Frankfurt: Ernst Kahls Werke im Caricatura Museum für Komische Kunst

Gestern Abend wurde im Caricatura Museum für Komische Kunst in Frankfurt die Ausstellung Ernst Kahl: Vergessene Katastrophen eröffnet. Einen Tag vorher stand der Maler, Zeichner, Autor, Musiker und Schauspieler den Medienvertretern Rede und Antwort. Bedächtig reagierte er auf Fragen, erläuterte, kam von einem zum anderen, streute Gedichte dazwischen, freute sich zum Schluss: „Schweigen heißt Staunen. Das ist doch gut.“ Ernst Kahl, 1949 in Kirchbarkau in Schleswig-Holstein geboren, sah schon als Kind Wilhelm Buschs Illustrationen genau an, fing bald selbst an zu zeichnen, beachtete jedes Detail. Nach der Schule lernte er Klischee-Ätzer, später Dekorateur. Brach beides ab und ging auf Wanderschaft. Hans Thiemann entdeckte 1967 Kahls Begabung, ohne Aufnahmeprüfung begann der junge Mann ein Studium an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste. Doch auch das Studium war Kahl ein Gräuel, nur als David Hockney als Gastdozent lehrte, hörte er zu.

Ernst Kahl spielte und sang in der Band Die Trinkende Jugend, später bei Ernst Kahl & Kayser. Vier Tonträger liegen vor, 18 Bücher, erschienen im Verlag am Galgenberg, Hamburg; Hatje Verlag, Stuttgart; Goldmann Verlag, München; Haffmans Verlag, Zürich, in der Caricatura Edition, Kassel; bei Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Frankfurt; Kein & Aber, Zürich; Lappan, Oldenburg, und im Kunstmann Verlag, München. Kahl schrieb drei Drehbücher – darunter zu Werner beinhart! (1989) – und drehte drei Kurzfilme. Er illustrierte Texte von Jakob Haringer, Henning Venske, Horst Tomayer, Wiglaf Droste. Er zeichnete für Pardon, Konkret, Titanic, Der Feinschmecker und für den Stern.

„Schade, dass sich Kunstgeschichte nicht so richtig mit Komik auseinandersetzt. Joan Miró wird geschätzt, überreizte Zeichnungen fliegen in den Papierkorb. Das ist ärgerlich. Aber diese Ignoranz wird sich bald ändern“, urteilte Ernst Kahl. Und erzählte die Geschichte der Prinzessin von Hessen, die ihm „wahnsinnige fünf Bilder“ abkaufte. Er, arm wie eine Kirchenmaus, hatte plötzlich Geld: „Ich kam mir vor wie Rembrandt mit Saskia“, sagte er. An eine Ausstellung zum 70. Geburtstag hätte er damals nie gedacht. Damals, als er mit einem Kumpel in leerstehende Häuser in Schleswig-Holsteins abgelegenen Dörfern einstieg und alte Öfen demontierte und mitnahm. Längst verjährt.

Nicht verjährt sind die zahlreichen Preise, die er erhielt, darunter der Göttinger Elch, der Ernst Kahl als „Poet des Alltäglichen, Magier des Undenkbaren“ würdigt. Für das Drehbuch zu Wir können auch anders (1993) bekam er den Bundesfilmpreis.

Und was ist mit der Arschhaarsammlung? Ja, die gibt es, The Royal Arse-Hair-Collection ist sogar im Museum zu sehen – auf roten Kissen. Unter Glas.

Interessanter allerdings sind die rund 300 großartigen Zeichnungen, Gemälde, Geschichten und Audio-Aufzeichnungen von Ernst Kahl auf zwei Ebenen. Es überrascht immer wieder, wie er alltägliche Worte in Bilder umsetzt; Bienenstich, Wildbrett (kein Fehler!), Glühbirnen, Landei, Schokoladenseite, Heilbutt, Gurkenmaske beispielsweise. Oder Witzfiguren vor gefälschten Picassos.

Kahl lässt nichts aus, heilig ist ihm schon gar nichts. Sollte man wissen, bevor man sich die Ausstellung ansieht. Bis zum 12. Mai ist sie im Caricatura Museum zu sehen, mit dem dazu erschienenen opulenten Katalog Ernst Kahl. Vergessene Katastrophen aus dem Kunstmann Verlag kann man sich die Werke mit nach Hause nehmen.

JF

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