Veranstaltungen Lit:potsdam endete mit Besucherrekord

Mit der Vorstellung von Christoph Heins Roman Trutz ging gestern Abend im ausverkauften Museum Barberini die fünfte LIT:potsdam zu Ende. Insgesamt wurde das Festival von rund 4.200 Interessierten besucht und erzielt damit 2017 einen neuen Besucherrekord.

Fünf Tage lang gab es in Potsdam Lesungen, Gespräche, Schulworkshops und Mitmachaktionen für Kinder und Jugendliche, einen Büchermarkt unter freiem Himmel am Hans Otto Theater sowie das Theaterautorentreffen Next Stage Europe. Als Writer in Residenz weilte Hanns-Josef Ortheil in der Stadt und trat insgesamt dreimal auf. Den Auftakt des Festivals machte eine Landpartie ins Schloss Reckahn am 1. und 2. Juli mit dem Luther-Themenwochenende „Reformation und Leselust“.

Der Festivalauftakt im brandenburgischen Reckahn war Luther und dem 500jährigen Reformationsjubiläum gewidmet. Zu Beginn hob Bruno Preisendörfer hervor, dass die Beschäftigung mit Luther und seiner Zeit ein neues reflexives Verhältnis auch zu unserer Gegenwart bewegen könne. Moritz Rinke präsentierte darauf sein Theaterstück „Der Luther-Fluch“ und zeigte Luther als dramatische Figur mit Widersprüchen sowie als Mann der Doppelmoral. Vom Kulturbüro Wittenberg beauftragt, wurde das Stück bisher nicht aufgeführt, bei der LIT:potsam erfuhr es mit Schauspielern des Hans Otto Theaters eine erste szenische Lesung.

Kontrovers verlief am Sonntagmorgen die von Kuratorin Christin Eichel moderierte Diskussion mit Thies Gundlach, Kulturministerin Martina Münch, Christoph Stölzl und Feridun Zaimoglu. Christoph Stölzl beschrieb die Entwicklung von Bildungsgeschichte seit den 1950er Jahren in Deutschland – die verbindende Wirkung von Bildungskonventionen hin zur allmählichen Demontage des Bildungsbürgertums. Heute konkurrieren viele Bildungsinseln miteinander, und die gemeinsamen Stoffe sind rar geworden. Dass Bildungskodizes Entwicklung erst ermöglichen, unterstrich auch Feridun Zaimoglu. Kulturministerin Münch hob hervor, dass Leitlinien dafür zu entwickeln sind, einer globalisierten Umwelt zu begegnen. Während für Christoph Stölzl die christliche Aufklärung nicht verhandelbar sei, betonte Münch, dass wir nicht das Recht hätten, das Christentum über andere Religionen zu stellen und auch die Akzeptanz anderer entscheidend sei.

Abschließend zeigte John von Düffel im Gespräch mit Willi Winkler, wie sich Luther zum Fanatisten und Hassprediger entwickelt habe. Winkler wiederum beschrieb Luther als einen der ersten, der sich auf das Gewissen berief: Die Freiheit des Christenmenschen sei, dass er niemandem Untertan ist.

Das von Karin Graf kuratierte Literaturfest in Potsdam eröffnete Hanns-Josef Ortheil mit einem Werkstattgespräch und führte Stufen der Entstehung des literarischen Schreibens vor Augen. Im ausverkauften Brandenburger Literaturbüro zeigte er, was ihn prägt und zum Schreiben inspiriert. Vor der Kulisse der Villa Jacobs mit Perspektiven auf die Parkanlage und den Jungfernsee stellte Ortheil sein Buch Was ich liebe – und was nicht vor. Über 400 Besucher lauschten auf Gartenstühlen und Picknickdecken dem mit Denis Scheck geführten Gespräch.

Weiterer Höhepunkt des Literaturfests war der Auftritt von Krimiautorin Donna Leon. Beschwingt durch eine nachmittägliche Bootsfahrt durch Potsdams Seenlandschaft begeisterte sie über 700 Zuschauer im Nikolaisaal mit Gesprächen und Lesungen aus ihrem neuen Buch Stille Wasser.

Den letzten Festivaltag eröffnete Navid Kermani mit Lesungen über die erste Liebe. Im Gespräch mit rbb-Intendantin Patricia Schlesinger und Schauspieler Christian Brückner beschrieb er die Entstehung seiner Geschichten, die er nie linear erzählen will, sondern deren Momenthaftigkeit ihn interessiert. Erster Anreiz sei der Moment des Nichtverstehens – Bücher entstünden vor allem dann, wenn man Verzweiflung in Sprache wendet und ihr einen Ausdruck gibt.

Das Kinder- und Jugendprogramm der LIT:potsdam wurde von Martin Klein kuratiert und verlief ebenfalls erfolgreich: Allein an den Schulworkshops haben über 1000 Schülerinnen und Schüler teilgenommen, und die Lesungen von Olchi-Erfinder Erhard Dietl waren allesamt ausverkauft.

 

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