Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen fragt aus aktuellem Anlass: Was ist eigentlich ein Konzern?

Kaum ein Journalist, der über die Verlagsbranche berichtet, kommt ohne diesen Begriff aus, wenn er belegen will, wie groß und mächtig manche Verlage daherkommen.

So schreibt Gisa Funck heute in der FAZ in einem Beitrag über Kleinverlage: „Das Bild vom Kleinen, der wendig-wuselnd den behäbigen Riesenkonzernen die interessanten Talente und Manuskripte vor der Nase wegschnappt, gehört seit jeher zur Lieblingsvision unabhängiger Verleger.“ Und kürzlich verwendete Hannes Hintermeier in der FAZ mal wieder Ausdrücke wie:“ Konzernverlag Goldmann“, „Buchkonzern Heyne“, „Konzerngeist bei Heyne“.

Was genau versteht man unter einem Konzern? Aus betriebswirtschaftlicher und gesellschaftsrechtlicher Sicht ist ein Konzern ein Zusammenschluss mehrerer rechtlich selbständiger Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit unter einer einheitlichen Leitung. Die dabei verbundenen Unternehmen nennt man Konzernunternehmen.

Handelt es sich demnach bei Goldmann oder Heyne um Konzernunternehmen im eigentlichen Sinne? Nein, denn sie sind zwar eine wirtschaftliche Einheit und stehen unter einer einheitlichen Leitung, rechtlich sind die einzelnen Verlage aber nicht selbständig, also keine GmbHs, sondern unselbständiger Teil der Verlagsgruppe Random House GmbH. Tatsächlich handelt es sich bei Goldmann und bei Heyne deshalb um bloße Imprint-Verlage unter dem Dach der Verlagsgruppe Random House.

Keine Konzernunternehmen im strengsten Wortsinne sind z. B. auch die leichthin dem „Holtzbrinck Konzern“ zugeschlagene Rowohlt Verlag GmbH und die S. Fischer Verlag GmbH: Bei Ersterer ist Gesellschafterin die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH, bei Letzterer Monika Schoeller, die allerdings zusammen mit Georg und Stefan von Holtzbrinck Gesellschafterin der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck GmbH ist.

Im Rechtssinne idealtypische Konzerne des Verlagsbereichs, das mag manchen überraschen, sind statt dessen der Hanser Konzern und der Bonnier Konzern.

Bei Bonnier sind unter der Leitung der Bonnier Media Deutschland GmbH und ihres Geschäftsführers Viktor Niemann zahlreiche rechtlich selbständige Verlage versammelt, so etwa die arsEdition GmbH, die Ullstein Buchverlage GmbH, die Thienemann Verlag GmbH, die Carlsen Verlag GmbH und die Piper Verlag GmbH.

Bei Hanser sind unter der Leitung der Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG und unter der Geschäftsführung u.a. von Klaus-Michael Krüger Beteiligungen u.a. an dtv, am HÖR Verlag, an der Paul Zsolnay Verlag GmbH und an der Nagel & Kimche AG gebündelt.

Nicht überall also, wo nach dem Willen mancher Journalisten „Konzern“ draufsteht, ist tatsächlich auch ein „Konzern“ drin. Und nicht überall, wo Verleger nach alter Väter Sitte ihrem kleinteiligen Gewerbe nachzugehen scheinen, ist der Konzernbegriff fern

Rainer Dresen, 40, arbeitet als Rechtsanwalt und Verlagsjustitiar in München auf dem Gebiet des Urheber- und Medienrechts. Mail: Dresen-Kolumne@freenet.de

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