Buchhandel Dritte Runde: Schaufenster Hessen

Gestern stellten sechs Verlage – der Größenwahn Verlag, die Henrich Editionen, der pmv Peter Meyer Verlag, der Societäts-Verlag, der axel dielmann-verlag und der Waldemar Kramer Verlag – ihre Novitäten vor.

Mitarbeiter aus 14 hessischen Buchhandlungen waren dazu ins Haus des Buches nach Frankfurt gekommen.
„Wir wollen mit der dritten Auflage des Schaufensters Hessen die Regionalität fördern“, begrüßte Mitorganisatorin Annette Sievers, pmv, die Gäste.

In diesem Jahr waren die Novitäten der Verlage auf Büchertischen ausgestellt, doch nur ein neuer Titel aus jedem Verlag wurde näher besprochen. Diesen Part der Veranstaltung übernahm der Journalist und Autor Dierk Wolters.

Da Wolters im vergangenen Jahr mit seinem bei weissbooks.w erschienenen Roman Die hundertfünfundzwanzigtausend Euro-Frage auf Lesereise und in vielen Buchhandlungen war, hat er bezüglich der Branche festgestellt: „Der Hase läuft ganz anders, als ich dachte. Die Arbeit der Buchhändler ist sehr wichtig, denn ohne sie lässt sich ein Buch trotz der Besprechungen in den Medien nicht verkaufen.“ Wolters habe selbst einen Tag in einer Buchhandlung gearbeitet und stellte fest: „Das ist ganz schön heftig, was da alles zu tun ist.“

Gemeinsam mit René Heinen, Societäts-Verlag, stellte Dierk Wolters 101 Geldorte von Frank Berger vor. Der etwas andere Stadtführer offenbare viele Hintergründe der Bankenstadt Frankfurt. „Es sind Wissens-Happen für zwischendurch“, stellte Wolters fest. Das Taschenbuch sei gleichzeitig Stadtführer und Geschichtsbuch – denn wer wisse schon, dass der erste bewaffnete Bankraub der Nachkriegszeit in Deutschland im Frankfurter Stadtteil Bockenheim stattfand? Am 16. August 1952 betraten drei mit Stumpfmasken ausstaffierte Männer eine Filiale der Deutschen Effekten- und Wechselbank und eröffneten sofort das Feuer, zwei Bankbeamte starben, ein dritter wurde schwer verletzt. Die Beute: 3.900 Mark – 30.000 Mark übersahen die Räuber und verletzten zudem einen ihrer „Kollegen“ schwer. Sie flohen in einem grauen VW, ein Kunde folgte ihnen. Schlussendlich wurden die Bankräuber allerdings gefasst und zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt.

Die …-Orte-Reihe des Societäts-Verlags erfreut sich großer Beliebtheit und werde natürlich fortgesetzt, wie René Heinen erklärte. Man habe noch einiges in petto.

Weit über Frankfurts Grenzen hinaus führt Limeswandern – Von Rheinbrohl bis Miltenberg von Klaus Nissen, erschienen im pmv. Im Gespräch mit dem Autor informierte Wolters über den Wanderführer, der sich mit dem insgesamt 380 Kilometer langen nördlichen Teil des römischen Grenzwalls beschäftigt. „Mitten in der Pampa stößt man auf den Limes – es muss ja nicht immer der Jakobsweg sein“, bemerkte Wolters. 22 einzelne Etappen, zwischen zehn und 24 Kilometer lang, sind detailliert beschrieben – zu An – und Abfahrt, Schwierigkeitsgraden, Sehenswürdigkeiten und historischen Hintergründen erfährt der Wanderfreund alles. „Ich bin den ganzen Weg selbst gegangen, zwar nicht in einem Stück, aber nach und nach“, erklärte Nissen. „Deshalb dürfte der Enttäuschungswert beim Nach-Wandern gering sein“, schlussfolgerte Wolters. „Und alles ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Auf dem Limeswanderweg habe ich entgegengesetzt zum bekannten Rheinsteig erstaunlich wenige Menschen getroffen“, ergänzte Nissen.

Vielleicht folge ja die südliche Route auch noch als Wanderführer, sagte der Autor.

