Buchtage Das Branchenparlament hat getagt: Wie soll das neue VLB+ aussehen?

Matthias Ulmer

Heute Nachmittag tagte das 14. Branchenparlament in Frankfurt am Main. Es war mit den Tagungen der Fachausschüsse auf einen Tag zusammengezogen worden, um Kosten zu sparen. Schwerpunkt auf der Tagesordnung war der Abschlussbericht der Task Force VLB+ und die Präsentation der Ergebnisse.

Zunächst informierte Parlamentspräsident Matthias Ulmer über die Realisierung der auf dem letzten Parlament im November 2013 gefassten Beschlüsse.

Preisaktionen bei E-Books werden 2015 in die Verkehrsordnung aufgenommen.
Der Vorschlag, die Aufnahmegebühr zu streichen, wurde vom Länderrat dahingehend modifiziert, dass die Gebühr zunächst ausgesetzt wird. 2016 soll über dieses Thema neu diskutiert werden.
Über neue Mitgliedschaften im Börsenverein wird gegenwärtig gesprochen.
Am kommenden Wochenende wird ein Workshop zum Prinzip Buch stattfinden und das Thema nochmals schärfen.

MVB-Geschäftsführer Ronald Schild sprach zu den Schwerpunkten Metadatenbank und VLB+. Er hatte dazu 65 Folien vorbereitet, die seine Ausführungen auf den Punkt brachten.
„Die Task Force war breit aufgestellt, Mitglieder aller Sparten nahmen teil. Es gab eine offene und engagierte Diskussion“, begann er und sprach von „beeindruckender Gruppenarbeit“. In acht Sitzungen, die innerhalb von sechs Monaten stattfanden, wurden die Themen gemeinsam besprochen.

Schild zeigte, wie man von einer Vision zu einer Version kommen will (siehe auch Folien in der Fotostrecke), auf den Buchtagen im Juni in Berlin sollen konkrete Empfehlungen ausgesprochen werden.

Datenqualität und semantische Suche Beeindruckende Zahlen lassen sich über den Nutzwert der Datenqualität ermitteln, auch dazu geben Grafiken Auskunft.

Die Frage, ob das VLB+ gebraucht werde, wird ebenfalls eindeutig positiv beantwortet.

Die Task Force beschäftigte sich zunächst mit einer kritischen Analyse der Datenqualität und stellte fest, dass diese derzeit beim VLB heterogen ist, da das VLB auf entsprechende Zulieferungen angewiesen ist. Nur zwei Drittel der Titel haben beispielsweise eine Cover-Abbildung. Neue Titel seien zwar besser gepflegt, aber durchaus nicht vollständig. Dabei hänge die Datenqualität nicht von der Verlagsgröße ab.

Digitale Vorschauen und Titelinformationssysteme Um die Meinung von Verlagen und Buchhandlungen einzuholen, wurden über 500 Verlage und mehr als 200 Buchhandlungen befragt. Die mit Abstand wichtigste Information ist dabei die Lieferbarkeit der Titel. Mehr zum Thema darüber im aktuellen BuchMarkt-April-Heft.

Das Qualitätsmodell des neuen VLB+ wurde entwickelt. Gefordert werde einerseits eine frühe Datenlieferung, die jedoch andererseits mit beispielsweise noch nicht fertigen Covern konterkariert wird.

Es gebe zur Zeit über 200 Punkte zur Plausibilitätsprüfung von Daten, bei Unstimmigkeiten gehe eine Mitteilung an die Verlage, „aber nichts passiert. Den Verlagen werden keine Sanktionen auferlegt“, erläutert Schild. Das soll durch ein Anreizsystem verändert werden.

Vorgeschlagen wird außerdem, eine eigene Redaktion aufzubauen, die den Verlagen als Ansprechpartner zur Verfügung steht und sie berät. Eine weitere Redaktionen könnte den Verlagen bezahlbare Dienstleistungen anbieten.

Die Datenhoheit soll grundsätzlich bei den Verlagen bleiben, es sei denn, diese entscheiden sich anders.

Es wird also „eine komplett neue Entwicklung des VLB geben“, wie Schild erklärte. Bis Juli/August 2014 wolle man mit der Konzeption zum Abschluss kommen, die Umstellung soll zum Jahreswechsel erfolgen.

Ronald Schild schlug zudem ein von der Task Force erarbeitetes neues Gebührenmodell vor. Zur Zeit enthält das VLB 1,7 Millionen Titel – eine gewaltige Datenmenge. „Wir sind sorgfältig bei der Planung neuer Gebühren und müssen viele Aspekte beachten“, versicherte Schild. Doch der Grundpreis könnte deutlich unter den derzeit üblichen 3,40 Euro pro Titel liegen.

„Die Erlöse werden beim VLB zurückgehen, wenn die Datenqualität steigt“, erklärt Schild. Ein schneller Rückgang der Einnahmen ist indes nicht zu befürchten, denn nur 25 Prozent aller Daten entsprechen zur Zeit den Anforderungen. „Die Branche soll mit dem neuen Modell jedoch nicht stärker belastet werden. Höhere Gebühren werden nur jene treffen, die schlechte Daten liefern“, bemerkt Schild.
Außerdem könnten nach der Neustrukturierung des VLB, dass die Datenpflege im Haus betreibt und nicht in fremde Hände gibt, und nach der Entkopplung von libreka vom VLB neue Geschäftsmodelle entstehen.

Zum Punkt Bewertungsdatenbank solle ein „Topf mit gemeinsamen Kundenbewertungen“ gebildet werden. Einfache Handhabung und die Kontrolle durch eine Redaktion seien Eckpunkte. Mindestens 350 Buchhändler müssten sich beteiligen, wenn ein großes Barsortiment mitmache, wären es dann schon 1000 mehr. „Die Gespräche laufen“, sagt Schild.

Die Buchhändler, vor einem Jahr noch kaum zu überzeugen von einem Medienwechsel bei der Novitätenplanung, seien nun zunehmend überzeugt, von Print auf digitalen Datenaustausch umzusteigen. „Es geht jedoch nicht darum, die gedruckten Vorschauen zu einem festgesetzten Zeitpunkt abzuschaffen“, stellte Schild klar.

Die Ausschüsse nahmen anschließend Stellung. Joachim Kaufmann, Verlegerausschuss, bekundete das klare Interesse seines Gremiums zur Weiterentwicklung des VLB und unterstützte die Abkopplung von libreka. Allerdings sei eine Pflege der Schnittstellen durch zertifizierte Anbieter notwendig.

Thomas Wrensch, Sortimenterausschuss, machte zunächst darauf aufmerksam, dass nicht nur Verleger VLB-Gebühren zahlten, sondern ebenso die Sortimenter.
Für die Bewertungsdatenbank müsse ein tragfähiges Konzept entwickelt werden, eine pauschale Gebühr werde abgelehnt.

„Eigentlich ist schon alles gesagt“, meinte Stefan Könemann, Ausschuss für den Zwischenbuchhandel, fügte aber hinzu: „Bezüglich der Kosten gibt es noch Diskussionsbedarf.

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, informierte über den Stand der Dinge bei den Verhandlungen der EU über ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten (TTIP) [mehr…]. Er führte die Entscheidung zur Abkehr von der Buchpreisbindung in Griechenland [mehr…] als warnendes Beispiel an, wie schnell Errungenschaften über Bord geworfen werden können.
Andererseits gebe es auch positive Anzeichen; so werde heftig über das bedenkliche Investitionsschutzabkommen diskutiert.

Als Empfehlung an den Vorsteher des Börsenvereins wurde bei einer Enthaltung einstimmig beschlossen, die Task Force bei ihrer weiteren Arbeit zu unterstützen. Die Stellungnahmen der Ausschüsse wurden der Empfehlung beigefügt.

„Nun hätten wir eigentlich noch Zeit für Ehrungen. Da wir aus Zeitgründen diesen Punkt aber nicht auf die Tagesordnung gesetzt hatten und die zu Ehrenden auch nicht anwesend sind, ist das Branchenparlament damit beendet“, schloss Matthias Ulmer nach konzentrierten anderthalb Stunden – es war das kürzeste Branchenparlament, das es je gab.

JF

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