Gerhard Beckmanns Meinung – Peter Olson verdreht das Verlagsgeschäft

In den USA liefen seit Mitte letzter Woche die Faxmaschinen heiß – mit Kopien eines ellenlangen Portraits von Peter Olson, dem Random House-CEO und Buch-Obersten bei Bertelsmann. Gestern ist es im New York Times-Magazine erschienen – ein heißes Ding [mehr…].

Das Portrait basiert im wesentlichen auf Gesprächen mit Olson selbst. Dazu sollte man wissen: Wer interviewt wird, passt sich der Grundeinstellung des Interviewers weitgehend an – je eitler er ist, um so mehr, für Printmedien eher noch mehr als in Rundfunk und Fernsehen. Er wird ja nur dann wirklich gut rüberkommen, wenn er den Interviewer beeindruckt.

Peter Olson ist – das geht auch in diesem Artikel vor, andere Gesprächspartner bezeugen es ausdrücklich – ungemein eitel. Lynn Hirschberg, die Schreiberin – eine erfahrene Journalistin – hat dem Vernehmen nach kein enges Verhältnis zu Verlagen und Büchern. Sie ist angeblich eher auf Hollywood eingestellt. Das hat einen Riesenvorteil. Denn so zeigt Peter Olson sich nicht, wie er sich vermutlich gegenüber einem literarisch orientierten Reporter offenbart hätte, sondern viel mehr als eine Art “Terminator“ der Verlagswelt.

Sein besonderer Lieblingsautor ist der Thriller-Autor Lee Child, dessen Serien-Grande Jack Reacher – „ein beinharter, eiskalter Detektiv mit den Fähigkeiten eines Soldaten und der Moral eines Westernhelden“. Und wer hat für diesen Jack Reacher das Modell abgegeben? Peter Olson.

Bei der Lektüre des Artikels läuft’s einem frostig über den Rücken. So einen Oberchef, der die Menschen seines Verlagsimperium so raubeinig behandelt wie eine Stadt des Wilden Westens, hat die Buchwelt noch nicht gesehen.

Worauf setzt er? Aufs Massengeschäft. Was ärgert ihn an seinen bekanntesten angestellten Cheflektoren und Verlegern? Dass sie ihre Autoren und Bücher lieben, statt dem Geschmack der Massen und dem großen Geld nachzujagen. So etwas könnte ja vielleicht nicht schlimm sein, wenn er über entsprechende Verlage herrschte. Random House, Knopf und Pantheon sind aber Häuser wie – um einen Vergleich von hier zu Lande zu bemühen – wie Diogenes, Hanser und Suhrkamp. Die will er nun umdrehen. Wer nicht mitmacht, den setzt er so rasch wie eben möglich vor die Tür – auf Western-Manier (metaphorisch gesprochen).

Einige meiner amerikanischen Freunde wetten, dieses Portrait könnte Olson nun selbst den Kopf kosten. Das glaube ich nicht. So einen tollen Helden findet Bertelsmann in Amerika kein zweites Mal, der ist dort unersetzbar. Vielleicht, sagen und hoffen andere, werden die Gütersloher ihm aber bald das Heft für Deutschland aus der Hand nehmen. Hier liebt man den Wilden Westen und seine Helden schließlich doch nur im Film.

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de

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