Der LUCHS-Preis geht im November an die drei Künstler Barbara Yelin, Miriam Libicki und Gilad Seliktar für ihre Graphic Novel Aber ich lebe. Vier Kinder überleben den Holocaust, die bei C.H.Beck erschienen ist, in Übersetzung von Rita Seuß; empfohlen für Jugendliche ab 14 Jahren.
Zur Begründung: Die drei Comic-Autoren erzählen in Aber ich lebe drei Geschichten vom Überleben. Barbara Yelin zeichnet das Schicksal Emmie Arbels nach, die als Achtjährige im Konzentrationslager den Tod ihrer Mutter mitansehen musste. Dabei zeigt Yelin „in ihrer einzigartigen, empathischen Wort-und Bild-Kunst auch einen Ausdruck für das nicht zu Fassende, nicht zu Bewältigende hinter dem Erzähl- und Zeigbaren.“ Miriam Libicki beschreibt die Deportation der Familie Schaffer aus der Perspektive des Zweitklässlers David. Dabei spielt sie mit der kindlichen Wahrnehmung und verwendet farbenfrohe Aquarelle zur Darstellung der düsteren Thematik: „Der jähe Einbruch der Gewalt, der sein gewohntes Leben zerstört, wirkt durch die vordergründige Harmlosigkeit der Bildsprache umso verstörender.“ Gilad Seliktar schließlich berichtet von den Erlebnissen der niederländischen Brüder Nico und Rolf Kamp und eröffnet dabei einen reflektierten Blick auf die Subjektivität des Erinnerungsprozesses, indem er Widersprüche nicht bereinigt, sondern skizzenhaft nebeneinanderstellt, was in den Erzählungen differiert.
Die Graphic Novel Aber ich lebe beschreibt weit zurückliegende Traumata. „Alle drei weisen über sich selbst und eine bloße Wiedergabe dessen hinaus, was war. In ihrer Summe vermitteln sie eine Ahnung dessen, was ‚Überleben‘ alles bedeuten kann, was die Schoah war“, so Luchs-Rezensent Christian Staas. Gerade hierfür eigne sich das Erzählmedium von Graphic Novels durch seine Vielschichtigkeit besonders gut, da es „die Linearität von Filmbildern und Buchtexten sprengt, indem es Zeit- und Erzählebenen über und nebeneinanderlegen kann. Auf ideale Weise eignen sie sich dazu, in Worte und Bilder zu fassen, worum es hier geht: das Erinnern, das Nichterinnern, das Ineinanderfließen von Vergangenheit und Gegenwart.“
Die LUCHS-Jury empfiehlt außerdem: das Jugendbuch The Boy Who Steals Houses von C. G. Drews (Fischer Sauerländer), empfohlen ab 14 Jahren, das Kinderbuch Elvis Gursinski und der Grabstein ohne Namen von Kirsten Reinhardt (Beltz & Gelberg), empfohlen ab zehn Jahren, und das Sachbilderbuch Was ist ein Fluss? von Monika Vaicenavičienė (Knesebeck), empfohlen ab fünf Jahren.
Radio Bremen stellt das Buch und die aktuellen Preisträger am Donnerstag, 3. November 2022, um 15.10 Uhr auf Bremen Zwei vor. Das Gespräch zum Buch wird online unter www.radiobremen.de/luchs abrufbar sein.