Veranstaltungen Messe-Nachlese: Armin Laschet und Luisa Neubauer diskutieren die Klimakrise

Der Saal Harmonie im Congress Center in Frankfurt war am Samstagvormittag nicht sehr voll. Die Frankfurter Buchmesse und der Spiegel hatten zur Podiumsdiskussion zwischen dem NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet und der Fridays for Future-Aktivistin Luisa Neubauer eingeladen. Annette Bruhns vom Spiegel moderierte und leitete die Veranstaltung mit einem Blick nach Island ein. Dort wurde der Gletscher Okjökull im August für tot erklärt. Eine Tafel mit der Überschrift Brief an die Zukunft wurde enthüllt. Darauf heißt es: „In den nächsten 200 Jahren ist zu erwarten, dass alle unsere wichtigsten Gletscher den gleichen Weg gehen. Diese Gedenktafel dient dazu, anzuerkennen, dass wir wissen, was vor sich geht und was zu tun ist.“

Luisa Neubauer hat zwar keine Fragen an Armin Laschet, bekannte aber: „Die Menschen haben mich vor diesem Gespräch gewarnt.“ Gleich als Erstes war der Hambacher Forst Thema. Vom ehemals 4100 Hektar großen Waldgebiet sind noch 200 Hektar übrig. Wer hat das zu verantworten? „Ich bin seit 2017 Ministerpräsident von NRW. Gerodet wird aber bereits seit den 1970er Jahren“, verteidigte sich der Politiker. Er habe mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Stephan Weil, und den Initiativen ein tragfähiges Konzept zum Kohleausstieg auf den Weg gebracht. Zwischen 2021 bis 2023 würden die ersten Kohlekraftwerke abgeschaltet. „In meiner Wahrnehmung haben Sie sich für die Konzerne und gegen die Menschen entschieden. Deshalb fordern wir einen Untersuchungsausschuss“, entgegnete Neubauer. „Wir reden doch schon seit 30 Jahren über Klimapolitik, das Thema kochte 2017/18 hoch“, sagte Laschet. „Sie haben zunächst die Baumhäuser geduldet, dann die Menschen enteignet und den Wald gerodet“, sagte Neubauer und erhielt Beifall. „Ich bin an Gerichte und Gesetze gebunden, habe aber das Moratorium gefördert“, wehrte sich der Ministerpräsident.

Gegenwärtig würden die Bagger sehr nahe am Hambacher Forst arbeiten und ihn damit gefährden, befürchtete Neubauer zudem.

„Ich habe den Bergleuten erklärt, dass sie ihre Jobs los werden würden, wenn wir aus der Kohle aussteigen. Ich war auch in den Dörfern“, fügte Laschet hinzu. Das sei nicht einfach gewesen. „Das ist Ihr Job“, kommentierte Neubauer. Das sah Laschet nicht ganz so.

Bruhns fragte: „Nach dem Kohleausstieg gab es von Fridays for Future keine Reaktion. Warum nicht?“ „Die Zeiten verändern sich und wir müssen die Energieversorgung ändern, die nicht gegen uns wirken darf. Der Ausstieg 2038 und das Pariser Klimaabkommen passen nicht zusammen. Von der Politik wird jeder Zentimeter als Erfolg gefeiert, aber es wird für alle noch richtig anstrengend werden.“

„Treten Sie jetzt mit Markus Söder in einen Klimawettbewerb?“, fragte die Journalistin den Ministerpräsidenten. „Söder kann das artikulieren, wir dagegen müssen es machen“, meinte Laschet. Jedes Windrad werde aus Stahl hergestellt. Wenn die deutsche Stahlindustrie verschwinden würde, wäre dem Weltklima damit nicht gedient. Natürlich sei mehr Windenergie notwendig, wenn bis 2030 etwa 50 Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen kommen soll. „Außerdem arbeiten wir an einem ‚grünen‘ Stahl“, fügte Laschet hinzu. Der gegenwärtige Stopp des Ausbaus der Windenergie hänge mit schwierigen Ausschreibungsverfahren zusammen und habe nichts mit größeren Abständen zu Häusern zu tun.

„Sie haben gerade mit Alexander Repenning das Buch Vom Ende der Klimakrise veröffentlicht. Wie halten Sie den Umgang mit Untergangsszenarien eigentlich aus?“, wollte Bruhns von Neubauer wissen. Man dürfe die Augen nicht verschließen, sagte die Aktivistin und fügte hinzu: „Was ist das für eine Gesellschaft, wo sich junge Frauen fragen, ob es verantwortungsvoll sei, Kinder auf die Welt zu bringen!“ Sie selbst bezeichnet sich als Possibilistin – bis 2030 könnte man den Klimawandel abschwächen. „Wir stehen seit zehn Monaten vor den Parlamenten. Das ist ein Vertrauensvorschuss. Fridays for Future ist ein kollektiver Vorwurf an die Generation vor uns. Mit dem Klimapaket werden wir die Pariser Ziele nicht einhalten, deshalb gehen unsere Proteste weiter.“

Laschet äußerte sich ebenfalls: „Die Proteste von Fridays for Future haben Druck gemacht. Jetzt betrachten wir auch Wohnungen und Verkehr, erreichen aber mit einer Erhöhung der Preise für Benzin und Diesel nichts, das hat die Geschichte schon bewiesen.“

„Werden wir den Klimawandel schaffen?“, fragte Bruhns. „Wenn nicht, schafft er uns“, antwortete Neubauer lapidar. Es gehe nicht darum, von Podium zu Podium zu ziehen und zu diskutieren, was möglich ist. „Es geht darum, das schnell zu machen, was machbar ist. Wir haben keine Zeit mehr.“

Beide Debattanten hielten sich gut. Und die Schlange am Bücherstand war groß – Luisa Neubauer musste noch viele Bücher Vom Ende der Klimakrise, erschienen im Tropen Verlag, signieren.

JF

 

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