Gerhard Beckmanns Meinung: Nicht abstoßen, sondern einbinden sollte Carlsen die Harry Potter-Fans

Auf der Website www.harry-auf-deutsch.de koordiniert der Germanist und Programmierer Bernd Koelemann das Wettübersetzen von rund tausend deutschen Harry Potter-Fans, die nicht bis November warten wollen, wenn die offizielle Übersetzung erscheinen wird.

Die aktuelle Meldung: Auf juristischen Druck des Harry Potter-Verlags Carlsen werden die dort laufend eingehenden Teilstücke solcher Hobby-Eindeutschung auf die aktiv beteiligten Fans beschränkt . Externen Surfern sind sie nicht mehr zugänglich. Das ist okay so. Damit wird nur dem geltenden Urheberrecht entsprochen. Recht muss Recht bleiben.

Diese Fans haben aber noch etwas Anderes gemacht, wie Jörg Häntzschel in der Süddeutschen Zeitung berichtet: Sie haben die Übersetzung von J.K.Rowlings viertem Harry Potter-Roman „bereits Satz für Satz einer akribischen Textkritik unterzogen“. Ich nehme an, dass sie ein Gleiches für die vorhergehenden Bände unternahmen.

Wäre es da nicht wunderbar, wenn der Carlsen Verlag diese Arbeit der Fans für eine Nachauflage nutzte? Mit einem Vermerk auf der Titelseite in der Richtung – „Revidierte Übersetzung von Klaus Fritz unter Mitarbeit der deutschen Harry Potter-Fans von www.Harry-auf-deutsch.de“? Und – vorn oder als Anhang zum Schluss des Buches – eine Liste mit Namen und Wohnort aller Mitarbeiter? Für die Lokal- und Regionalzeitungen würde es eine schöne Geschichte abgeben, und die Buchhandlungen hätten über solche Mitarbeiter vor Ort einen tollen Ansatz für ihre Werbung im Schaufenster, im Geschäft…

Es geht nicht darum, die Übersetzung von Klaus Fritz zu kritisieren. Doch für die Fans sind die Harry Potter-Bücher so etwas wie eine Bibel, darum ist ihnen jedes Wort heilig und muss es die genauest mögliche Entsprechung im Deutschen haben. (Und die ist nach den von Jörg Häntzschel in der SZ angeführten Beispielen aus der Carlsen-Übersetzung offenbar längst nicht immer gegeben.) Da haben wir die herrliche Situation – die wir uns immer gewünscht haben, deren Fehlen wir beklagten:, dass Kinder und Jugendliche ein Buch und das Lesen leidenschaftlich ernst nehmen. Sollten wir dieses leidenschaftliche Interesse nicht ehren und respektieren? Sollten wir nicht ein Zeichen setzen, dass wir es unsererseits tatsächlich ernst nehmen?

Gerhard Beckmann sagt hier regelmäßig seine Meinung … und freut sich über Antworten an GHA-Beckmann@t-online.de

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