Grenzgängerin zwischen Natur und Poesie Judith Schalansky erhält den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2018

Judith Schalansky © Susanne Schleyer

Der mit 30.000 Euro dotierte Wilhelm Raabe-Literaturpreis, gestiftet von der Stadt Braunschweig und Deutschlandfunk geht in diesem Jahr an die Berliner Schriftstellerin Judith Schalansky für ihr Buch Verzeichnis einiger Verluste (Suhrkamp).

Judith Schalansky sei eine Grenzgängerin zwischen Natur und Poesie, zwischen Wissenswelten und Phantasiereichen, zwischen Zählen und Erzählen. Und sie halte das Trägermedium Buch mit den transportierten Inhalten in engstem Kontakt, heißt es in der Begründung der Jury. „Ästhetischer Wille und ein untrügliches Formbewusstsein erzeugen Kongruenzen, wo es nur geht.“ Das sei auch mit ihrem ausgezeichneten Buch Verzeichnis einiger Verluste so. „Es hat nicht nur keine Gattungsbezeichnung, es bietet eher eine ganz neue Gattung an: „die poetische Archivierung der verschwundenen Dinge, die auf diese Weise eine Wiederauferstehung in der Verwandlung erfahren – als literarische Erzählung. Ob eine verschwundene Insel im Pazifik, das Skelett eines Einhorns, der kaspische Tiger, die erleuchteten Texte des Religionsstifters Mani oder der Palast der Republik in Berlin: alle Verluste werden in einem Register umfassender Kenntnisse und ungebändigter Fabulierfreude gutgeschrieben. Ein Kompendium der neuen Art, das daran arbeitet, unsere Wissensordnung umzukrempeln, indem es tief ins historische Material einsteigt und sich unbändig daraus erhebt. Judith Schalansky ist damit etwas ganz Ungewöhnliches gelungen. Sie findet eine Verkehrssprache für den Umgang mit dem Toten und dem Verlorenen. Eine poetische Prosa der Metamorphosen. Ausgestreckt zwischen Ovid und Otto Guericke, mit der Stimme der Sappho und der Garbo, ein wundersames, ein Wunder-Buch.“

Die Jury des Wilhelm Raabe-Literaturpreises besteht aus neun Personen und setzt sich in diesem Jahr zusammen aus Prof. Dr. Moritz Baßler (Germanistisches Institut der Universität Münster), Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel (Präsident der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V.), Alexander Cammann (Die Zeit), Thomas Geiger (Literarisches Colloquium Berlin), Dr. Anja Hesse (Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Braunschweig), Dr. Michael Schmitt (3sat), Prof. Dr. Renate Stauf (Germanistisches Institut, TU Braunschweig), Katharina Teutsch (u.a. FAZ, Tagesspiegel) und Dr. Hubert Winkels (Deutschlandfunk).

Die Preisverleihung findet am 4. November im Rahmen eines Matinee-Festakts im Kleinen Haus des Braunschweiger Staatstheaters statt. Bereits am Vortag liest Judith Schalansky dort im Rahmen der Langen Nacht der Literatur.

Mit der Verleihung des Wilhelm-Raabe-Preises zeichnen Deutschlandfunk und die Stadt Braunschweig jährlich ein in deutscher Sprache verfasstes erzählerisches Werk aus. Mit der Auszeichnung soll exemplarisch das bis zum Zeitpunkt der Preisverleihung publizierte literarische Schaffen gewürdigt werden. Ein neues Buch des Preisträgers muss im laufenden Kalenderjahr der jeweils aktuellen Vergabe erschienen sein. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Rainald Goetz, Jochen Missfeldt, Ralf Rothmann, Wolf Haas, Katja Lange-Müller, Andreas Maier, Sibylle Lewitscharoff, Christian Kracht, Marion Poschmann, Thomas Hettche und Clemens J. Setz, Heinz Strunk und Petra Morsbach.

Deutschlandfunk wird den Festakt und eine Lesung des Preisträgers mit anschließendem Gespräch am Samstag, 24. November 2018, von 20.05 Uhr bis 22.00 Uhr senden. Auf dem Digitalkanal „Dlf Dokumente und Debatten“ ist der komplette Festakt am 4. November sowie ein fünfstündiges Literaturprogramm am Vorabend live zu hören. Karten für die Lange Nacht der Literatur am 3. November sind an den Kassen des Staatstheaters erhältlich.

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