Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen: Titelschutzanzeigen

In England gibt es ihn schon lange, nun also auch in Deutschland: Einen Wettbewerb zur Prämiierung des kuriosesten Buchtitels. Diese schöne Idee soll Gelegenheit sein zu ein paar Gedanken über den Titelschutz.

Wer berechtigter Titelinhaber ist, darf allen anderen den Gebrauch eines identischen oder auch nur verwechslungsfähigen Titels verbieten und für die bis dahin erfolgte Nutzung Schadensersatz verlangen. Die Sanktionen sind also drastisch, insbesondere angesichts der so langsam zur Neige gehenden Kombinationsmöglichkeiten der deutschen Sprache für neue, originelle Titel und der fehlenden offiziellen Nachforschungsmöglichkeiten bezüglich bestehender sowie schutzfähiger Titel.

Ein offizielles Register für Buchtitel nämlich existiert, anders als ein solches für Rechtsmarken, nicht. Bei Buchtiteln begründet schon die bloße Buchveröffentlichung neuer und im Rechtssinne origineller Titel den einschneidenden Schutz nach dem Markengesetz. Dadurch fehlt den Verlagen ein wichtiges Maß an Rechtssicherheit, weil man eben vor Veröffentlichung eines Buchs trotz vorheriger Abfrage des VLB und anderer inoffizieller Verzeichnisse nie sicher sein kann, dass es nicht bereits einen prioritätsälteren und verwechslungsfähigen Titel gibt und dessen Titelinhaber mächtig Ärger macht, zumindest kostenpflichtig abmahnt. Beträge von rund 2.000 Euro pro Anwaltsbrief sind keine Seltenheit.

Wozu gibt es dann eigentlich Titelschutzanzeigen, etwa im Börsenblatt oder im Titelschutzanzeiger? Hierbei handelt es sich gerade nicht um ein Formerfordernis für einen wirksamen Titelschutz, auch bedeutet das Fehlen eines Widerspruchs aus der Branche nach einer Titelschutzanzeige nicht, dass der Titel bedenkenlos benutzt werden kann. Eine solche Anzeige hat nur den Zweck, den Titelschutz schon vor den Zeitpunkt der Buchveröffentlichung zu legen. Dann kann bereits mit dem Buchtitel geworben werden, er kann in den Vorschauen verwendet werden. Voraussetzung für diese Vorverlegung des Schutzes nach ist, dass die tatsächliche Buchveröffentlichung nicht später als sechs Monate nach der Titelschutzanzeige erfolgt, da dies üblicherweise die Zeit zwischen Buchidee und Buchveröffentlichung ist und für eine längere Vorverlegung kein Rechtschutzbedürfnis bestehen soll. Wenn also innerhalb von sechs Monaten nach einer Titelschutzanzeige ein Titel Gegenstand einer Buchveröffentlichung ist, wurde der Titelschutz schon mit der Anzeige und nicht erst mit der Veröffentlichung begründet. Länger als sechs Monate sollte aber nicht nach einer Titelschutzanzeige zugewartet werden, da der Schutz dann wieder erlischt.

Titel sind trotz Titelschutzanzeige nur dann schutzfähig, wenn sie unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig sind. Nicht schutzfähig, da auch zukünftig für alle Verlage verwendbar bleibend sind also beschreibende Titel wie „Kochbuch“, „Wanderbuch“. Allerdings hat vor kurzem mit Hilfe eines Landgerichts ein Verlag einem anderen den Titel „Muskelbuch“ für ein Buch über Muskeln verboten, man weiß also nie, wie Richter über Titel urteilen. Deshalb werden Titel über Titel angemeldet und jetzt bald auch prämiert.

Schon jetzt aber lohnt es sich, hin und wieder in Titelschutzanzeigen zu blättern, manches ist wirklich nicht ohne Unterhaltungswert: So war kürzlich im Titelschutzanzeiger zu lesen, dass jemand (wohl vergeblich) Titelschutz in Anspruch nimmt für an Einfachheit nicht zu überbietende und damit freihaltebedürftige, lediglich beschreibende Titel wie „Hunde“ sowie „Fische“ und „Katzen“ oder „Good“. Andere dort veröffentlichte Titel sind wohl kurios genug, um Titelschutz zu gewähren, aber man fragt sich schon anhand des Titels, was wohl inhaltlich geboten wird bei Titeln wie „Patientenversorgung aus einem Guss“ oder der „Hell-Mut-Schmied-Methode“.

Auch im Börsenblatt liest man immer wieder mit Gewinn dessen Titelschutzanzeigen. „Dicke Möpse“ etwa lassen vermuten, dass man bei Rowohlt offenbar plant, auch in das Ratgebersegment für Hunde einzusteigen, ebenfalls Rowohlt hat den Reihentitel „…los“ entdeckt, und meldet demgemäß an: atemlos, leblos, schonungslos, bewusstlos, wortlos, geräuschlos, haltlos, reglos, regungslos, bewegungslos, skrupellos, lichtlos, fassungslos, gesichtslos, herzlos, kraftlos, mutlos und luftlos. Es fehlt aber in der langen Liste „sinnlos“ oder „aussichtslos“, was irgendwie auch konsequent ist. Schön ist auch der Titel „Ein stinknormales Schwein“, den, nicht unpassend, der Landwirtschaftsverlag anmeldet, „Sehr gut“ kann künftig nur ein Buch von Langenscheidt heißen, „Gemüse ist mein Fleisch“ gab es doch so ähnlich schon mal, „Fucking Berlin“ ist, wenn auch kein Ausruf, so doch eine aussagekräftige Anmeldung von Ullstein Berlin.

Rainer Dresen arbeitet als Rechtsanwalt und Verlagsjustitiar in München auf dem Gebiet des Urheber- und Medienrechts. Mail: Dresen-Kolumne@freenet.de

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