Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und weitere Verbände sehen "Licht und Schatten" Bundeskabinett stimmt für ermäßigten Mehrwertsteuersatz für E-Publikationen

Monika Grütters (Foto: Elke Jung-Wolff)

Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf des Jahressteuergesetzes beschlossen. Er enthält zahlreiche Änderungen in verschiedenen Steuergesetzen. Unter anderem wird mit diesem Gesetz der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf digitale Zeitungen, Periodika und E-Books eingeführt.

Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, erklärt hierzu: „Die Bundesregierung hat heute endlich beschlossen, was ich seit langem gefordert habe: Bücher, Zeitungen und Zeitschriften sind auch steuerlich gleich zu behandeln – unabhängig davon, ob sie auf Papier oder in elektronischer Form erscheinen. Mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz für E-Books und digitale Zeitungen haben wir so ein weiteres wichtiges kultur- und medienpolitisches Vorhaben umgesetzt. Denn es kommt eben nicht auf die Form an, sondern auf den Inhalt. Eine vielfältige Presselandschaft ist für eine freie und unabhängige Meinungsbildung unverzichtbar – ganz gleich, ob die Inhalte online oder gedruckt vermittelt werden. Und auch der kulturelle Wert eines Buches erschöpft sich nicht in seiner gedruckten Form.“

In Deutschland gilt für Print- und (gedruckte) Presseerzeugnisse der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, für digitale Ausgaben hingegen galt bislang der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Diese Ungleichbehandlung war europarechtlich vorgegeben. Deutschland hatte eine Änderung dieser Rechtslage schon seit langem gefordert. Der Rat der Europäischen Union hatte Ende des vergangenen Jahres den Weg für die Angleichung frei gemacht.

Die Organisationen Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Deutscher Bibliotheksverband, Verband Bildungsmedien und Verband Deutscher Zeitschriftenverleger sehen in dem heute beschlossenen Jahressteuergesetz in Sachen reduzierter Mehrwertsteuer für digitale Publikationen jedoch „Licht und Schatten“: „Die Verbände der Verleger, des Handels und der Bibliotheken begrüßen es, dass die Bundesregierung die reduzierte Mehrwertsteuer für digitale Angebote einzelner Bücher, Zeitschriften und Zeitungen auf den Weg bringt und dabei auch Online-Publikationen ,in der Form von Websites, Apps oder anderen Anwendungen, mit oder ohne Downloadmöglichkeiten, auch als Einzelabruf aus einer Datenbank‘ etc. berücksichtigt“, teilen sie mit. Unhaltbar sei es jedoch, „dass die reduzierte Mehrwertsteuer dann nicht gelten soll, wenn dieselbe Publikation nicht einzeln, sondern gemeinsam mit weiteren Publikationen in gebündelter Form aus einer Datenbank heraus angeboten wird.

Solche Angebote, bei denen Leser aufgrund eines Vertrags Zugang zu vielen Zeitungen, Zeitschriften oder Büchern erhält, sind ein wesentlicher und wachsender Teil des Vertriebs digitaler Publikationen. Es gibt sie in der Form von elektronischen Kiosken, Fachdatenbanken und digitalen Bibliotheksangeboten. Im Bereich der Fachmedien unter Einschluss der Wissenschaft handelt es sich schon jetzt um die wohl wichtigste Verbreitungsform.“

„Es ist gut, dass viele digitale Publikationen bald begünstigt besteuert werden sollen. Mit dem Ausschluss gebündelter Datenbankangebote verweigert die Bundesregierung aber schon heute unverzichtbaren, innovativen Verbreitungs- und Geschäftsmodellen digitaler Presse die dringend benötigte reduzierte Mehrwertsteuer“, hieß es dazu von Seiten des Verbändebündnisses heute in Berlin. „Die angegebene Begründung, das EU-Recht erlaube keine Begünstigung gebündelter Publikationen, überzeugt rechtlich nicht und ist medienpolitisch der falsche Weg.“

Das EU-Recht, so die Organisationen weiter, wolle die Realität digitaler Publikationsangebote erfassen und lasse an keiner Stelle erkennen, dass Funktionen wie die Suchmöglichkeiten einer Datenbank oder digitalen Bibliothek etc. dazu führen, dass begünstigte Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften in dieser Angebotsform dem hohen Steuersatz unterliegen müssen. Dies zeige sich auch daran, dass das EU-Recht wie auch der heute beschlossene Umsetzungsvorschlag sogar Angebote unter Einschluss von Videos begünstigen, solange solche so genannten Rich-Media-Inhalte nicht überwiegen. Es sei deshalb unverständlich, wieso die deutsche Umsetzung – anders als das EU-Recht – im Gesetzestext explizit Angebotsformen ausschließe, deren Leistungen über die „bloße Überlassung von elektronischen Veröffentlichungen hinausgehen“.

