Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen: Hamburger in München oder: 15 Kilo Bohlen frisch auf den Tisch

Vor kurzem wurde beim Pförtner der Verlagsgruppe Random House GmbH in München ungewöhnliche Post aus Hamburg angeliefert: Ein Karton mit einer Klage der Sozietät Prinz gegen die Verlagsgruppe Random House. Der am 30.12.2006 bei Gericht eingereichte, vermutlich aus Sorge vor Verjährung noch in den Feiertagen zusammengebastelte Anwaltsschriftsatz umfasst 157 Seiten, bezieht sich auf 574 beigefügte Anlagen (Abmahnungen, Einstweilige Verfügungen und Folgekorrespondenz mit dem Buchhandel und anderen Vertriebspartnern) und wiegt rund 15 Kilo.

Die Sozietät Prinz macht durch diese Klage, die nun fast dreieinhalb Jahren nach Veröffentlichung von „Hinter den Kulissen“ und nach Erhalt von Abmahn- und sonstigen Anwaltsgebühren in bereits deutlich sechsstelliger Höhe durch die Rechtsvertreter beim – wo sonst? – Landgericht Hamburg eingereicht wurde, Forderungen in Höhe von insgesamt weiteren 138.890,57 Euro gegen die Verlagsgruppe geltend.

Gewichtige Klage?

Zur Begründung für diese ungewöhnliche Aktion verweist die Sozietät auf die Kosten, die den Prinz-Mandanten wie Eva Herman, Jenny Elvers oder Dieter Thomas Heck dadurch entstanden sein sollen, dass deren Anwälte vor über drei Jahren zahlreiche Unterlassungserklärungen nach außergerichtlichen Aufforderungen und Abschlussschreiben nach gerichtlichen Unterlassungsverfügungen von Vertriebspartnern der Verlagsgruppe bezüglich des künftigen Bohlen-Vertriebs entgegennehmen mussten.

Die Verlagsgruppe hält dagegen und verweist darauf, dass die den Bohlen-Titel verkaufenden Sortimenter keine Prüfungspflicht hinsichtlich dessen Inhalts traf, die erst Voraussetzung für eine Kostentragung der Anwaltshonorare ist.

Der Termin zur Verhandlung über diese Klage, die – das ein rechtliches Novum, aber anders ging es wohl im der Jahresendhektik nicht – direkt gegen die Verlagsgruppe und nicht gegen deren ursprünglich angeschriebenen Vertriebspartner gerichtet ist, wurde vom Landgericht Hamburg auf den 30.3.2007 anberaumt.

Die Verlagsgruppe, die aufgrund unschöner Erfahrungen der Vorjahre mittlerweile nur ungern vor immer dieselbe Kammer des in Verlagskreisen einhellig kritisierten Landgerichts Hamburg gezerrt wird, vermutete, dass eine solche Klage vorbereitet wurde und hat deshalb ihrerseits zuvor bereits Feststellungsklage zum Landgericht München eingereicht, um dort klären zu lassen, ob das Nachkarten der Hamburger Kanzlei Prinz vor dem Hamburger Gericht rechtens ist.

Die Münchner Richter meinen offenbar, dass es keine schlechte Idee ist, einen Münchner Verlag vor einem Münchner Gericht klären zu lassen, ob ein Hamburger Anwalt zu recht Forderungen aus einem massenweisen Vorgehen gegen den Buchhandel geltend machen darf. Jedenfalls reichten ihnen bereits neun Seiten Klageschrift des Verlages, die in einen kleinen Briefumschlag passten, um die Feststellungsklage des Verlages anzunehmen und ihren Prozess bereits auf den 23.2.2007 anzuberaumen.

Eine daraufhin umgehend beantragte Fristverlängerung der Kanzlei Prinz um sechs Wochen mit dem durchsichtigen Wunsch, diese sodann erst nach dem ursprünglich anberaumten Termin enden zu lassen (und also den Termin also möglichst bis nach dem Hamburger Termin verschieben und deshalb schließlich ganz aufheben zu müssen) hat das Landgericht München mit den klaren Worten „eine darüber hinaus gehende Fristverlängerung würde den Termin vom 23.2.2007 sprengen und ist daher nicht möglich“ zurückgewiesen.

Es wird interessant sein, weiter zu verfolgen, wie sehr sich norddeutsche und süddeutsche Betrachtungsweisen hinsichtlich gewisser unschöner Anwaltspraktiken unterscheiden.

Rainer Dresen arbeitet als Rechtsanwalt und Verlagsjustitiar in München auf dem Gebiet des Urheber- und Medienrechts. Mail: Dresen-Kolumne@freenet.de

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