Veranstaltungen Jahrestagung der BücherFrauen in Berlin gestartet

Im historischen Rathaus Schöneberg hat gestern Abend die Jahrestagung der BücherFrauen e. V. begonnen. Die Berliner Regionalsprecherin Sandra von Lente konnte gut 120 Teilnehmerinnen aus dem gesamten Bundesgebiet begrüßen.

Zum Auftakt der Jahrestagung stand eine öffentliche Podiumsdiskussion über das Thema „Lesekultur 2030 – Die Zukunft beginnt jetzt“ auf dem Programm. Britta Jürgs, Verlegerin des Berliner AvivA Verlags und Vorstandsvorsitzende der Kurt Wolff Stiftung, beleuchtete in ihrem Impulsvortrag zunächst die Geschichte der Lesekultur und die Veränderungen beim Leseverhalten.

Ihr Fazit: Auch 2030 werden die verschiedenen Arten des Lesens – digital und auf Papier – gut nebeneinander existieren. Aber es komme darauf an, was wir dann lesen werden. Vielseitigkeit, genauer: Bibliodiversität heißt ihr Zauberwort gegen eine drohende „geistige Monokultur“.

„Bibliodiversität steht für eine Literatur, die nicht kurzfristige Trends bedient, sondern neue Denkansätze und Sichtweisen hervorbringt“, betonte Britta Jürgs. Auch Susan Hawthorne, Autorin und Verlegerin des feministischen australischen Verlags Spinifex Press halte in ihrem 2014 erschienen Buch Bibliodiversity ein „leidenschaftliches Plädoyer für das unabhängige Verlegen, das eine Vision für eine Lesekultur der Zukunft ist.“ Das Buch wird 2017 – in der Übersetzung von BücherFrau Doris Hermanns – im Verbrecher Verlag erscheinen. „Susan Hawthorne ist davon überzeugt, dass Independent-Verlage auch in Zukunft existieren werden, wie Pilze, die an den Wurzeln eins alten Baumes wachsen und Mikroorganismen hervorbringen, die für den Erhalt des Bodens unabkömmlich sind“, so Britta Jürgs, die auch auf die Rückforderungen der VG Wort einging, die die Zukunft vor allem der unabhängigen Verlage bedrohen: „Auch diejenigen, die die Rückzahlungen nicht in die Insolvenz treiben, werden sich überlegen müssen, wie sie künftig den Wegfall dieser Ausschüttungen ausgleichen – beispielsweise durch weniger Bücher oder durch den Verzicht auf Messeteilnahmen, was die Sichtbarkeit der Verlage weiterhin verringert.“

Dennoch sieht sie in der Reduktion auch eine Chance: „Wir brauchen nicht die Zunahme der Beliebigkeit, sondern ein Besinnen auf das Wesentliche. Bücher, die uns etwas Neues vermitteln, die uns andere Zeiten, Menschen, Lebensweisen näher bringen, Bücher, die die Nähe im vermeintlich Fremden finden und neue, ungewohnte Perspektiven im Alltäglichen aufzeigen. Bücher, die andere Geschichten erzählen, die zum Nachdenken anregen, die Fragen stellen. Und wir brauchen Bücher, die in vertretbarer Art und Weise produziert wurden.“ So wie die Verbraucher beim Essen sensibler geworden sind und auf ökologische Produktion und regionale Produkt achten, sollten sie auch beim Buchkauf schauen, woher die Bücher kommen und ob sie sorgfältig lektoriert und gestaltet wurden. Britta Jürgs brachte es so auf den Punkt: „Die Zukunft der Lesekultur besteht in der Diversität. Diese brauchen wir nicht zu scheuen, wir sollten sie fördern.“

Anschließend nahmen auch Katharina Borchardt, Literaturredakteurin des swr2, Gudrun Ingratubun, Übersetzerin aus dem Indonesischen und Buchpädagogin, Karla Paul, Verlegerin edel & electric und Jana Stahl, Bloggerin und Podcasterin der Radio-Büchersendung „Frisch Gepresst“ auf dem Podium Platz. Gekonnt führte Moderatorin Shelly Kupferberg durch das Brainstorming über Themen wie die verschiedenen Arten des Lesens und unterschiedliche Medienformen, über Konzentration und Achtsamkeit, die Rolle von Bloggern und Monopoldebatten. Die Teilnehmerinnen nahmen anschließend viele Fragen und Gesprächsstoff für die kommenden Tage mit nach Hause.

Heute werden in den 12 Workshops Themen wie „Lesen mit Technik – Wie blättern wir 2030?“, „Kompetente Leser*innen 2030 – Herausforderungen einer modernen Leseförderung“, Sichtbarkeit von Frauen in der Literaturbranche – Vom Ende des Ausnahmezustands“ und „Digitale Plattformen – Neue Freiheiten und Abhängigkeiten“ behandelt. Am Sonntag sollen die Einzelergebnisse zur Vision einer Lesekultur 2030 zusammengeführt werden.

ml

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