Das verbleibende, heutzutage alltägliche Risiko bei der Interpretation von EU-Recht dürfe keinesfalls durch einen Ausschluss eines Großteils der Realität digitaler Publikationsangebote minimiert werden. Insoweit sei es zu begrüßen, dass die Bundesregierung immerhin auf die EU-Kommission zugehen wolle, um deren Auffassung von der Interpretation der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie zur Frage der Datenbankangebote zu eruieren, hieß es von Seiten des Verbändebündnisses weiter.

Solche Gespräche nähmen dem deutschen Gesetzgeber allerdings nicht die Verantwortung, in eigener Zuständigkeit die Grenzen seines Umsetzungsauftrags einzuschätzen. Denn letztlich könne nur der EuGH verbindlich über die fragliche Auslegung entscheiden.

Stattdessen solle Deutschland im Rahmen des europarechtlich Vertretbaren gute Politik machen. Vor diesem Hintergrund appellierten die Mitglieder des Bündnisses an die Vertreter des Deutschen Bundestags, nach der Sommerpause die reduzierte Mehrwertsteuer auf alle relevanten Vertriebswege digitaler Bücher, Zeitungen und Zeitschriften auszudehnen.

VDZ und Börsenverein kommentierten außerdem das Thema „Bildungsleistungen“, das u.a. Anbieter von Seminaren in der Branche betrifft wie folgt:

„Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften enthält in Art. 8 Nr. 5 lit. e Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Bildungsleistungen. ,Dem Grunde nach begrüßen wir, dass mit der Regelung Rechtssicherheit für die Anwendung der Steuerbefreiung für Bildungsleistungen geschaffen werden soll. Allerdings ist eine Steuerbefreiung, aufgrund des damit einhergehenden Verlusts des Vorsteuerabzugsrechts aus Eingangsleistungen, nicht immer wirtschaftlich sinnvoll. Wir befürworten, dass der Entwurf Rückausnahmen von der generellen Umsatzsteuerbefreiung vorsieht. Die Rückausnahmen sollten aber die Leistungen der Ausbildung, beruflichen Umschulung und Fortbildung für Einrichtungen mit systematischer Gewinnerzielungsabsicht insgesamt umfassen‘, erklärte VDZ-Justiziar Dirk Platte. Der Regierungsentwurf hingegen beschränke die Rückausnahme auf Fortbildungsangebote. In der Praxis werde dies zu komplexen und höchst fehleranfälligen Abgrenzungsfragen führen.

Diese Rechtsunsicherheit und das Steuerrisiko könnten ohne weiteres beseitigt werden, wenn die Rückausnahme für gewerbliche Seminaranbieter auch auf Angebote, die der Ausbildung und beruflichen Umschulung dienen, übertragen wird. Das EU-Mehrwertsteuerrecht, auf dem die Neuregelung basiert, ermöglicht Deutschland bestimmte gewerbliche Bildungseinrichtungen von der Steuerbefreiung auszunehmen. Nur Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind mangels systematischer Gewinnerzielung immer von der Umsatzsteuer zu befreien. ,Unionsrechtlich ist prinzipiell eine Ausdehnung der Rückausnahme von der Steuerbefreiung auf Ausbildungsleistungen und beruflichen Umschulungsleistungen gewerblicher Seminaranbieter möglich‘, erläuterte Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Es ist kein Grund für die Ungleichbehandlung der Ausbildungs- und Umschulungsleistungen von den Fortbildungsleistungen, welche durch gewerbliche Seminaranbieter erbracht werden, erkennbar. Der Gleichbehandlungsgrundsatz in der Form, dass gleiche Leistungen auch gleich umsatzsteuerrechtlich behandelt werden müssen, ist dem Unionsrecht und dem nationalen Steuerrecht immanent. Ausbildungsleistungen sowie berufliche Umschulungsleistungen und Fortbildungsleistungen können als gleichartige oder gleichgerichtete Leistungen angesehen werden, die nach ständiger EuGH-Rechtsprechung zum Gleichbehandlungsgrundsatz auch umsatzsteuerlich gleich behandelt werden müssen.

Des Weiteren ist es unbedingt erforderlich, die Umsatzbesteuerung der Referentenleistung an die Besteuerung des Seminarangebotes auszurichten. Nach dem Regierungsentwurf ist die Referententätigkeit im Bereich der Fortbildung auch dann der Umsatzsteuer unterworfen, wenn sie an von der Umsatzsteuer befreiten öffentlich-rechtlichen Einrichtungen oder gemeinnütziger Bildungseinrichtungen erfolgt.“

Kommentare (0)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert