat. Er ist kein Ehrenpreis im klassischen Sinn, sondern bildet einen ganz traditionellen Honorarvorschuss, der dem Verlag das Geld wieder gut bis attraktiv einspielt, und in der Regel dem Autor weitere Einkünfte beschert.

Aus diesem Grunde sucht man sich im Vorfeld einen Autor aus, stiftet ihn wohlmöglich an, sich beim Premio zu präsentieren, der bestens zu vermarkten ist. Medial, wie als Autor. Den Gewinnern steht eine lange und anstrengende Promotion-Tour durch Spanien und Lateinamerika bevor.

Und das wird im Falle von Eduardo Mendoza allerbestens aufgehen, zumal Planeta mit dem sehr beliebten Schriftsteller ein Gegengewicht zum neuen Roman des jüngst gekürten Literaturnobelpreisträgers Vargas Llosa anbieten kann, der beim Konkurrenzunternehmen Alfaguara erscheinen wird.

Beide Romane werden in wenigen Wochen auf den Markt kommen und der Korrespondent wagt die nicht wirklich riskante Voraussage, dass sich die beiden Autoren in diesem Herbst- und Wintergeschäft ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen liefern werden, das in jedem Fall einen lachenden Dritten haben wird, denn beide Starautoren stehen im Katalog der Barcelonenser Agentur Carmen Balcells [mehr…].

Und bereits jetzt kann das Rätselraten und Spekulieren um den Preisträger 2011 beginnen. Oder steht er schon fest?

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