Diversität in Unternehmen und Papierkrise Die IG BellSa tagte heute in Berlin

Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich heute zur Jahrestagung der Interessengruppe Belletristik und Sachbuch in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt.

Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs betonte in ihrem Grußwort, dass die Buchbranche allen Sorgen zum Trotz recht gut durch die Pandemie gekommen sei, doch die Herausforderungen seien mit dem politisch ausgerufenen Ende von Corona nicht kleiner geworden. Es gelte energievoll und optimistisch die Zukunft der Branche zu gestalten. Dabei komme es darauf an, gemeinsam zu handeln: „Verein ist, wenn jedes Mitglied weiß, dass wir im Verbund – also mit vereinten Kräften – mehr erreichen als jeder allein. Die Aufgabe, vor der wir stehen könnten wir zusammenfassen mit Vielfalt erhalten und Vielfalt gestalten.“ Eine bunte Buchlandschaft sei ein vitaler Beitrag zu Kultur und Bildung und einer von Diversität und Toleranz geprägten Gesellschaft.

Karin Schmidt-Friderichs

Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff sprach sich unter dem Motto „gemeinsam anders“ für mehr Gemeinsamkeit im Verband aus. Als wichtige Herausforderungen und Aufgaben des Börsenvereins und der Verlagsbranche nannte er u.a. Nachhaltigkeit, Cybersecurity und digitale Transformation. Wie schon bei der Jahreshauptversammlung des Berliner Landesverbands sprach er von der Entwicklung eines digitalen Wissens-Hubs, einer Plattform, mit der sich die Branche in digitalen Fragen weiterbilden und beraten lassen kann. Ebenso wie die Vorsteherin hob auch Kraus vom Cleff die Bedeutung der Buchmessen hervor. „Wir haben die Pflicht jungen Menschen das zu ermöglichen, was für uns möglich war“, sagte er. Per Zoom könne man sich nicht vernetzen.

Sofiya Onufriv, Oleksandr Afonin, Peter Krauss vom Cleff

Zur Jahrestagung der IG BellSa war auch Oleksandr Afonin, der Präsident des Ukrainischen Verleger- und Buchhändlerverbands eingeladen. Im Gespräch mit Peter Kraus vom Cleff berichtete er –übersetzt von Sofiya Onufriv – vom Schicksal der Ukraine. Wenn der russische Angriffskrieg so weitergehe, erreiche er auch Europa. „Er ist eigentlich schon da“, sagte er. Das merke man an den steigenden Preisen in Deutschland. „Doch das steht in keinem Verhältnis zu den heulenden Sirenen, den getöteten Zivilisten und vergewaltigten Frauen.“ Seine persönliche Situation umschrieb Afonin mit den Worten: Schmerz, Blut und Wut. Auch der Branche in seinem Land gehe es schlecht. Zweidrittel der Produktionskapazitäten lägen im umkämpften oder besetzten Gebiet. Eine Buchproduktion sei kaum noch möglich. Um sein Hauptziel, die Vernichtung der Ukraine zu erreichen, habe Putin in den besetzten Gebieten zudem alle ukrainischen Bücher vernichtet und durch russische Bücher ersetzt, die behaupten, dass die Bevölkerung der Ukraine dem Nazismus verfallen sei und kein Existenzrecht habe. Afonin dankte seinen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland für die bisher gezeigte Solidarität und bat zugleich weiter um Unterstützung, zum einen durch den Kauf von Lizenzen, zum anderen durch Spenden. Sichtlich bewegt applaudierte das Publikum im Stehen.

Diskussionsrunde über Herausforderungen für eine zukunftsorientierte Personalentwicklung

Nach der anschließenden Kaffeepause kam Ferda Ataman, Journalistin und Gründerin von Diversity Kartell, auf die Bühne. Es war Zufall, dass ihr Impulsvortrag zum Thema „Diversität in Unternehmen der Buchbranche – keine Charity, sondern Überlebensstrategie“ ausgerechnet am heutigen Diversity-Tag auf der Tagesordnung stand. Anschließend moderierte die Literaturwissenschaftlerin Sandra van Lente eine Diskussionsrunde über Herausforderungen und Ideen für eine zukunftsorientierte Personalentwicklung, bei der Jessica Gedamu, VP Globalk Diversity, Equity & Inclusion bei Springer Nature und Pierrot Raschdorff, Marketingleiter der Hörverlag (Penguin Random House) von ihren Erfahrungen in ihren Unternehmen berichteten. Fazit: Es gibt noch viel Verunsicherung und es kommt nun darauf an, ein Bewusstsein für den Umgang mit  dem Thema Diversität und seinen Fallstricken zu schaffen. „Anders sind wir nicht zukunftsfähig“, so Jessica Gedamu.

Alexander von Reibnitz

Abschließend sprach Alexander von Reibnitz zum Thema „Paper Production and Publishers 2022 – on the same page“. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Papierindustrie berichtete von einer stetig zurückgehenden Nachfrage, die im Pandemiejahr 2020 zu erheblichen Überkapazitäten geführt habe. Als sich der Markt 2021 überraschend für alle Teilnehmer erholte, habe man die Nachfrage wegen des zuvor erfolgten Kapazitätsabbaus nicht immer decken können. Gestiegene Rohstoff-, Energie- und Logistikkosten belasteten die Papierindustrie zusätzlich. Und die Ukraine-Krise verschärfe die Situation auf dem Energiemarkt zusätzlich.  „Wir stehen vor einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“, sagte von Reibnitz. Industrie, Marktteilnehmer und Verbraucher müssten sie gemeinsam angehen. Wünschenswert sei eine Situation, in der sich Angebot und Nachfrage die Waage halten, doch die Kapazitäten der Papierindustrie seien derzeit begrenzt.

Die nächste Jahrestagung der IG BellSa soll wieder in München stattfinden und ist am 25. und 26. Januar 2023 im Literaturhaus  geplant.

ml

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