Offener Brief der eBuch an Friede Springer und Matthias Döpfner eBuch ist nicht einverstanden: Axel Springer Award 2018 geht an Amazon-Gründer Jeff Bezos

Die Axel Springer SE verleiht den Axel Springer Award 2018 an Amazon-Gründer Jeff Bezos. Dazu gibt es Kritik, und das hat die eBuch-Genossenschaft zu diesem offenen Brief veranlasst:

Sehr geehrte Frau Springer, sehr geehrter Herr Döpfner,

die Axel Springer SE verleiht den Axel Springer Award 2018 an Jeff Bezos, Amazon. In der Begründung heißt es:

„Der Axel Springer Award zeichnet herausragende Persönlichkeiten aus, die in besonderer Weise innovativ sind, Märkte schaffen und verändern, die Kultur prägen und sich gleichzeitig ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen.“
Die zwei letzten der vier genannten Gründe treffen hier ganz sicher nicht zu. Oder hatten Sie beim Wort „Kultur“ tatsächlich an eine ökonomische „Kultur“ gedacht? Wenn ja, ist es nicht so, dass Herr Bezos die gewachsene Kultur des kaufmännischen Mittelstandes zerstört und so die Spaltung der Gesellschaft in die wenigen Vielverdiener, die sogenannten „High Potentials“, und die vielen, vielen gering Entlohnten, die Päckchenpacker und Paketboten voran- und damit einen Keil in die Gesellschaft treibt?

Und ganz sicher stellt er sich nicht seiner „gesellschaftlichen“ Verantwortung. Genauso wenig wie ein Mark Zuckerberg, der ja peinlicherweise 2016 der erste Preisträger war, bevor wir erfahren durften, dass er mit seinen gewinnmaximierenden „Echokammern“ unsere Gesellschaft spaltet und den Zusammenhalt der Bevölkerung hintertreibt, aber heute nur Ausflüchte sucht, obwohl intern bei Facebook das Problem schon Jahre vorher angesprochen worden war.

Nun also Bezos. Ein Mann, der noch heute seine erste Website „relentless.com“ auf amazon.com weiterleitet. Und „relentless“ beschreibt ihn wohl ganz gut, es bedeutet übersetzt „unbarmherzig“, „unerbittlich“ und „erbarmungslos“. Genauso verhält sich Amazon. Die Springer SE gilt als eines der größten Verlagshäuser in Europa, es kann Ihnen nicht entgangen sein, mit welch‘ harten Bandagen in den Konditionsgesprächen Amazon die Verlage knebelt und zu bislang unbekannten finanziellen Zugeständnissen zwingt. Die kulturelle Vielfalt im Bereich Buch basiert aber, wie wir wissen, auf der Mischfinanzierung, die hier naturgemäß Schaden nimmt. Und natürlich leiden alle normalen Buchhändler, denn was die Verlage bei Amazon drauflegen müssen, müssen sie bei den schwächeren, dem normalen mittelständischen Buchhandel, verdienen. Von den Angestellten bei Amazon selbst hört man immer wieder von unerhörtem Arbeitsdruck – gesellschaftliche Verantwortung sieht anders aus.

Aber reden wir doch von den wirklich unanständigen Steuervermeidungspraktiken, die auch Amazon ausnutzt, nicht nur, indem Amazon Deutschland seinen Sitz nach Luxemburg verlegt und dort Sonderabkommen geschlossen hat, sondern auch vom Double Irisch With a Dutch Sandwich: „Double Irish arrangement is a structure used by US corporations to shield non-US income from all tax.“  Die EU Kommission hat deshalb 2014 von Amazon 250 Millionen Euro Steuern gefordert, die Amazon mit seinen Luxemburg-Geschäften illegalerweise eingespart habe.

Ist die Vermeidung von Steuern auf den Gewinn, den man in fremden Ländern erzielt, in Ihren Augen mit der „Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung“ vereinbar? Ihr Mann, Frau Springer, war ein streitbarer Mann, aber er hatte Prinzipien, und die wichtigsten gelten auch heute noch für die Axel Springer SE, wie zum Beispiel der Einsatz für die Lebensrechte Israels. Fünf Sätze konstituieren die Leitlinien Ihres Verlagshauses, und der fünfte und letzte lautet:

Wir setzen uns für eine freie und soziale Marktwirtschaft ein.

Rein profitorientierte Steuervermeider wie Amazons Jeff Bezos sind aber die Totengräber einer sozialen Marktwirtschaft und die „Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika“ (Satz 3 der Leitlinien) erstreckt sich ganz sicher nicht darauf, dass US-Konzerne zu Lasten der hiesigen Solidargemeinschaft ihre Gewinne durch Steuervermeidung maximieren.

Im Mailverteiler der eBuch eG haben dutzende BuchhändlerInnen ihre Empörung über diese Preisverleihung geäußert, einige Mails sind auch an Ihre Pressestelle (Frau Schulte-Wintrop) gegangen. Auszugsweise finden Sie unten einzelne Stellungnahmen, viele andere haben sich an die Mails ihrer Vorredner Innen angeschlossen.

Keine Frage, Jeff Bezos ist ein außergewöhnlicher Unternehmer, außergewöhnlich erfolgreich, aber eben auch außergewöhnlich unbarmherzig und unerbittlich. Ihn mit einem Preis im Namen Axel Springers zu ehren ist ein Fauxpas erster Güte.

Der Vorstand der eBuch eG

Angelika Siebrands, Lorenz Borsche, Michael Pohl

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