Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen: Osterzeit ist Klagezeit. Von wegen: Alleine gegen die Mafia

Im Zusammenhang mit Versuchen, Buchpassagen aus juristischen Gründen verbieten zu lassen, kann man gewisse Gesetzmäßigkeiten feststellen: Bücher über Filmdiven oder Anverwandte werden gnadenlos vom Markt geklagt, wenn sie auch nur Andeutungen über ein möglicherweise nicht völlig makelloses Verhalten der Betroffenen während der Nazizeit enthalten und nicht alle Beweise dafür lückenlos vorliegen. Berichte über die zahlreichen Nebentätigkeiten eines deutschen Ex-Bundeskanzlers sollten am besten im Voraus mit dessen Büro und dessen Anwalt abgeklärt werden, denn man kann sicher sein, dass er jede diesbezügliche Veröffentlichung auf Justiziabilität hin überprüfen lässt. Scientology klagt gerne, aber erfreulicherweise nicht immer erfolgreich gegen Schilderungen ihrer seltsamen Praktiken, die Waldorfschulen verfolgen kritische Berichte mit einer Aggressivität und Erfolgsorientiertheit, die man bei diesen vermeintlich sanften Menschen nicht ohne Weiteres erwartet hätte.

Noch häufiger als diese klagefreudigen Spezies, aber mit durchaus wechselhaftem Erfolg, bemühen mittlerweile Gastronomen die Gerichte, wenn ihnen Buchautoren Verbindungen zur „Ehrenwerten Gesellschaft“ unterstellen. Ein Buch zum Thema Mafia wird vom Publikum bald gar nicht mehr ernst genommen, wenn nicht einer oder gleich mehrere Pizzabäcker und Konsorten dagegen vorgehen.

Noch in Erinnerung dürfte sein, dass im letzten Herbst ein ehemaliger Gewichtheber und jetziger Landhausbetreiber aus einer Gegend, wo laut Eigenwerbung „der grüne Norden Düsseldorfs an den grünen Süden Duisburgs grenzt“ erfolglos gegen das Buch von Petra Reski bei Droemer mit dem Titel „Mafia: Von Paten, Pizzerien und falschen Priestern“ geklagt hat. Ihm hatte nicht gefallen, dass er dort lesen musste, dass gegen ihn wegen des Verdachts auf Geldwäsche ohne Ergebnis ermittelt worden war.

Das selbe Buch konnte letztes Jahr zum Teil erfolgreich gegen einen Unterlassungsantrag eines Erfurter Gastronomen verteidigt werden, der seine Erwähnung in Reskis Buch verhindern wollte.

Nun, da Ostern naht, war eine Häufung der Mafia-Buch-Verfahren zu erwarten. Denn wie ältere BuchMarkt-Leser wissen [mehr…], ist Ostern traditionell eine Hoch-Zeit derartiger Verfahren, weshalb man nicht überrascht ist, dass sich derzeit allerhand tut:

Vor dem Oberlandesgericht München findet diese Woche [mehr…] die Berufungsverhandlung gegen die letzten Dezember vom Landgericht München nur zum Teil bestätigte einstweilige Verfügung des Erfurter Gastronomen statt. Und vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wird die Berufungsverhandlung im Verfahren des Landhotel-Betreibers durchgeführt. Daneben wurde vor Kurzem auch Hauptsacheklage gegen Verlag und Autorin eingereicht und Strafanzeige gegen Petra Reski gestellt.

Und dieser Tage wurde auch noch bekannt, dass sich wie zu erwarten ein (Leipziger) Gastronom gefunden hat, der so aufmerksam war, gegen das aktuelle Eichborn-Buch „Mafialand Deutschland“ von Jürgen Roth eine Einstweilige Verfügung zu beantragen [mehr…]. Eichborn scheint davon übrigens nur mäßig aus dem Konzept gebracht zu sein, denn Roths „Mafialand Deutschland“ wird dann eben vom Verlag bis auf weiteres in einer geschwärzten Fassung ausgeliefert.

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