Der Buchtitel Frankfurter Verkehrsliteratour mag auf den ersten Blick in die Irre führen. Tatsächlich geht es um Geschichten, die sich in der Ausgabe des Größenwahn Verlags um diverse Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ranken. „Das Geschichtennetz verbindet sich mit dem Verkehrsnetz“, erklärte Verleger Sewastos Sampsounis zur Anthologie, in der 25 zumeist junge Autoren Erzählungen und Gedichte an bestimmte Orte geknüpft haben. Fotos und Karten vervollständigen das Taschenbuch.

Im axel dielmann-verlag erschien gerade Reise zum Anfang der Erde. Die Geschichte der Zusammen=Arbeit. „Es gibt einen Frankfurt-Bezug, der Autor Ewart Reder erwähnt einen Imbiss in der Berger Straße, der nach Bratfett stinkt“, scherzte der Verleger.
Im Roman steht allerdings eine bunt zusammengewürfelte Kommune Gestrandeter im Mittelpunkt, die im Jahr 2029 einen Wald retten will, den ein Rohstoff-Fonds abholzen möchte. Doch neben diesem gemeinsamen Ziel gibt es innerhalb der Kommune viele soziale Spannungen. „Reder greift ernste Themen auf, geht sehr bewusst mit seinen Figuren um, feilt daran“, sagte Dielmann.

Ein Blick auf 30 Berufsjahre bei der Hessenschau ist Holgers Hessen, das rechtzeitig zur Leipziger Buchmesse erscheinen wird – das jedenfalls versprach der Vertriebsleiter des Waldemar Kramer Verlags Fabian Reinecke. Die Buchhändler konnten als Einführung in das Buch einen Film sehen, in dem sich der Journalist und Reporter Holger Weinert an einen Ort begibt, den er vor vielen Jahren besuchte und nun, Jahrzehnte später, erneut aufsucht, um zu sehen, was sich verändert hat. So wird aus den einstigen Aufträgen des Reporters und der Rückkehr an diese Orte ein Vergleich zwischen Vergangenheit und Gegenwart möglich, lassen sich Entwicklungen – erfolgreiche und weniger erfolgreiche – nachvollziehen.

Wieder zurück in die Finanzmetropole führt Frankfurt regional, ein Wegweiser für das Besondere, erschienen in den Henrich Editionen. Die Autoren Konstantin Kalveram, Michael Rühl und Susanne Stahl spürten Manufakturen auf, die sich kenntnisreich und liebevoll um spezielle Lebensmittel und ungewöhnliche Produkte bemühen, die vom Steinzeug über Quilts bis zur Weberei reichen. Zahlreiche Fotos ergänzen den Band, der zudem ausgewählte Apfelweinwirtschaften in Bild und Text vorstellt.
„Wir hatten dieses Buchprojekt schon lange im Kopf und sehen es auch als Unterstützung der Initiative buy local“, erklärte Verlegerin Christina Calbetó Henrich-Kalveram.

Anke Simon, Börsenverein, präsentierte im Anschluss noch neue Plakate und informierte über die Gründung der Interessengemeinschaft Regionalia, die sich während der Leipziger Buchmesse am 18. März treffen werde.

Annette Sievers verwies auf den diesjährigen Schaufensterwettbewerb, für den es bereits 36 Anmeldungen gibt – im vergangenen Jahr waren es noch 12.
Alle Buchhandlungen, die an diesem Abend zur Vorstellung der Bücher gekommen waren, konnten eine mit den sechs Novitäten, Verlagsvorschauen und Plakaten gefüllte Tüte mitnehmen.

Wer sich noch am Schaufensterwettbewerb noch beteiligen will, sollte bis zum 30. April 2016 ein Foto seines Schaufensters oder Thementischs an den Börsenverein schicken. Die Regeln: Alle sechs Novitäten aus den sechs Verlagen sollten präsentiert werden, weitere Titel aus der Backlist der sechs Verlage können dazugestellt werden. Produkte anderer Verlage dagegen sind nicht gestattet.
Wie im Vorjahr winken wieder leckere Preise für die drei besten Deko-Ideen.

JF

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