Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen: Bislang wurde noch niemand Millionär – wieder einmal wird eine Rekordschmerzensgeldsumme eingeklagt

Man erinnert sich noch an den Wirbel, den Günter Jauchs Hochzeit schon im Vorfeld verursachte. Weil er wohl ahnte, wie groß die Anteilnahme der (Fotoreporter der) Nation an seiner Hochzeit sein würde, ließen er und seine Zukünftige über ihren Anwalt prophylaktisch Hinweisschreiben an die Redaktionen dieses Landes verschicken. Darin wurde – ein cleverer Schachzug, wie sich noch herausstellen könnte – mitgeteilt, dass die Klienten keinerlei Berichterstattung über Details ihrer Hochzeit wünschten. Für den Fall, dass das Ansinnen nicht respektiert werde, wurden rechtliche Schritte in Aussicht gestellt.

Respektlos verhielt sich offenbar die „Bunte“. Wie jetzt als Meldung der „Zeit“ bekannt wurde, will Jauchs Ehefrau von der Zeitschrift aus dem Burda-Verlag 300.000 Euro fordern, weil das Blatt ein heimlich aufgenommenes Foto von Jauchs Hochzeit abdruckte, das zeigt, wie die Braut das Standesamt verlässt. Das wäre dann laut „Bunte“-Anwalt das Zehnfache dessen, was Foto-Opfer sonst für die Verletzung des Persönlichkeitsschutzes zugesprochen bekommen und damit die bisher höchste derartige Entschädigungsklage der deutschen Rechtsgeschichte.

Rekordschmerzensgeld? War da nicht schon mal was? Richtig, vor geraumer Zeit forderte Ex-Sangeskollege Thomas Anders von Dieter Bohlen eine Million Euro Schmerzensgeld, weil dieser in der Erstauflage seines Bestsellers „Hinter Den Kulissen“ Unschönes über ihn behauptet hatte. Dass die geforderte Summe so hoch ausfallen sollte, rechtfertigte Anders damals damit, dass eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch Bohlens Anschuldigungen eingetreten sei. Er fühle sich als „verkaufsfördernde Maßnahme“ missbraucht, der Verlag habe sich auf seine Kosten bereichert. Deshalb kam laut Presseberichten der Wunsch bei Anders auf, dass es dem „Verlag und Bohlen richtig weh tut“.

Die Schmerzen hielten sich damals in Grenzen, denn so richtig erfolgreich war die Klage dann doch nicht, sie wurde in erster Instanz von dem in Unterlassungsfragen bekannt klägerfreundlichen, bei Zahlungsklagen aber deutlich reservierterem Berliner Gericht abgewiesen und in zweiter Instanz einigte man sich auf eine eher symbolische Zahlung zu karitativen Zwecken. Die nicht unerheblichen Gerichtskosten aber trug zu überwiegenden Teilen der vermeintliche Rekordkläger.

Auch vor diesem Hintergrund ist mit Spannung zu erwarten, ob die „Jauch“ -Klage (die Dame heißt laut „Zeit“ anders, aber aus Gründen des Persönlichkeitsrechtsschutz soll die Namensnennung unterbleiben) bessere Aussichten auf Erfolg hat. Zur Begründung für die hohe Klagesumme wird laut „Zeit“ darauf verwiesen, dass Jauchs Ehefrau nicht nur Schmerzensgeld wegen der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts fordert, sondern auch den Ersatz des Marktwerts des Fotos begeht.

Nachfolgend sollen kurz die Erfolgsaussichten der Klage erörtert werden:

Vorliegend ist von einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugehen, da Jauchs Gattin das sogenannte Recht am eigenen Bild reklamieren könnte. Diese Rechtsverletzung ist wohl auch wie für einen Prozesserfolg nötig „gravierend“, da die „Bunte“-Redaktion spätestens seit dem Informationsschreiben des Anwalts definitiv wusste, dass die Fotoaufnahmen nicht erwünscht waren. Die Redakteure werden sich zwar vermutlich auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit berufen, aber da insbesondere nach dem „Caroline-Urteil“ private Fotoaufnahmen von Prominenten nur mehr in Ausnahmefällen rechtlich möglich sind, dürfte dieses Argument wenig Erfolg haben, zumal ja nicht Jauch sondern seine sonst nicht in der Öffentlichkeit stehende Frau abgebildet ist .

Deshalb ist die Verurteilung zu einer Geldentschädigung nicht unwahrscheinlich. Fraglich ist aber, in welcher Höhe dies erfolgt. Üblicherweise wurden bislang von den Gerichten für derartige Fälle meist nicht mehr als 30.000 Euro für angemessen erachtet. Jauchs Frau aber fordert das zehnfache. Die nicht unplausible Begründung dafür ist, dass die Zeitschrift für das Foto auf dem Markt, auch wenn es einen solchen bei de r sonst fotoscheuen Darstellerin ja im eigentlichen Sinne nicht gab, ein Vielfaches der 30.000 Euro hätte zahlen müssen.

Üblicherweise aber soll eine Geldentschädigung nicht Kommerzialisierungsmöglichkeiten ausgleichen sondern lediglich einen „angemessenen Ausgleich“ für vermögensrechtlich nicht messbare Schäden und eine „Genugtuungsfunktion“ bieten und wird deshalb eher moderat festgesetzt. Allerdings gibt es tatsächlich eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, in der dieser ausführt, dass zwar stets die Genugtuungsfunktion der Schwerpunkt den Überlegungen bei der Festsetzung der Höhe der Geldentschädigung darstellen müsse. Aber das Gericht hat auch darauf hingewiesen, dass die Zahlung einer Geldentschädigung insbesondere dann der Prävention dienen und höher ausfallen kann, wenn der Verstoß in Kenntnis der rechtlich zweifelhaften Situation, also vorsätzlich, erfolgte.

Es könnte also durchaus sein, dass die „Jauch“-Klage nicht nur bezüglich der Klage- sondern auch bezüglich der Urteilssumme in bisher ungeahnte Höhen vorstößt. Nicht von unerheblicher Bedeutung ist hierbei allerdings die Wahl des geeigneten Gerichtsstandorts. Es darf jedenfalls vermutet werden, dass dies nicht der Sitz der „Bunte“-Redaktion in München sein wird, hat doch das Landgericht der selbsternannten „Weltstadt mit Herz“ einmal entschieden, dass die Presse ohne jede Geldentschädigungssanktion über eine private Geburtstagsfeier mit deutlichem Öffentlichkeitsbezug berichten darf, auch wenn dies gegen den Willen der Betroffenen erfolgt.

Rainer Dresen arbeitet als Rechtsanwalt und Verlagsjustitiar in München auf dem Gebiet des Urheber- und Medienrechts. Mail: Dresen-Kolumne@freenet.de

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