Managementbücher: Ein Beispiel für die Sinnlosigkeit von Überproduktion

Die Globalisierung findet vor allem in und über der Wirtschaft statt. Da müsste man meinen, dass gerade Wirtschaftsbücher, im weitesten Sinne, große Verbreitung hätten. Weltbestseller sind nach wie vor eher belletristische Titel. Die meisten erfolgreichen Business-Bücher stammen von Autoren des jeweils eigenen Landes; nirgends freilich so sehr wie in den USA.

Die Vereinigten Staaten bilden den größten Markt für solche Literatur, mit einem geschätzten Umsatz von annähernd 10 Millionen Dollar jährlich. Das scheint beachtlich, ist bei genauerem Hinsehen aber so toll wieder nicht. Denn in diesem Bereich kommen dort pro Jahr auch an die 3000 Novitäten heraus, von denen es sehr viele nicht mal auf tausend verkaufte Exemplare bringen – und deren Lebenszeit beträgt inzwischen nur mehr wenige Monate.

Dabei ist gerade in Amerika mit seinem legendären Streben nach Erfolg und Erfolgsmodellen der Bedarf hier groß. Wo liegt das Problem?

„Es ist überraschend, wie schlecht die meisten populären Management-Bücher sind“, hält die britische Wochenzeitschrift The Economist fest, und wie wenige irgendeine neue Idee haben. Sie erschöpfen sich in der Regel in modischen technischen Präsentationskrimskrams und (oft sogar irrelevanten) Anekdoten, sind unlesbar, „und es fällt schwer zu glauben, dass viele Manager für ihre Unternehmensführung etwas draus lernen“.

Die ironische Schlussfolgerung des führenden Wirtschaftsmagazins: „Die an Einsichten reichste Literatur wurde vor 400 Jahren von Shakespeare geschrieben“ – beispielsweise im Königsdrama Heinrich IV – „und etliche der lesenswertesten sowie lesbarsten Bücher stellen die Erfolgsmethoden herausragender Gestalten aus früheren Epochen wie Alexanders des Großen dar“. Bei uns wäre da als Beispiel auch zu nennen die nachhaltige Wirkung eines Dauerbrenners wie {Seneca für Manager (Artemis) bzw. Seneca – Praktische Philosophie für Manager (Gabler).

Nur ein amerikanisches Problem? Die Schwemme der Business-Bücher – sie sind häufig Produkte der Eitelkeit und Instrumente der Karriereplanung von Bossen, Management-Consultants und Professoren, oftmals unterstützt von arbeitssuchenden Ghostwritern – ist überall so überflüssig und ärgerlich wie ein Kropf: eine Verhöhnung der Buchhändler und der Leser. So schadet die Verlagsbranche am Ende wieder mal nur sich selbst. Sogar die Lektoren und Verleger von Geschäftsliteratur haben weitgehend ihre Zielgruppen aus den Augen und den Sinn fürs Geschäft verloren.

Seien wir mal ehrlich: Wer von ihnen würde seine eigene Unternehmensstrategie danach ausrichten, was sie ihren Lesern zumuten?

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de. Natürlich können Sie diese Kolumne auch im BuchMarkt-Forum diskutieren. Einfach oben auf der Seite den Button „Forum“ anklicken, einloggen und los geht‘s.

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert