Die Rechte-Kolumne Rainer Dresen über „redaktionelle Werbung“

Die Erfolge der „SZ“- und „Bild-Bibliothek“ schärfen die kritische Wahrnehmung der Verlage. Im STERN beklagt Rudolf Frankl, Marketingleiter des Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv), dass die massive Bewerbung der „SZ“- und „Bild-Bibliothek“ in den jeweiligen Zeitungen den Sondereditionen einen „ungeheuren Startvorteil“ beschere. Er spricht gar von Wettbewerbsverzerrung. Denn geworben würde auch da, wo nicht „Anzeige“ drauf steht: So ließen sich selbst angesehene „Süddeutsche“-Redakteure für das Marketing einspannen und stellten jeden Samstag den neuesten Band auf der ersten Seite des Feuilleton ausführlich vor. Derartiges redaktionelles Engagement für Bücher anderer Verlage sei äußerst selten, merkt Herr Frankl bedauernd an.

Rechtlich gesehen ist die Vermischung von redaktionellen und vertrieblichen Interessen durch (ausnahmslos positive) SZ-Rezensionen von Bänden der SZ-Bibliothek zumindest bemerkenswert, sagt doch das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG) zum Thema „Redaktionelle Werbung“:

„Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sind unzulässig. Unlauter handelt insbesondere, wer den Werbecharakter von Wettbewerbshandlungen verschleiert. .“

In den Kommentierungen des Gesetzes ist zu lesen, unzulässig, da für die Leser irreführend sei, „im Gewande eines redaktionellen Beitrags Werbung für ein Unternehmen und dessen Produkte zu treiben“. Der Leser erwarte im redaktionellen Teil im Allgemeinen eine unabhängige und neutrale Berichterstattung. Dem entspreche nicht, wenn die Redaktion in ihrer Entscheidung nicht frei sei, ob, an welcher Stelle und mit welchem Inhalt ein Bericht mit Werbewirkung für ein Unternehmen abgedruckt werde.

Die SZ wirbt aber nicht für andere Unternehmen, sondern für sich selbst und die Rezensionen stellen Werturteile dar, die Leser erwarten davon also in geringerem Maße neutrale Informationen und deshalb besteht wohl eine geringere Irreführungsgefahr als bei einer Tatsachen-Berichterstattung. Deshalb dürfte das Vorgehen der SZ nach juristischen Maßstäben wohl korrekt sein, journalistisch ungewöhnlich ist es allemal.

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